2017-10-07

Braun Colorette Super II L


Diese Kamera beschäftigt mich schon sehr lange und immer wieder. So um 1983 schenkte mir mein Onkel ein defektes Exemplar, welches ich fein säuberlich zerlegt, aber nie wieder zusammengebaut bekommen habe. Die meisten Einzelteile verschwanden irgendwie und die anderen habe ich dann bewusst weggeworfen, lediglich das Objektiv (hier auf dem Bild) und den Sucher habe ich behalten. Ich hatte schon vor sieben Jahren hier berichtet. Seit ich mit dem Kamerasammeln begonnen habe, habe ich immer wieder nach einem neuen Gehäuse für's Objektiv gesucht und bin dann schließlich letztes Jahr im Sommer bei e-bay fündig geworden. Das könnte es jetzt gewesen sein, aber die Geschichte geht weiter: Vor drei Wochen auf dem Flohmarkt im Nachbardorf konnte ich ein weiteres Exemplar (inklusiv Objektiv und Tasche) dem netten Verkäufer für wenig Geld abkaufen:
Jetzt hab ich also zwei funktionierende, identische Kameras, und die "Neue" ist sogar noch ein bisschen besser in Schuss. Aber wirklich erstaunlich ist die Sache mit den Seriennummern: Die beiden Objektive unterscheiden sich um 474 Zähler (1817886: Flohmarkt, 1817412: Onkel); die beiden Gehäuse gar nur um 367 Zähler (033630: Flohmarkt, 033263: ebay). Alles nur Zufall, oder ist ein Zeichen, wie selten diese Kamera ist. Vermutlich irgendwie eine Kombination aus beidem.

Braun produzierte die (Super) Colorette-Serie von Messucherkameras von 1956 bis ca. 1960, technisch basierten sie auf der Gloriette, lösten aber die Paxette als die hochwertige Messsucherkamera am Ende ab. Die L-Serie war quasi die zweite Generation (gebaut von 1958-1959) mit einem großen Messsucher und eingespiegelten Bildausschnitten. Auch wenn nur Colorette draufsteht, war diese die "Super Colorette II L", das Basismodell ohne eingebautem Belichtungsmesser, aber mit großem Sucher und DKL-Wechselobjektiven. Dieses Bajonett existiert in verschiedenen, nicht unbedingt kompatiblen Nuancen, die Objektive zur Braun waren aber 100%ig mit denen zur Voigtländer Vitessa T austauschbar.
Die Bedienungsanleitung hebt ein paar technische Highlights hervor, wie die Lichtwertskala, den eingebauten Selbstauslöser oder die "grünen B-Verschlusszeiten" auf der Objektivunterseite. Alles ganz nett und neben dem für alle Wechselobjektive gekoppelten Entfernungsmesser auch sehr brauchbar für's Fotografieren. Aber eben nicht genug, um langfristig am Markt erfolgreich sein zu können. Der anspruchsvolle Amateur verlangte bald nach Spiegelreflex und im selben Jahr in dem diese Kamera hier hergestellt wurde, wurde in Japan die Nikon F vorgestellt. Braun stellte schon in den frühen 60er Jahren die Kameraproduktion komplett ein und konzentrierte sich für die kommenden Jahrzehnte auf andere Dinge, z.B. Diaprojektoren.

Datenblatt KB-Messsucherkamera mit Wechselobjektiven
Objektiv DKL-Wechselbajonett, Objektive von Steinheil, Rodenstock, oder Schneider. Hier: Steinheil Cassarit 50 mm f/2.8.
Verschluss Synchro Compur Zentralverschluss 1 s -1/500 s und B mit Lichtwertkupplung zur Blende.
Belichtungsmessung -
Fokussierung Manuell am Objektiv, gekoppelter Entfernungsmesser im Sucher.
Sucher Heller und großer Messsucher, entspricht 35 mm Brennweite, mit eingespiegelten Leuchtrahmen für 50, 90 und 135 mm.
Blitz Synchronbuchse, Hebel zum Umstellen zwischen X und M.
Filmtransport Schnellspannhebel, Bildzählwerk (rückwärtszählend), Rückspulrad.
sonst. Ausstattung Stativgewinde, ISO-Drahtauslöser, Zubehörschuh, Merkscheibe für Filmart, Selbstauslöser, Vorschläge für lange Verschlusszeiten bei B.
Maße, Gewicht ca. 127x89x55 (72) mm, 620 (733) g (ohne/mit Objektiv)
Batterie keine
Baujahr(e) 1958-1959, ca. 10,000 Exemplare, diese #033630 bzw. #033263
Kaufpreis, Wert heute ca. 250 DM (1959), ca. 50 € (eigene Schätzung)
Links CJS Classic Cameras, Braun (Wikipedia), Bedienungsanleitung, Camera-wiki, Bleckedemoor

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