Wieder ein Meilenstein in der Geschichte der Spiegelreflexkameras. Die Yashica TL Electro X war nach der einige Monate vor ihr erschienenen Praktica PL electronic und der nur einen Monat vor ihr in einer Kleinserie produzierten und super teuren Contarex SE zwar nur die dritte SLR mit elektronisch gesteuertem Verschluss. Allerdings war sie bei ihrem Debüt im Oktober 1968 eine komplette und höchst funktionale Kamera. Die Praktika ist eher eine Technologiestudie für den Verschluss, sie hatte keinen Belichtungsmesser! Die Contarex bediente wegen ihres extrem hohen Preises lediglich eine Nische. Die Yashica aber war gerade mit und wegen der Elektronik auf den Massenmarkt ausgerichtet und wurde auch kommerziell zu einem großen Erfolg. Yashica baute sie 6 Jahre lang und verkaufte wohl fast 300,000 Exemplare in alle Welt. Die Praktika hingegen wurde nach nur 3400 Exemplaren und wohl vielen Reklamationen nach einigen Monaten wieder eingestellt. Die Contarex SE blieb zwar auch noch bis 1975 im Zeiss Ikon Programm, aber auch von ihr gibt es nur ca. 3100 Exemplare. Welche von den dreien ist nun die signifikante SLR, die der Elektronik den Weg bereitet hat?
1968: Die erste und die erste wichtige Spiegelreflex-Kamera mit elektronisch gesteuertem Verschluss nebeneinander. |
Yashica kann man überhaupt als DEN Elektronik-Pionier unter den Kameraherstellern bezeichnen. Mit der Yashica Electro Half hatte man (in Kooperation mit Copal) schon 1965 die erste Halbformatkamera mit einem wirklich elektronisch gesteuerten Verschluss auf dem Markt. Dieser Verschluss machte dann ab 1966 in der Yashica Electro 35 Furore, einer Kamera mit einer Zeitautomatik, die am Ende mehr als 5 Millionen mal verkauft wurde. Die elektronisch gesteuerte Zeitautomatik ist natürlich das i-Tüpfelchen und funktionierte in der Messsucherkamera durch Messung des Lichtes während (!) der Belichtung.
Eine Spiegelreflex musste bei einem Erscheinungsdatum 1968 natürlich TTL-Messung haben, und da funktioniert sowas nicht mehr, weil der Spiegel bei der Aufnahme den Sucher und damit auch den Belichtungsmesser verdunkelt. Yashica konnte daher nicht dieselbe Logik in der SLR wie in der Messsucherkamera verbauen und auch (zunächst) keine Automatik anbieten. Dafür hätte es eines elektronischen Messwertspeichers bedurft, der aber erst später (1971 von Asahi Pentax) erfunden wurde.
Eine Spiegelreflex musste bei einem Erscheinungsdatum 1968 natürlich TTL-Messung haben, und da funktioniert sowas nicht mehr, weil der Spiegel bei der Aufnahme den Sucher und damit auch den Belichtungsmesser verdunkelt. Yashica konnte daher nicht dieselbe Logik in der SLR wie in der Messsucherkamera verbauen und auch (zunächst) keine Automatik anbieten. Dafür hätte es eines elektronischen Messwertspeichers bedurft, der aber erst später (1971 von Asahi Pentax) erfunden wurde.
Elektronische Nachführmessung ohne Drehspulinstrument und Nadel, dafür mit Lämpchen in Pfeilform als Über- bzw. Unterbelichtungswarnung hat Yashica aber realisiert. Zentrales Bauelement dafür ist ein doppelt ausgeführtes Drehpotentiometer unterhalb des Zeitenwahlrads. Das eine von beiden gehört elektronisch zur Steuerung des Verschlusses (mit den anderen üblichen Komponenten eines elektronischen Hemmwerkes), das andere zum Belichtungsmesser. Ganz geschickt wurde auch die Einstellung der Filmempfindlichkeit hier mechanisch angekoppelt.
Verdrahtungsdiagramm aus der ausführlichen Reparaturanleitung, unten: Platine mit Transistoren und Kondensatoren. |
Die meisten elektronischen Bauelemente befinden sich auf einer kleinen mit NEC MC-3011 bezeichneten Platine im Boden der Kamera unterhalb der Filmpatrone. Ausnahmen dazu sind die beiden CdS-Elemente, die beidseitig zum Sucherokular sitzen und wie der Fotograf auf die Mattscheiben "blicken" und dort die Helligkeit bei Arbeitsblende messen. Am hinteren Rand der Mattscheibe sitzen auch die beiden kleinen Lämpchen, die jeweils mit einer roten Pfeilblende versehen sind und wie oben zu sehen Unter- oder Überbelichtung anzeigen. Es handelt sich dabei NICHT um LEDs, wie man auf einigen Seiten im Internet fälschlicherweise lesen kann. Die erste Kamera, die für Sucheranzeigen LEDs eingesetzt hat ist die Fujica ST-801 von 1972. Ansonsten gibt es in der Yashica jede Menge bunte Kabel, die die Batterie, die Steuerelemente auf der Oberseite und den Verschluss schließlich mit der Platine verbinden. Das Verdrahtungsdiagramm und das Foto der geöffneten Kamera unten zeigt das deutlich.
Der Verschluss ist übrigens der damals sehr moderne vertikale Metalllamellenverschluss Copal Square SE, vermutlich von Copal in Kooperation mit Yashica entwickelt. Der Ablauf des zweiten Verschlussvorhangs wird durch einen Elektromagneten getriggert und nicht mehr durch ein mechanisches Hemmwerk. Solche Verschlüsse auch vom Wettbewerber Seiko wurden in der Folge in Japan immer weiter perfektioniert und millionenfach in Kameras vieler Marken verbaut. Aber auch der klassische horizontale Tuchschlitzverschluss ließ sich entsprechend elektronisch steuern und wurde selbst noch in den 1980ern in einigen Kameras verwendet.
Mein erstes Exemplar der Kamera habe ich vor zwei Wochen für nur 1€ bei einer Auktion gekauft. Es war allerdings total verdreckt und hatte eine dicke Beule auf der Prismenkappe. Aber das war für mich nur Herausforderung und zu meinem Entzücken konnte ich nach Einlegen einer Batterie feststellen, dass die Elektronik für Verschluss und Belichtungsmesser noch tadellos funktionierten. Ich habe also das Ding zerlegt, gereinigt und etwas ausgebeult und hatte nach dem Zusammenbau wieder eine voll funktionierende Kamera für die Vielzahl der M42-Objektive, die ich noch besitze.
Auf den meisten Bildern hier ist allerdings das äußerlich viel schönere Exemplar zu sehen, was ich letzte Woche inklusive des Super Carenar Objektivs (Cosina) für nur 10€ spontan noch dazu gekauft habe. Bis auf die fehlende Kappe des Batteriefachs funktioniert auch bei dieser noch alles. Hier habe ich ein echtes Schnäppchen gemacht: Es handelt sich nämlich um ein recht frühes Exemplar vom März 1969 (Yashica kodiert das Herstelldatum in der Seriennummer, siehe Links in der Tabelle unten), das noch ein paar Besonderheiten hatte, die die Mehrzahl der späteren Kameras noch nicht oder nicht mehr haben: 1) eine kleine "Beule" am oberen Rand des Suchereinblicks, äußerer Indikator für die frühe Sucherkonfiguration mit den Lämpchen am oberen Bildrand. Spätere Kameras haben einen etwas größeren Einblick und die Belichtungsmesserpfeile unten; 2) die extra FP-Blitzbuchse fehlt noch. Schon bei den Kameras vom April 1969 kann man dieses Feature dann finden;
3) Yashica hat damit Werbung gemacht, dass der elektronische Verschluss kontinuierliche Zeiteinstellung erlaubt, man also auch Zwischenwerte einstellen kann. Bei den späteren Kameras fehlt daher für Verschlusszeiten länger als 1/30 s die Rasterung, bei der frühen Kamera hier war sie aber (noch) vorhanden.
Wichtigster Unterschied allerdings waren die beiden Über- und Unterbelichtungslämpchen im Sucher, die bei der frühen Version als Text oberhalb des Sucherbildes erschienen (siehe Bild rechts, es leuchtet allerdings immer jeweils nur ein Lämpchen, oder keines). Man erkennt schon an diesem Bild hier (Abdunkelung), wie schwierig es war, diese Lämpchen überhaupt zu sehen (geschweige denn zu fotografieren!) und ich habe zunächst geglaubt, dass der Belichtungsmesser dieser Kamera kaputt ist, weil ich sie beim Blick in den Sucher schlicht übersehen hatte. Man muss seine Augen und die Haltung der Kamera wirklich verrenken, um ihrer Ansichtig zu werden, eindeutig eine Fehlkonstruktion. Hier musste Yashica nachbessern und hat es recht zügig getan.
Sucher der TL Elctro X (frühe Version bis ca. Mitte 1969) |
Wichtigster Unterschied allerdings waren die beiden Über- und Unterbelichtungslämpchen im Sucher, die bei der frühen Version als Text oberhalb des Sucherbildes erschienen (siehe Bild rechts, es leuchtet allerdings immer jeweils nur ein Lämpchen, oder keines). Man erkennt schon an diesem Bild hier (Abdunkelung), wie schwierig es war, diese Lämpchen überhaupt zu sehen (geschweige denn zu fotografieren!) und ich habe zunächst geglaubt, dass der Belichtungsmesser dieser Kamera kaputt ist, weil ich sie beim Blick in den Sucher schlicht übersehen hatte. Man muss seine Augen und die Haltung der Kamera wirklich verrenken, um ihrer Ansichtig zu werden, eindeutig eine Fehlkonstruktion. Hier musste Yashica nachbessern und hat es recht zügig getan.
Datenblatt | Erste SLR mit elektronisch gesteuertem Verschluss und TTL-Belichtungsmessung |
Objektiv | M42-Gewinde, Standard-Objektiv war Auto-Yashinon DX 50mm f/1.7 oder f/1.4 |
Verschluss | Elektronisch gesteuerter, vertikaler Metalllamellenverschluss (Copal Square SE), kontinuierlich 2s bis 1/1000 s und B. |
Belichtungsmessung | TTL-Messung bei Arbeitsblende beim Druck auf die Abblendtaste. 2 CdS-Zellen, Nachführmessung mit 2 Lämpchen (Pfeile) im Sucher. Empfindlichkeitsbereich 25-800 ASA. |
Fokussierung | Manuell am Objektiv, Mikroprismen als Scharfstellhilfe |
Sucher | SLR, Mikroprismen im Zentrum, Anzeige des Belichtungsmessers am unteren Bildrand. Wenn keiner beiden Warnpfeile leuchtet, ist richtig belichtet. |
Blitz | X und FP-Buchse (ab 04/1969), X-Mittenkontakt in Zuberhörschuh, Synchronzeit ca. 1/90s. |
Filmtransport | Schnellschalthebel, Rückspulkurbel, Zählwerk (vorwärts). |
sonst. Ausstattung | Zubehörschuh, Batterietest, Spiegel-Arretierung, Selbstauslöser (10s), Iso-Drahtauslöser, Stativgewinde ¼ '' |
Maße, Gewicht | ca. 151 x 96 x 51 mm, 731g (ohne Objektiv, Batterie und Film) |
Batterie | 6V, PX28 (oder Alternative) |
Baujahr(e) | 10/1968-12/1974, ca. 300.000 Exemplare, diese hier von 03-1969 und 10-1970. Spätere schwarze Version hieß TL Electro X ITS. |
Kaufpreis, Wert heute | 245 US$ (mit 1.7/50, 1969), 598 DM (1975), heute je nach Zustand 20-50€ |
Links | Camera-Wiki, Repair Manual, Instruction Manual, Yashicasailorboy (1), Yashicasailorboy (2), Yashicasailorboy (3), Sammlung Tauber, Wikipedia, Werbung, Werbung 1969, Testbericht von 1969 |