Dass die Kiev Messsucherkameras fast originalgetreue und (kriegsbedingt) lizensierte sovietische
Contax Nachbauten sind, wissen viele Kamera-Interessierte. Man kann
die Geschichte an vielen Stellen (siehe Links unten) nachlesen. Dass die Arsenal Fabrik in Kiev diese Kameras mit nur geringfügigen Modifikationen bis in die späten '80er hinein produziert hat, verblüfft dann doch. Es ist, als ob die Geschichte der Kameraentwicklung für 50 Jahre angehalten wird. Mein Modell Kiev-4 (Typ 4) hier, stammt aus dem Jahr 1978 und ist eine interessante Melange aus Technik und Grunddesign der Contax III von 1936, wenigen Designelementen angelehnt an die westdeutsche Neuentwicklung Contax IIIa von 1951 (Belichtungsmesser), sowie planwirtschaftlich bedingten Qualitätsabstrichen (z.B. 1/1000 s statt 1/1250 s).
Hält man die Kiev heute in der Hand kann man dennoch dem Geist der Contax III von 1936 nachspüren. Diese war damals eine der modernsten Kameras überhaupt am Markt: Es gab hochlichtstarke Objektive, einen kombinierten Sucher/Entfernungsmesser ("Messucher", der erste am Markt!), eine superbreite Entfernungsmesserbasis für sehr präzises Scharfstellen, einen eingebauten Belichtungsmesser (eine der ersten) und den schnellsten Schlitzverschluss (1/1250 s). Kein Wunder, dass dieser Vorsprung in Technik (auch kriegsbedingt) fast 20 Jahre reicht, bis Konkurrenten (z.B. Leica M3) und Nachahmer (z.B. Nikon S) Mitte der 50er die Contax technisch einholen und schließlich vorbeiziehen. Die originalen Contax Produktionsmaschinen aus Dresden stehen ja seit Ende der 40er in Kiev und produzieren diese Kameras noch weitere 40 Jahre.
Im Gegensatz zu den originalen Vorkriegs Contax' sind Kiev's heute für billiges Geld zu bekommen. Meine hier hat mich ca. $30 (inkl. Objektiv und Versand) gekostet. Ich habe sie generalüberholt (gereinigt und das Leder neu angeklebt), jetzt funktioniert sie wieder zu 100%. Ja, auch der Belichtungsmesser zeigt vernüftige Werte an, ich habe erfolgreich einen Testfilm verschossen, dazu demnächst hier ein eigener Beitrag. Allen, die mal Messsucherfeeling a la Großvater ausprobieren möchten kann ich die Kiev's wärmstens empfehlen, es sind sehr solide Kameras, die Objektive sind scharf und alles zusammen zum Diskountpreis!
Datenblatt |
KB-Messsucherkamera mit Selen-Belichtungsmesser |
Objektiv |
Contax Bajonett, Standard-Objektive: Jupiter-8M 50 mm f/2 (Zeiss Sonnar Klon) |
Verschluss |
Vertikal ablaufender Metalllamellen-Schlitzverschluss, 2-5-10-25-50-125-250-500-1000 1/s und B. Blitzsynchronisation 1/25 s. |
Belichtungsmessung |
Eingebauter, aber ungekuppelter Selen-Belichtungsmesser, Filmenpfindlichkeit 8-500 GOST |
Fokussierung |
Kombinierter, heller Messsucher mit sehr breiter 9 cm Basis. Rädchen zur Feinfokussierung, Arretierung bei unendlich. |
Sucher |
Messsucher, Sucherfeld für 50 mm (0.8 x), keine Parallaxenkorrektur oder Markierung. |
Blitz |
Synchronbuchse X (und FP), 1/25s Synchronzeit, Zubehörschuh (ohne Kontakt) |
Filmtransport |
Drehknopf, spannt auch den Verschluss. Verschlusszeiten sollten nur in gespanntem Zustand verstellt werden. Rückspulen ebenfalls mit einfachem Drehknopf. |
sonst. Ausstattung |
ISO-Gewinde für Drahtauslöser, Selbstauslöser (9-15 s), Stativgewinde, Bildzählwerk |
Maße, Gewicht |
ca. 40/90/138 mm, 761/630 g (m/o Objektiv) |
Batterie |
keine
|
Baujahr(e) |
1957-1980 (diese 1978). |
Kaufpreis, Wert heute |
2140 HUF (1979), heutiger Wert ca. US$50 |
Links |
Sovietcams, Manual (english), Camera-Wiki (mit noch mehr Links), Camerajunky, Matt's Classical Cameras, Fotua (alle Modellvarianten) |