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2020-12-24

Bentzin Primarette mit Meyer Makro Plasmat


Manchmal erstaunen mich Dinge so sehr, dass ich es nicht lassen kann, darüber zu schreiben. Wie zum Beispiel extreme Preise, die bei Kamera-Auktionen erzielt werden. Ich hatte hier schon mal eine Nikon F, die nur wegen ihrer niedrigen Seriennummer plötzlich für ein Vielfaches ihres "normalen" Wertes verkauft wurde. Bei dieser Primarette des eher unbekannten Kamerahersteller Bentzin war mir erst nicht klar, was (in diesem Fall) mehrere Bieter dazu bewegt, ein gutes Brutto-Monatsgehalt für eine seltsame, ca. 85 Jahre alte Kamera zu bieten. 
Zugegeben, die Kamera selbst ist schon etwas Besonderes mit ihrem extra Sucherobjektiv, das ein umgekehrtes Bild auf eine Mattscheibe projiziert. Damit ließ sich sicher besonders präzise scharf stellen, fast wie bei einer zwei-äugigen Spiegelreflex (TLR), die sie aber nicht war.  
Nach etwas recherchieren ist mir jetzt aber klar, was hier den Preis nach oben getrieben hat: Es ist das Objektiv! Mit anderen Objektiven (z.B. einem Zeiss Tessar oder einem Meyer Trioplan) liegt das normale Preisniveau für die Kamera so um die 1000€, immer noch viel für eine eher unbekannte Marke der 1930er. 

Das Objektiv aber scheint unter einigen Photographica Sammlern einen gewissen Kultstatus zu besitzen und hatte wohl schon in den 1930ern den Ruf, eines der besten, wenn nicht DAS beste Objektiv auf dem Markt zu sein. Von Meyer wird es in einer Broschüre recht unbescheiden als "absolut frei von Verzeichnung und anderen optischen Defekten" bezeichnet. Es wurde in seiner späten Zeit bei Meyer Optik in Görlitz vom ehemaligen Zeiss-Forscher Dr. Paul Rudolph entwickelt, dem "Vater" von u.a. Tessar und Planar. Weil es vermutlich damals schon vergleichsweise teuer war, ist es heute eher selten anzutreffen, und sowas treibt natürlich Sammlerpreise nach oben. 
Trotzdem ist es mir schleierhaft, warum das Objektiv heute in relativ aktuellen Fassungen (z.B. Leica M) als Umbau angeboten wird und dafür 4 bis 5-stellige Summen verlangt werden. Man muss bedenken, die Linsen sind nicht vergütet und können wohl trotz der damaligen Leistungsdaten mit heutigen Spitzenobjektiven nicht mehr mithalten! Ich möchte jeden einladen, mal bei ebay "Plasmat 2.7" zu suchen und zu staunen, welche Preise für so alte Objektive noch aufgerufen werden. Ich werde jedenfalls am Thema nochmal dranbleiben und hoffe, dass mir der Verkäufer der Kamera verzeiht, dass ich seine Fotos für diesen Beitrag "geklaut" habe.

2020-09-27

Smena 8M

Ich habe sie schon ca. 4 Jahre in meinem Regal stehen, damals für ganz wenig Geld auf einem Flohmarkt erworben. Auch wenn ich sonst Plastikkameras liegen lasse, hatte diese irgendwie mein Interesse geweckt und ich musste sie einfach mitnehmen. Dann stand sie also in meinem Regal neben den vielen anderen herum, wurde immer wieder verschoben und so recht wusste ich nicht, ob und wann ich sie hier in meinem Blog vorstellen sollte und was es überhaupt dazu zu erzählen gibt.

Dann stolperte ich neulich über diesen Beitrag der Leute von DPreview. Auch wenn dieser recht oberflächlich recherchiert ist und jegliche Quellenangaben fehlen, fragte ich mich, ob es wirklich stimmen kann, dass diese hier die am meisten produzierte 35mm Kamera der Welt ist. Ich habe also ein bisschen im weiten Netz gegraben und versucht diese Angabe zu bestätigen. In der Tat findet man auf der Sovietcams.com Seite (eine der besten spezialisierten Kameraseiten, die ich kenne, mit Quellenangaben!) die Zahl von 21.041.191 Einheiten (8M zusammen mit ihrer Vorgängerin Smena 8), die in 32 Produktionsjahren (!) zusammengekommen sind. Es gibt für mich keinen Grund an dieser Angabe zu zweifeln. Auch die Tatsache, dass von Smena 8 zu Smena 8M ein Designwechsel stattgefunden hat, disqualifiziert sie nicht. Das Objektiv, der Verschluss und alle wesentlichen Funktionen blieben dieselben. Auch entfallen auf das ältere Modell 8 vermutlich nur ca. 3 Millionen davon, und für die 8M verbleiben immer noch ca. 18 Millionen, die es zu schlagen gilt.
   
Die Frage ist eher nach den "Gegnern" in diesem "Wettbewerb" um die meist produzierte Kamera der Welt. Hier also das Ergebnis meiner ersten (nicht umfassenden) Recherchen: Zunächst möchte ich auf meine SLR-Liste verweisen, die mit der Zenit E auch eine Sowjet-Kamera an der Spitze hat (12 mio). Aber auch die Canon AE-1 und AE-1 Programm haben es mit zusammen mehr als 10 mio. auf eine erkleckliche Zahl gebracht. Bei DPreview wird die Olympus Trip 35 auf Platz zwei genannt, mit 5.4 mio Einheiten. Ganz nahe daran käme wohl auch die Yashica Electro 35 (Serie) mit ebenfalls über 5 mio Stück. Leider gibt es nur von den wenigsten Kameras oder Herstellern verlässliche Produktionszahlen. Aber ich vermute, dass auch andere Kameras insbesondere aus den 1970ern auf ähnliche Zahlen gekommen sind. Mir fallen hier die Canonet QL17, Konica C35 oder die  Minolta Himatic (Serien) ein. Diese Kameras waren alle super erfolgreich, standen aber miteinander im (kapitalistischen) Wettbewerb und wurden so regelmäßig durch verbesserte Modelle ersetzt. Keine Chance also, die mit langem Atem erreichten Zahlen aus der Planwirtschaft zu übertreffen. Einen anderen Longseller gibt es aber noch aus den USA zu berichten: Die Argus C3 bringt es immerhin auch auf ca. 3 Millionen Stück in 28 Jahren (1938 bis 1966).
Alle diese o.g. Kameras betreffen den 135er Film und das 24x36 mm Format. Aber auch bei anderen Filmformaten gab und gibt es Topseller: Insbesondere Kodak war in der Massenproduktion von einfachen Kameras sehr erfolgreich. Schon die frühen Box-Kameras und Folders gingen in die Hunderttausende. Der erste wirkliche Megaseller (ca. 10 Millionen) war die Starflex-Serie für den 127er Film in den 1950ern, der dann in den 1960ern durch die 126er Instamatic-Serie deutlich übertroffen wurde. Angeblich wurden alleine von Kodak mehr als 60 Millionen 126er Kameras bis Mitte der 1970er gebaut. Es kann gut sein, dass ein einzelnes Modell davon (Instamatic 104 ?) auch mehrere Millionen erreichte. Zahlen konnte ich keine finden. Aber auch Agfa und ihr amerikanischer "Ableger" Ansco produzierten zeitweise mehrere Millionen Kameras pro Jahr, allerdings ebenfalls viele Modelle mit häufigen Modellwechseln. 
Grundsätzlich nahm die Zahl der produzierten Kameras im Laufe des letzten Jahrhunderts kontinuierlich zu. Dass es nach 1980 allerdings ein einzelnes Modell auf mehr als ein paar Millionen gebracht hat, ist wegen der ebenfalls zunehmenden Modellvielfalt sehr unwahrscheinlich.  Also bleibt mir zu konstatieren: Die Smena 8M ist höchstwahrscheinlich die Kamera mit der höchsten Produktionszahl eines einzelnen Modells. Aber Stop! Dies gilt nur für Film und vermutlich auch für reine Digitalkameras, auch wenn ich hier noch nicht in Details geschaut habe. Aber es gibt ja... das iPhone 6 (inkl. 6plus), welches mit seiner 8MP Rückseitenkamera insgesamt 224 Millionen Mal verkauft wurde, davon allein 4 Millionen am ersten Verkaufstag, dem 19. September 2014. Auch viele andere populäre Smartphones schlagen die Smena 8M noch.    


Zurück zur Smena. Die Kamera selbst ist ein durch ihren Minimalismus fast unkaputtbares Fotografierwerkzeug. Gespart wurde an Belichtungs- und Entfernungsmesser, Schätzometrie ist also angesagt. Auch ist der Filmaufzug nicht mit dem Verschluss-Spannen gekoppelt, beides muss separat betätigt werden. Vergisst man das eine oder andere, kommt es zu Doppel- oder Leerbelichtungen. Wenn man sich als Fotograf aber konzentriert und richtig schätzt, hat der kleine Apparat alles, um zu guten Bildern zu kommen. Das Objektiv ist ein vergütetes Triplet mit 40 mm Brennweite, die Blende hat 8 (!) Lamellen und die solide Filmführung glänzt durch eine ordentliche Andruckplatte für exakte Planlage. Blitzlichter lassen sich per Kabel und PC-Buchse anschließen und die Beschriftungen rund ums Objektiv richten sich sowohl per Piktogramme an die Anfänger wie auch mit den üblichen Skalen an erfahrenere Fotografen. Ich schätze, dass sehr viele gelungene Schnappschüsse und Familienerinnerungen damit festgehalten wurden. Mein Exemplar ist von 1990 (Seriennummer 90107993) und aus der PK3470-Serie. Als ich sie auf dem Flohmarkt gekauft habe, war sogar noch ein Film drin, den ich allerdings bei der überraschenden Entdeckung ruiniert habe. Sie bekommt jetzt natürlich einen gebührenden Platz in meiner Sammlung, vermutlich neben meinem inzwischen auch ausgedienten iPhone 6!

2020-08-30

Canon A-1

Auch wenn es mir als ehemaliger Nikonianer schwer fällt zuzugeben: Die Canon A-1 war bei ihrem Marktauftritt im Jahr 1978 der Konkurrenz weit voraus und hat es geschafft viele Dinge, die damals am Rande des technisch machbaren waren, in einem Gehäuse zu vereinen. Diese Kamera hatte so gut wie alles, was sich der ambitionierte Amateur wünschte und zielte genau auf diese Käufergruppe (für die Profis gab es "die F"). Canon hatte Innovation aber nicht nur in die Kamera selbst, sondern auch in ihre Fertigungstechniken gesteckt und so konnte man das Ding zu einem Preis anbieten, den die Konkurrenz für viel schlechter ausgestattete Kameras verlangte. Der Preis stimmte nachweislich: Die A-1 verkaufte sich wie schon ihre etwas früher erschienene Schwester AE-1 wie "geschnitten Brot", insgesamt fast 2,5 Millionen mal. Sie ist damit unbestritten eine der wichtigsten Kameras der SLR-Geschichte, natürlich auch technologisch betrachtet.  

Laut Anleitung ein "von Skalen und Zeigern völlig ungestörtes
 Sucherbild". Ich persönlichfinde die Digitalanzeige zwar
informativ, vermisse aber Richtungszeiger für Über- bzw. 
Unterbelichtung. Für P-Modus OK, bei M unbrauchbar! 
Auch Canon war bewusst, welche innovative Leistung sie da 1978 abgeliefert haben. So findet sich in der Einleitung der Bedienungsanleitung sehr selbstbewusst 5 mal der Begriff „erste Kamera“. Allerdings beziehen sich die ersten vier davon auf die tatsächlich in dieser Form in einer Kamera neuartige Elektronik (eher innere Werte), erst Nr. 5 nennt auch das für die Fotografen greifbare Neue: 5 Automatikmodi plus volle manuelle Kontrolle, wenn gewünscht. Und sie ist tatsächlich die erste SLR, die die gleichzeitige automatische Einstellung von Blende und Verschlusszeit „Programmautomatik“ (P) nennt. Die ein Jahr vor der A-1 erschienene Minolta XD-7 (und ihre größte Konkurrentin am Markt) hatte „nur“ eine versteckte Programmautomatik an den jeweiligen Bereichsenden von Zeit- oder Blendenautomatik. Die A-1 kann genau das übrigens auch, und für mich ist das für den ambitionierten Amateur völlig ausreichend. Mit ihrem Preis/Leistungsverhältnis sprach die Canon allerdings auch ein paar SLR Anfänger an und die werden den P-Modus wohl häufig genutzt haben. Die allererste SLR mit Wechselobjektiven und „elektr(on)ischer“ Vollautomatik war die wenig bekannte Wirgin Edixa electronica von 1962, allerdings mit einer teuren und umständlichen Technik, die fast niemanden vom Hocker riss. 
Schaltzentrale mit jeweils teilverdecktem zentralen Einstell-
rad. Interessanterweise wird auch bei Zeitautomatik (Av) hier
die Blende eingestellt, was recht fummelig und nicht sehr ergonomisch
ist. Gut gelöst ist die Kombi aus Hauptschalter und Selbstauslöser.

Die Canon A-1 faszinierte und polarisierte die Fotoszene mit einer in dieser Fülle selten gesehenen Vielfalt von Einstellmöglichkeiten, Hebeln, Knöpfen und Systemzubehör. Die fünf Automatikmodi waren nur die Spitze des Eisbergs. Sie hatte aber auch ein paar Schwächen, die ihre Kritiker aus den anderen Markenlagern gerne betonen: Da ist zuerst der altbackene horizontale Tuchschlitzverschluss, der nur 1/60s Synchronzeit schafft und ohne Batterie gar nicht funktioniert. Was mir persönlich besonders missfällt ist die fummelige und manchmal umständliche Bedienung außerhalb des P-Modus. Da sind ihre direkte Konkurrentin Minolta XD7 und viele spätere Automatikkameras deutlich ergonomischer. Ansonsten ist nicht viel Negatives zu sagen. Sogar die Kritik an ihrer kleinen Schwester AE-1 trifft nicht, es wäre zu viel Plastik im Spiel. Bei der A-1 ist trotz gleicher Gehäusedimension und vieler Gleichteile tatsächlich einiges (wieder) aus Metall, und sie wirkt (und ist) dadurch sehr robust. Auch heute noch findet man wohl viel mehr noch funktionierende A-1 Exemplare als von den zahlreicheren Schwestern AE-1 und AE-1 Programm. Das ist rückblickend keine Selbstverständlichkeit für eine Kamera der Elektronik-Generation!
  
Nach längerer Marktbeobachtung bei e-bay war ich erstaunt, wie gefragt die A-1 auch heute noch ist. Gut erhaltene und funktionierende Gehäuse wechseln so zwischen 40 und 80€ die Besitzer, für ein originales Canon Objektiv dazu muss man je nach Typ nochmal das selbe rechnen. Über mein relativ günstig ergattertes Exemplar bin ich sehr glücklich. Nach Einlegen einer neuen Batterie zeigte sich der komplette Funktionsumfang. Die Kamera war aus erster Hand, gut gepflegt und wohl immer nur mit diesem Objektiv bestückt gewesen, daher auch kaum Staub auf Spiegel oder Mattscheibe. Trotzdem sieht (und hört, s.u.) man der Kamera an, dass sie benutzt wurde. Nach Aussage der Erstbesitzerin aus Berlin für vielfältige Streifzüge nach Ostberlin nach dem Mauerfall 1989 und auch zur Verhüllung des Reichstags durch Christo und Jean Claude im Jahr 1995.
Fast alle heute ca. 40 Jahre alte Canon A-1 haben ein mehr oder weniger großes "Altersleiden", so auch mein Exemplar. Es wird in den entsprechenden Kreisen meist (Keuch-)Husten oder Astma genannt und klingt beim Auslösen der Kamera auch fast so. Michael Reichardt hat auf seiner Seite nicht nur Tonaufnahmen davon, sondern auch sehr schön beschrieben, wie einfach man das wieder mit einem Tröpfchen Öl beheben kann. So hab ich es auch gemacht.
Canon hat übrigens ihre A-Serie nach der A-1 weiter ausgebaut und abgerundet. Neben den älteren AE-1 (Blendenautomatik) und AT-1 (Nachführmessung), gab es später noch eine AV-1 (Zeitautomatik). Die AE-1 bekam mit der AE-1 Programm eine noch erfolgreichere Nachfolgerin und mit der letzten A-Serienkamera AL-1 deute Canon schonmal an, dass auch sie bereits an Autofokus forschten. Canon konnte alle diese Kameras kostengünstig mit fast identischem technischen Innenleben bauen, immerhin zusammen etwas mehr als 13 Millionen Exemplare zwischen 1976 und 1985. Damit haben sie Ende der 1970er Jahre erstmalig die Marktführerschaft im SLR Segment übernommen, aber diese Geschichte bereite ich vielleicht mal extra auf... 

Datenblatt high-end Amateur SLR mit PSAM Automatik-Set
Objektiv alle Objektive mit Canon FD (ab 1971) oder FDn (ab 1979) Bajonett, frühere FL-Objektive (ab 1964) können mit Einschränkunegn genutzt werden. Hier mit dem Standardzoom FD 35-70 f/4 (ab 1979).
Verschluss elektronisch gesteuerter, horizontaler Tuchschlitzverschluss 30s - 1/1000s, B, stufenlos bei Zeitautomatik. Keine mechanische Verschlusszeit, Kamera funktioniert ohne Batterie nicht.
Belichtungsmessung Si-Photodiode, TTL, mittenbetont, LW -2 bis 21, Empfindlichkeit 6-12.800 ASA (9-42 DIN).
Belichtungsautomatik erste Kamera mit den heute üblichen vier Modi "PSAM": Programmautomatik, Zeitautomatik ("Av"), Blendenautomatik ("Tv"), Manuelle Einstellung, Zeitautomatik bei Arbeitsblende. 
Fokussierung manuell am Objektiv, serienmäßige Einstellscheibe mit Mikorprismenring und Schnittbildindikator. Weitere Einstellscheiben erhältlich, Wechsel nur durch Kundendiesnt.
Sucher eingebauter Pentaprismensucher 0.83-fache Vergrößerung (50mm), zeigt ca. 94% des Bildes. 7-Segment-LED Anzeigen für Blende, Verschlusszeit, Blitzbereitschaft und andere Warnungen. 
Blitz Synchronzeit 1/60s, Anschluss über PC-Buchse oder Mittenkontakt im Zubehörschuh, Extrakontakte für Canon-Systemblitze: Blitzautomatik stellt automatisch Synchronzeit und Blende ein.
Filmtransport Schnellschalthebel, Rückspulkurbel, Bildzähler (vorwärts- und rückwärts zählend!), Anschluss für Winder (2 B/s) oder Motordrive (bis 5 B/s).
sonst. Ausstattung Okularverschluss und mögliche Abschaltung der LED-Anzeige gegen Fremdlichtfehler bei Stativaufnahmen, Messwertspeicher mit Taste, Abblendschieber, elektronischer Selbstauslöser (2 oder 10 s), Mehrfachbelichtungshebel, auswechselbare Rückwand für den Ansatz einer Datenrückwand, ¼ '' Stativgewinde, Anschluss für ISO-Drahtauslöser, Filmlaschenhalter
Maße, Gewicht ca. 141 x 92 x 48 mm, 620 g
Batterie 6V PX28 oder 4LR44, Batterietest-Taster.
Baujahr(e) 1978-1985, ca. 2,43 Millionen Exemplare, dieses #1296717 von März 1981 (Code V342F)
Kaufpreis, Wert heute 1098 DM (1980 mit 1.4/50), ca. 50-200 € je nach Zustand und Objektiv
Links Camera-WikiWikipedia (D), Wikipedia (E)Ken Rockwell 35-70, Canon Camera Museum, Bedienungsanleitung, Canon SLR production numbers

2020-06-07

Yashica Electro 35

Irgendwie habe ich sie bisher übersehen und jetzt während der Beschäftigung mit frühen Belichtungsautomatiken für mich entdeckt. Die Yashica Electro 35 ist ein Meilenstein im Kamerabau und die erste (und super erfolgreiche) Kleinbildkamera für 24x36, die 1966 die damals sehr moderne Transistor-Elektronik für einen elektronisch gesteuerten Verschluss kombiniert mit einer Zeitautomatik genutzt hat. Yashica hatte allerdings schon ein Jahr zuvor (1965) diesen Verschluss in ihrer sehr seltenen Halbformatkamera Electro Half vorgestellt. Mal sehen, ob ich eine solche mal irgendwann ergattern kann. Kein Wunder, dass Yashica auch bei den SLR zu den ersten gehörten, die echte Elektonik einbauten. Ihre TL-Electro X kam im selben Jahr auf den Markt wie die Praktica PL electronic (1968), die vermutlich ein paar Monate früher dran war. Während die Technik beim VEB Pentacon schnell wieder in der Schublade verschwand, legte Yashica erst richtig los und baute Millionen von Elektro(nik)-Kameras. Nun aber zur Technik:  
Dieser Schaltplan ist aus der exzellenten Reparaturanleitung. Die dicken Linien entsprechen in der Kamera verlegten Kabeln, der Rest der Schaltung ist auf einer kompakten Platine vereint hinter dem CdS-Element untergebracht. In der frühen Version der Kamera sind die Transistoren etc. in einem Epoxyblock eingegossen, der in späteren Versionen von einem IC-Element (integriertes Schaltung) ersetzt wurde. Zentrale Elemente habe ich mal farbig hervorgehoben: Komplexer Mehrfach-Schalter im Auslösergestänge (gelb), Elektromagnet für die Verschluss-Steuerung (grün), Kondensator C1 (rot), der sich abhängig vom gemessenen Licht (CdS-Widerstand, blau) schnell (hell) oder langsam (dunkel) auflädt, um dann bei voller Ladung, dem Magneten wieder den Saft zu entziehen, was den Verschluss schließt. Auf den Seiten 59-64 der Anleitung werden verschiedene Schaltzustände und Abläufe sehr schön erklärt.
Copal ELEC - mit gut sichtbarem Elektromagneten, der den
Verschluss solange aufläßt, wie ein Kondensator lädt, was
wiederum am vorhandenen Licht hängt... 
Zentrales Element der Kamera ist der Copal ELEC-Verschluss, der ein elektronisches Hemmwerk besitzt und seine Zeiten über die Ladegeschwindigkeit eines Kondensators steuert und schließlich per Elektromagnet im Verschluss selbst schaltet. Die Ladegeschwindigkeit hängt am elektrischen Widerstand, den man bevorzugt durch einen CdS-Photowiderstand realisiert. Wenn man dann noch die Blende über in Reihe geschaltete zusätzliche Widerstände simuliert, hat man die Zeitautomatik beisammen!

Die Filmempfindlichkeit wird interessanterweise nicht über einen entsprechenden variablen elektrischen Widerstand eingestellt (wie bei späteren Kameras üblich). Stattdessen haben sich die Yashica Ingenieure für eine mechanische Blende vor der CdS-Zelle entschieden.

Wichtig zu erwähnen ist, dass der Verschluss nur automatisch gesteuert wird, eine manuelle Zeitenwahl gibt es bis auf B und X(1/30s) nicht. Auch diese beiden Zeiten werden elektronisch gesteuert und stehen ohne Batterie nicht zur Verfügung. In einem solchen Fall läuft der Verschluss immer mit 1/500s ab. Natürlich gibt es mindestens zwei Bastler, die erfolgreich der Kamera auch ein Zeitenwahlrad verpasst haben (siehe hier und hier).

Die Schaltung selbst kann noch mehr als den Verschluss während der Belichtung steuern: Und zwar über drei Lämpchen Warnungen und Hinweise auch schon vor dem Verschlussablauf geben. Zunächst ist da eine grüne Batterie-Kontrollleuchte, ganz wichtig ab dieser Kamerageneration, die ohne Stromquelle nicht mehr fotografieren kann. Dann existieren eine rote Warnleuchte für Überbelichtungen, sowie eine gelbe, die anzeigt, wenn die vermutliche Verschlusszeit länger als eine 1/30 s ist. Beide werden sowohl oben auf der Kamera angezeigt als auch in den Sucher eingeblendet.

Ich bin super glücklich ein sehr frühes Exemplar von Juli 1966 ergattert zu haben, die Kamera selbst ist 11 Jahre lang in über 5 Millionen Einheiten gebaut worden (dazu demnächst mal mehr). Es gab über die Zeit eine eher moderate Modellpflege, die späteren Varianten hatten die Namenszusätze G, GS, GT, GSN und GTN. Die genauen Unterschiede kann man auf verschiedenen Seiten im Netz nachlesen, im Prinzip handelt es sich aber um ein und dieselbe Kamera.
Die Elektronik ist in einem Block hinter der CdS-Zelle
untergebracht. Kabel führen von dort zu den Schaltern im
Auslösergestänge darunter und natürlich im Objektiv.
Alle diese Varianten vereint ein Problem, möchte man sie nicht nur in die Vitrine stellen, sondern noch damit fotografieren wollen:  Das "Pad of Death". Es handelt sich um ein unscheinbares Stückchen Gummi, eingesetzt als Dämpfung im Auslösergestänge der Kamera. Das Material des originalen Pads war nicht für mehr als 15 oder 20 Jahre gemacht, wurde mit der Zeit spröde und hat sich im wahrsten Sinne des Wortes verkrümelt. Ohne das mindestens 2mm dicke Pad steht der komplexe-Auslöse-Schalter aber nicht mehr an der richtigen Schaltstellung der Elektronik und somit wird die ganze Kamera unbrauchbar.

Genau das war bei meinem alten Schätzchen auch der Fall, das ich natürlich aufgeschraubt habe. Zum Glück gibt es im Netz einige Anleitungen, wie man dies reparieren kann (siehe Links unten). Wenn man länger sucht findet man sogar Leute, die sowas professional für einen erledigen. Ich hab's natürlich selbst versucht und zwar die minimal-invasive Variante durch den kleinen Schlitz, den man oben auf dem Foto sieht. Danach leuchteten zumindest wieder die Warnlämpchen, wie man am Bildchen oben sehen kann, trotzdem habe ich immer noch kein echtes Vertrauen in die volle Funktionsfähigkeit der Kamera. Ich habe aber keinen Nerv, sie komplett zu zerlegen um noch weitere Kleinigkeiten zu richten. 

Das zweite Problem der Kamera ist die Batterie, die es in der ursprünglich vorgesehenen Quecksilbervariante schon lange nicht mehr gibt. Zum Glück gibt es auch hier eine Lösung, entweder per käuflich zu erwerbendem Adapter, oder wieder durch Basteln. Die Kamera verträgt glücklicherweise statt 5.6V auch 6V, so dass man mit 4 LR44 Knopfzellen, einer abgesägten Filzstifthülle und einer Schraube sich selbst was basteln kann. So hab ich's gemacht, ansosnten siehe Links unten.  


Bis auf die beiden Problemchen wird die Kamera als sehr zuverlässig beschrieben und hat jede Menge Fans, die geradezu euphorisch über die Qualität ihrer Bilder berichten. Die Fähigkeit für Nachtaufnahmen mittels automatischer Langzeitbelichtungen wird immer wieder genannt, dafür gab es sogar ein schickes Taschenstativ als spezielles Zubehör. Mit ihrer Zuverlässigkeit und Belichtungspräzision hat sie sicher auch dazu beigetragen, dass die Abhängigkeit vom Batteriestrom mehr und mehr Akzeptanz unter den Fotografen fand. Ich denke kaum einer hat eine manuelle Verschlusszeitenwahl wirklich vermisst.  In den 1970ern ging der Trend immer mehr zu automatisierten SLRs, aber es gab auch einen durchaus interessanten Markt für hochwertige Messsucherkameras wie diese. Ihre größten Konkurrenten waren die Olympus-35 SP, Canonet G3 QL17, Minolta Hi-matic E und natürlich die Konica Auto S3. Die hatten alle ähnlich leistungsfähige Objektive und eine Belichtungsautomatik eingebaut, allerdings war die Electro 35 die einzige mit einer Zeitautomatik. Davon gibt es wohl sonst auch nich so viele, mir fallen aus meiner Sammlung nur die Olympus XA und die Contessa S310 ein. Auch möchte ich an dieser Stelle nochmal auf zwei andere interessante Yashica's hinweisen, die ich eher zufällig in meiner Sammlung habe, aber ebenfalls die Innovations- und Design-Qualitäten der Firma zeigen: Yashica Lynx-5000 und EZ-matic 4

Datenblatt Erste Kleinbildkamera mit elektronisch gesteuertem Verschluss und Zeitautomatik
Objektiv Yashinon-DX 45 mm f/1.7 (Gauß-Typ 6 Linsen, 4 Gruppen)
Verschluss Copal-ELEC, stufenlos elektronisch gesteuert 30s bis 1/500s, B
Belichtungsmessung eingebauter CdS-Photowiderstand mit Vorschaltblende für die Simulation der Filmempfindlichkeit (12-400 ASA). Direkte Steuerung der Belichtungszeit abhängig von der eingestellten Kamerablende, auch noch während der Aufnahme.
FokussierungManuell am Objektiv, Naheinstellgrenze 80 cm.
Sucher Messsucher mit Leuchtrahmen und automatischem Parallaxenausgleich. Anzeige der Warnlämpchen bzgl. Überbelichtung (rot) und Verwacklungsgefahr (gelb)
Blitz X-Synchronisation bei allen Verschlusszeiten, Wählbar: 1/30s, Anschluss mit Kabel über PC-Buchse.
Filmtransport Schnellschalthebel, Bildzählwerk (vorwärts), Rückspulkurbel.
sonst. Ausstattung Zubehörschuh (ohne Blitzkontakt), Auslöser-Lock, Filtergewinde 55mm, Stativgewinde ¼ '', Selbstauslöser
Maße, Gewicht ca. 140x90x75 mm, 750g (ohne Batterie und Film)
Batterie PX32, 5.6V oder Alternativen mit Adapter.
Baujahr(e) 1966-1968, ca. 250.000 Exemplare. Dieses Exemplar # 6070854 von Juli 1966. Die ganze Serie G, GS, GT, GSN, GSN (gleiche Funktionen und Gehäuse) bis 1977, angeblich mehr als 5 Millionen Exemplare.
Kaufpreis, Wert heute21,400 Yen (1966, ca. 60 US$ oder 240 DM), heute je nach Zustand 30-100 €. Nachfolger GTN kostete in Deutschland 1975 ca. 398 DM
Links Camera-WikiInstruction ManualWikipediaYashica Guy, Mike Eckman, Karen Nakamura, Eric FissRepair Manual, Matt's classic Cameras, Ken Rockwell, Flickr GroupPad of death Reparatur, Batterie Adapter für PX32, 5 Million GTN, Yashica Electro Half (1965), Asahi.net

2020-04-17

Nikkorex 35 Zoom

Mal wieder eine Meilensteinkamera für meine Sammlung, sie stand schon lange auf meiner Will-Haben-Liste. Warum Meilenstein? Sie ist die erste Spiegelreflexkamera mit einem fest eingebauten Zoom-Objektiv, sie ist sogar die erste Kamera überhaupt, für die das gilt. Das interessante ist aber, dass die Nikkorex 35 Zoom schon 1963 in der Anfangszeit der Zoom-Objektive auf den Markt kam und dann relativ schnell wieder verschwand. Es dauerte dann mit einer einzigen Ausnahme fast ein Vierteljahrhundert, bis fest eingebaute Zoomobjektive wieder auftauchten und sich in den 1990er Jahren endgültig am Massenmarkt etablierten. Dazu demnächst hier mehr, erstmal der Reihe nach und zur Kamera und dem Objektiv selbst.

Nippon Kogaku (später Nikon) war in der ersten Hälfte des 20sten Jahrhunderts "lediglich" ein renomierter japanischer Optik- und Objektivhersteller. Mit dem Bau von Kameras hat man erst nach dem zweiten Weltkrieg begonnen und mit der legendären Nikon Messsucherkameraserie einen ernormen Erfolg insbesondere in den USA gehabt. Gekrönt wurde dieser 1959 mit der Nikon F Spiegelreflex, die sich schnell zum Profi-Standard etablierte, auch und wegen der exzellenten Objektive. Spätestens ab dann hatte man auch die deutschen Vorbilder Zeiss und Leitz hinter sich gelassen und spielte ganz oben in der ersten Liga der Kamera- und Objektivhersteller. Nur ein solcher war damals in der Lage und mutig genug, sich an die komplexe Herausforderung Zoom-Objektiv zu wagen. 

Nikon's amerikanischer Distributor Joseph Ehrenreich war wohl maßgeblich daran beiteiligt, Nikon zu überzeugen, auch den Amateurmarkt mit einfacheren (Speigelreflex) Kameras zu versorgen. So entstand ab 1960 die Nikkorex-Serie, wegen mangelnder eigener Produktionskapazitäten bei Mamiya im Lohn gefertigt. Vom Konzept her war die erste Nikkorex 35 nichts besonderes mehr: Fest eigebautes Standardobjektiv, Porro- statt Prismensucher, eigebauter Selenbelichtungsmesser und Zentralverschluss. Sowas kannte man seit der Zeiss Ikon Contaflex und auch von einigen anderen Herstellern. Der Nikkorex Anfang war holprig, schnell kam ein zweites Modell Nikkorex 35/2, bei dem ein paar Kinderkrankheiten ausgemerzt und optische Korrekturen angebracht wurden.  Mit der Nikkorex F bekamen die Amateure 1962 endlich, was sie eigentlich suchten: eine preiswertere Kamera mit Anschluss an Nikon's F-Objektive.


Aber Nippon Kogaku arbeitete seit spätestens 1960 auch an Zoom-Objektiven und eines davon sollte auch in einer Nikkorex 35 Zoom als fest eingebautes Objektiv zum Einsatz kommen, sowas hatte sonst kein anderer Hersteller auf der Welt. Wem außer Nikon hätte man es auch zugetraut? Ihr Objektivdesigner Takahashi Higuchi bekam also auch einen Auftrag für ein Standardzoom, und tatsächlich kündigte man 1961 stolz ein 35-85 f/2.8-4 an und zeigte sogar mindestens einen Prototypen. Allerdings war dieses Objektiv im wahrsten Sinne ein dickes Ding: über 1.1 kg schwer, mit einem Filtergewinde von 82 mm und damit nicht geeignet für den Einbau in die Nikkorex. Außerdem war es für den Zweck zu teuer und hatte darüberhinaus keine konstante Öffnung über den Brennweitenbereich. Das ist blöd, wenn man keine TTL-Messung hat.  

Und so musste Higuchi-San mit seinem Team nochmal ran und ein Objektiv konstruieren, das einfacher, billiger und kleiner war und außerdem eine konstante Öffnung hatte. Die Anfangs- und Endbrennweite wurden dem untergeordnet und so kam damals als bester zu realisierender Kompromiss eben dieses seltsame 43-86 mm f/3.5 heraus. Interessanterweise kam dann auch das Objektiv mit dem F-Bajonett mit der selben optischen Konstruktion auf den Markt und wurde trotz seiner relativ bescheidenen optischen Qualitäten ein Longseller für Nikon. Vom frühen 35-85 war erstmal keine Rede mehr und die Nikon Gemeinde musste sogar bis 1977 auf das Nikkor 35-70 f/3.5 Standardzoom warten.



Die Nikkorex 35 Zoom wurde dann ab Frühjahr 1963 hauptsächlich in den USA vermarktet, ob es tatsächlich Versuche auf dem deutschen oder europäischen Markt gab, bleibt unklar. Angeblich hatte die Fa. Varimex (Frankfurt) sie unter dem Namen Nikkor 35 Zoom im Programm, davon findet sich aber heute kein Bild oder sonstige Hinweise im Netz.  Sie war mit 1246 g ein ganz schöner Klotz und mit knapp unter 250 US$ auch nicht gerade billig. Insgesamt wurden deshalb wohl nur ca. 15.000 Exemplare produziert und schon in der offiziellen US-Preisliste vom September 1965 finden sich keine Spuren mehr von ihr. Da war mit der Nikkormat FT endlich die eigentliche Amateurkamera für die tollen F-Objektive am Markt und Nikon beendete das Nikkorex-Kapitel. Das Zoom allerdings wurde als F-Objektiv ein Longseller für Nikon, fast eine Viertelmillion davon wurden in 4 Versionen verkauft. Das kurze Leben der Kamera am Markt hat sicher dazu beigetragen, dass es erstmal keine Nachahmer gab und der Meilenstein als allererste ZLR (Zoom Lens Reflex, ein Begriff von Olympus aus den 1990ern) nicht wirklich Beachtung fand. Doch dazu in Kürze mehr...  

Datenblatt Erste Kamera mit fest eingebautem Zoomobjektiv 
Objektiv Zoom-Nikkor 43-86 mm f/3.5 (9 Linsen in 7 Gruppen)
Verschluss Seikosha SLV Zentralverschluss (B-1-2-4-8-15-30-60-125-250-500)
Belichtungsmessung Selenzelle, Nachführmessung, gekoppelt. Zeiger auf Kameraoberseite und im Sucher (ASA 10-1600)
Fokussierung Manuell, Spiegelreflex mit Fresnellinse und Schnittbildindikator.
Sucher Porroprismensucher, eingespiegelte Anzeige des Belichtungsmessers
Blitz Buchse, umschaltbar M/X
Filmtransport Schnellschalthebel, Rückspulkurbel, Bildzählwerk (aufwärtszählend).
sonst. Ausstattung Zubehörschuh, 2x Stativgewinde ¼ '', ISO-Drahtauslöser, Filtergewinde 52mm
Maße, Gewicht 138x99x123 mm, 1246 g
Batterie keine
Baujahr(e) 1963-1965, ca. 15000 Exemplare, diese #278354 von 1964
Kaufpreis, Wert heute ca. 240 $US (1963), 100-200€ je nach Zustand.
Links Nikon's history pagesCamera-wiki.org, Nico van Dijk, Manual (Nikkorex 35/2), US Anzeige, Peter Lausch, Wikipedia


2020-04-05

Braun Paxette Automatic Super III

Das DKL-Bajonett war (wie ich in meinem Beitrag dazu schon erwähnt habe) nicht das einzige seiner Art. Ab 1956 verkaufte auch Deckels größter Konkurrent Alfred Gauthier als Zentralverschluss-Zulieferer seinen Kunden den sogenannten Prontor SLK-Verschluss zusammen mit einem Wechselbajonett. Allerdings weit weniger erfolgreich. Waren es beim DKL mindestens 14 verschiedene Kameras (plus ein paar Varianten davon), sind vom SLK nur drei Kameras (ebenfalls mit wenigen Varianten) bekannt. Es handelt sich um King Regula IIIc/d, Bolta Photavit 36 (3 Varianten) und als letzte im Bunde diese Braun Paxette Automatic Super III. Aber auch beim SLK gilt das gleiche wie beim DKL: die Objektive können wegen minimaler Unterschiede beim Bajonett zwischen den drei Herstellern nicht ausgetauscht werden.

Diese Braun Paxette war wohl die erfolgreichste der drei SLK Kameras, jedenfalls findet man heute davon auf den gängigen Plattformen die meisten. Meine habe ich in sehr gutem und voll funktionsfähigen Zustand (auch der Beli!) für nur 18 Euro (inkl. Versand) ergattert. Interessanterweise hatte Braun ab 1958 mit dieser Kamera und der Super Colorette 2 zwei Messsucherkameras mit unterschiedlichem Wechselobjektiv-Bajonett und außerdem noch die (Super) Paxette II-Modelle mit M39 Gewinde gleichzeitig im Programm. Überhaupt ist die Modellvielfalt aller deutschen Hersteller in dieser Zeit enorm, vielleicht irgendwann davon mal mehr. 
Die Paxette Automatic Super III jedenfalls ist eine Kamera, die an damals verfügbaren technischen Features fast alles hat. Als Messsucherkamera mit gekuppeltem Entfernungsmesser hat sie ein großes und helles Sucherbild, das einem 35mm Weitwinkel entspricht, eingespiegelt werden Leuchtrahmen für 50, 90 und 135 mm. Dies entspricht ungefähr dem verfügbaren Objektivprogramm, das im wesentlichen vom Enna-Werk in München stammt. Auch der eingebaute Selenbelichtungsmesser ist gekuppelt mit Verschlusszeit (Prontor bis 1/300s) und Blende, beide in gegenläufigen konzentrischen Ringen ums Objektiv, sodass lichtwertgleiche Kombinationen mit einem Handgriff gewechselt werden können. Das Schmuckstück mit dem 2.8er Normalobjektiv kostete 1958 laut einer Anzeige 348 DM (siehe unten), damals fast ein durchschnittliches Monatsgehalt, allerdings weniger als halb so viel wie eine Leica M3, und die hatte keinen eingebauten Belichtungsmesser! 
In meiner Kamera ist inzwischen ein Film eingelegt und die ersten Fotos sind gemacht. Sie ist erstaunlich gut zu bedienen, das Konzept mit dem eingebauten Belichtungsmesser stimmt und auch der Messsucher ist gut abzulesen. Mich stört eigentlich nur der zu große Mindestabstand von 1m (verwöhnt durchs Handy!) und das Fehlen von Ösen für einen Kameragurt. Ich musste dafür die Bereitschaftstasche anlegen, trotzdem kippt die Kamera dabei wegen des schweren Objektivs stets nach vorn. Der Schnellschalthebel ist nicht wirklich schnell, man muss ca. 1,8 mal den kompletten Weg spannen. Dafür gibt es einen entsprechenden "Schnellschalt"-Hebel auch zum Rückspulen des Films, mir ist sowas bisher noch bei keiner anderen Kamera vorgekommen.

Datenblatt Messsucherkamera mit Wechselobjektiven und gekuppeltem Selen-Belichtungsmesser
Objektiv SLK-Wechselbajonett in Braun-Variante. Normalobjektiv ENNA Ennit 50 mm f/2.8, weitere Objektive von 35mm bis 200 mm Brennweite von ENNA, ISCO und Steinheil. 
Verschluss Prontor SLK Zentralverschluss hinter dem Objektiv, B-1-2-4-8-15-30-60-125-300.
Belichtungsmessung gekuppelter eingebauter Selen-Belichtungsmesser mit Nachführanzeige auf der Kameraoberseite.
Fokussierung Manuell am Objektiv, gekuppelter Messsucher als Einstellhilfe. 
Sucher heller Durchsichtsucher (entspr. 35 mm), mit Leuchtrahmen für 50, 90 und 135 mm 
Blitz Buchse, umschaltbar M und X.
Filmtransport Schnellschalthebel (ein Bild erfordert ca. 1,8 Züge, bzw. viele kurze), Bildzählwerk (rückwärts zählend), Rückspulhebel (wie Filmvorschub).
sonst. Ausstattung Zubehörschuh, ISO-Drahtauslöseranschluss, Selbstauslöser (ca. 10s), Stativgewinde 1/4 '', optinale Bereitschaftstasche.
Maße, Gewicht 120x90x90 mm (inkl. Objektiv), 760 g
Batterie keine
Baujahr(e) 1958-1961(?), ca. 33.000 Exemplare, die hier Serien-Nr. 014782, ca. 1959.
Kaufpreis, Wert heute 348 DM oder 149.50 $US (1958), 30 €
Links UK-Camera (fehlerhaft)Mike Eckmancjs-classic-cameras, Manual (english), Wikipedia, Camera-Wiki.org

2019-04-26

Minolta XG-M


Meine Sammlung von Kameras mit dem SR-Bajonett und natürlich von Minolta selbst wächst! Diese Minolta XG-M bekam ich samt einigen Objektiven und Zubehör nun von meinem Vater geschenkt. Es war nach der EXA II seine zweite SLR, welch ein Technologiesprung! Während die EXA keinerlei Batterien braucht, geht ohne solche bei der Minolta nichts. Interessanterweise haben beide Kameras aber einen horizontalen Tuchschlitzverschluss, dazu weiter unten mehr.
Wohl inspiriert durch den Kauf meiner ersten SLR (Nikon EM) im Frühjahr 1982, hatte mein Vater selbst eingesehen, dass ein entsprechendes Upgrade seiner Fotoausrüstung noch vor den Sommerferien nötig ist. Damals, Anfang der 80er, war die Hochzeit der Kleinbildspiegelreflex, im Jahr zuvor (1981) wurden ca. 9,5 Millionen Stück in alle Welt verkauft, fast alle davon kamen aus Japan. Auch in Deutschland kauften sich viele Menschen eine SLR, die bisher mit eher einfacheren Kameras fotografiert hatten.
Mit zu dieser Entwicklung beigetragen haben sicherlich die vergleichsweise günstigen Preise, möglich gemacht durch den vermehrten Einsatz von Plastik und Elektronik statt Metall und Mechanik. Auch die Automatisierung der Produktion sowie hohe Stückzahlen tun ihr übriges. Aber auch die endlich in diesem Segment verfügbaren Automatikfunktionen machten solche Einstiegs-SLR für fotografische Laien attraktiv.
Minolta hat zu dieser Entwicklung gerade mit ihrer XG-Kameraserie, die 1977 auf den Markt kam, entscheidend beigetragen. Sie waren 1981 mit fast 1 mio SLR pro Jahr nach Canon die Nummer 2 am SLR-Markt, noch vor Nikon und Pentax, um nur die großen vier zu nennen (Produktionszahlen gibt's unter den Links...). Kurz gesagt: Ende der 70er war die Geburtsstunde der Einsteiger-SLR, die eben nicht mehr durch den Verzicht von Funktionen gekennzeichnet war, sondern durch ein exzellentes Preis/Leistungsverhältnis. Verzichtet wurde dafür auf Langlebigkeit und Robustheit; beides ist nicht wichtig, wenn man im Jahr maximal 3-4 Filme verknippst, wie mein Vater es gemacht hat.
Minolta hat seit dem Erscheinen der SR-2 immer wieder durch Innovation und gutes Industriedesign auf sich aufmerksam gemacht und sich dadurch einen sehr guten Ruf am Markt erworben. Trotzdem ist es ihnen nicht gelungen, im professionellen Lager richtig Fuß zu fassen. Der halbherzige Versuch mit der X-1/XM/XK verlief im Sande. Minolta hat sich dadurch aber nicht unterkriegen lassen, sondern sich im Gegenteil auf ihre Stärken besonnen. Und die hießen eben, gute und preiswerte Kameras für die Massen bauen.
Bei der XG-Serie ist man (um Kosten zu sparen) sogar technologisch im Vergleich zur XE und XD-Serie wieder ein bis zwei Schritte zurückgetreten. Die Kameras haben (wieder) einen horizontalen Tuchschlitzverschluss, diesmal nur elektronisch gesteuert, eine mechanische Zeit fehlt! Undenkbar noch ein paar Jahre zuvor. Auch kamen wieder CdS-Zellen statt der besseren Si-Photodioden zum Einsatz. Und die Belichtungsmessung funktionierte bei den ersten Modellen der Serie nur im (Zeit-)Automatikmodus. Alle potentiellen Kunden, die auf bessere Features wert legten, konnten ja die XD7 kaufen (und haben es getan!).  
Die XG-M war das finale und am besten ausgestattete Modell der Serie. Bei ihr funktionierte z.B. auch der Belichtungsmesser im "manuellen" Modus. Sie kam im neuen Design, mit neuem Minolta-Logo, und bereitete quasi den Boden für Minoltas erfolgreichste SLR, der X-700. Diese beerbte allerdings mittelfristig die XD7, als XG-Nachfolger kam die X-500. Dies alles geschah Anfang der 80er im MF-Universum des SR-Bajonetts von 1958. In Minoltas Entwicklungslaboren werkelte man zu der Zeit aber schon an der ultimativen SLR, die den gesamten Markt aufrollen sollte und Minolta an die Spitze spülte. Aber das ist eine andere Geschichte...

Datenblatt Consumer SLR mit Zeitautomatik
Objektiv Wechselobjektive mit Minolta MD-Bajonett (eingeschränkt abwärtskompatibel). Hier mitgeliefertes Normalobjektiv MD-Rokkor 50 mm f/1.4 (7 Linsen in 6 Gruppen, MD-II Typ 1979-1982
Verschluss Elektronisch gesteuerter, horizontaler Tuchschlitzverschluss. 1s - 1/1000 s und B. Blitzsynchronisation bei 1/60s. Stufenlos bei Zeitautomatik. Keine manuelle Zeit!
Belichtungsmessung TTL, mittenbetont integral, CdS-Photozellen. 25-1600 ASA. 
Belichtungsautomatik Zeitautomatik (A), sowie manuelle Nachführmessung.
Fokussierung Manuell am Objektiv, Einstellscheibe mit Schnittbildindikator und Mikroprismenring.
Sucher Fest eingebauter Pentaprismensucher (zeigt 93% des Bildes) mit LED-Anzeige für Belichtungsmessung. Einspiegelung der gewählten Blende.
Blitz Zubehörschuh mit Mittenkontakt und Extrafunktion bei Minolta-Blitzen (Blitzbereitschaftsanzeige im Sucher, Synchronzeit), zusätzliche Blitzbuchse.
Filmtransport Schnellschalthelbel, Rückspulknopf, Bildzählwerk (vorwärts zählend)
sonst. Ausstattung elektronischer Selbstauslöser (10s), Abblendtaste, ISO-Gewinde für Drahtauslöser, Filmlaschenhalter, Stativgewinde, Anschluss für Motorantrieb (bis 3.5 B/s), Belichtungskorrektur (+/-2 Stufen) bei Automatik, Möglichkeit zum Anschluss einer Datenrückwand.
Maße, Gewicht ca. 138/89/52 mm, 515g (ohne Objektiv)
Batterie3V, entweder 2x LR44 (Alkali), 2x SR44 (Silberoxid) oder 1x CR-1 (Lithium)
Baujahr(e) 1981-1983, ca. 500.000 Einheiten, dieses #2120850 von 1982
Kaufpreis, Wert heute ca. 600 DM (1982, mit Normalobjektiv), ca. 30-100 € je nach Zustand und Objektiv.
Links Camera-wikiWikipediaA. Freihöfer SR-KamerasMinolta SR lens indexRokkorfilesManual (english)Bedienungsanleutung (deutsch)

2018-09-09

Zeiss Ikon Contessa (10.0632)


Diese interessante Kamera fiel mir gestern auf einem Flohmarkt in die Hände. Äußerlich extrem gut erhalten, der Belichtungsmesser funktionierte, nur leider ließ sie sich weder auslösen noch spannen. Für mich die Gelegenheit den Preis auf 5€ zu drücken. Zuhause habe ich kurzentschlossen den Schraubenzieher in die Hand genommen und hatte in wenigen Minuten das Ding wieder vollständig funktionstüchtig. Lediglich ein Häkchen des Verschlussaufzugs war aus seiner Nut gerutscht.

Contessa ist ein berühmter Kameraname. So hieß zunächst im Jahr 1908 ein 9x12-Modell der Kamerawerke Drexler&Nagel, das später sogar der Firma ihren Namen gab. Diese Firma wurde in den 20er Jahren zur Fusion zum Kameragiganten Zeiss Ikon gezwungen, der nicht nur die Produktionsstätte in Stuttgart, sondern natürlich auch den Namen Contessa übernahm. Ihr Gründer August Nagel wurde später Direktor und Chefentwickler der deutschen Kodak, der mit den Retina Kameras einer der größten Konkurrenten von Zeiss Ikon wurde.


Nach dem zweiten Weltkrieg erinnerte sich Zeiss Ikon wieder seiner Marke und brachte 1950 mit der Contessa 35 (interne Modellnummer 533/24) eine hochwertige Messsucher-Faltbalgenkamera für den Kleinbildfilm. Nach einem kleineren Upgrade 1953 (Synchro-Compur, MX) wurde deren Produktion aber schon 1955 wieder eingestellt. Zu groß war die Konkurrenz am Markt, insbesondere Kodak Retina und auch Voigtländer Vitessa boten z.T. mehr zu kleinerem Preis.  Auch griff, wer sich die super-teure Contessa leisten konnte, ggf. lieber zur Contax oder Leica. Zeiss Ikon war (mal wieder) zu kompliziert und teuer. 

Erfolg hatte man allerdings mit den einfacheren Contina Modellen. Ab 1960 gab es dann wieder eine zeitgemäße, einfachere, aber doch gut ausgestattete Kameraserie unter dem Namen Contessa. Diese Kamera hier machte den Anfang. Spätere Kameras der Serie trugen auch Bezeichnungen wie Contessamat oder Contessamatik, auch wurden Buchstabenkürzel verwendet, um die Modelle untereinander abzugrenzen. Diese hier wurde aber noch schlicht Contessa genannt, selbst auf das 35 verzichtete man.

Diese Kameras waren am Anfang der 60er Jahre wohl noch recht erfolgreich. Aber schon während dieses Jahrzehnts zeigte sich auch in Deutschland, was die Japaner zu produzieren im Stande waren, und das meist preiswerter als die heimischen Produkte. Anfang der 1970er dann kam mit der S310 die letzte Contessa-Generation auf den Markt. Es war ein fast schon verzweifelter Versuch von Zeiss Ikon mit einem von Voigtländer entwickelten Modell der japanischen Marktmacht noch etwas entgegen zu setzen. Aber darüber habe ich ja schon geschrieben.


Datenblatt KB-Sucherkamera
Objektiv 50 mm f/2.8 Carl Zeiss Tessar (4 Linsen in 3 Gruppen).
Verschluss Pronto Zentralverschluss, B-30-60-125-250
Belichtungsmessung eingebauter, ungekuppelter Selenbelichtungsmesser, 9-33 DIN
Fokussierung Manuell am Objektiv, keine Scharfstellhilfe.
SucherGroßer, optischer Sucher mit eingespiegeltem Leuchtrahmen
Blitz Synchronbuchse.
Filmtransport Schnellspannhebel, Bildzählwerk (rückwärtszählend), Rückspulkurbel im Boden der Kamera.
sonst. Ausstattung Selbstauslöser, Stativgewinde, ISO-Drahtauslöser, Zubehörschuh.
Keine (!) Trageösen, Bereitschaftstasche notwendig (s. Bild).
Maße, Gewicht ca. 117x84x70 mm, 559 g 
Batterie keine
Baujahr(e) 1960-1961 (andere Quelle: 1963?). Diese Y71457 ca. 1960
Kaufpreis, Wert heute ca. 250 DM (1960), heute ca. 40 €.
Links Collection Appareils,  Camera-Wiki