2019-02-24

Minolta XD7 (XD11, XD)



Beim der diesjährigen Foto-Börse in Groß-Umstadt hatte ich Glück, gleich zwei Meilensteinkameras zu ergattern. Die bedeutendere und auch bekanntere ist diese Minolta XD7, die im Jahr 1977 die erste Spiegelreflex auf dem Markt war, die sowohl Zeitautomatik ("A", aperture priority) als auch Blendenautomatik ("S", shutter priority) bot. Die Kamera kann tatsächlich auch Blende und Zeit gleichzeitig steuern, und zwar immer dann, wenn man bei einem gewählten Automatikmodus an den jeweiligen Einstellbereichsrand (z.B. bei Blendenautomatik, kleinste mögliche Blende) gelangt, wird das jeweils andere nachkorrigiert. Manche nennen das einen versteckten Programmautomatik-Modus, und ich bin geneigt zuzustimmen. Minolta's Zielgruppe war der gehobene Amateur, dem man wohl einen Anspruch nach gewisser Bildkontrolle zuschreiben konnte. Programm- bzw. Vollautomatik war damals eher mit einfachen Kameras für die Masse verbunden und daher mied Minolta den Begriff. In der Bedienungsanleitung wird aber sehr ausführlich erklärt, was alles mit der Belichtungsautomatik möglich ist. 

Erst die legendäre Canon A-1, die ein Jahr später am Markt erschien, führte den Begriff Programmautomatik in die SLR-Fotografie ein und hatte das bis heute übliche Automatikangebot "PASM". Ansonsten sind die A-1 und die XD7 ebenbürtige Konkurrenten, die die Spitze des Amateurmarktes am Ende der 1970er und Anfang der 1980er Jahre bedienten. Die anderen Mitbewerber am Markt taten sich schwer, Nikon und Pentax hatten beide erst 1983 mit der Nikon FA und der Pentax Super A entsprechende Modelle am Markt.

Eine weitere Kamera für dieses Segment war die Leica R4. Diese kam (erst) 1980, also 3 Jahre nach der Minolta, auf den Markt und war quasi eine Stiefschwester der XD7. Beide gingen aus der Leitz-Minolta Kooperation hervor, die seit 1972 bestand. Wie schon bei der Generation vorher (Minolta XE-1 und Leica R3) kooperierten beide Firmen bei den wesentlichen Komponenten und Technologien. Allerdings gab es nicht nur beim äußeren Design und beim Bajonett Unterschiede, sondern auch intern ist nicht alles gleich. Die Leica hatte einen anderen Spiegelkasten und zusätzlich Spotmessung an Bord.   

Beim eingebauten Verschluss allerdings handelt es sich in beiden Fällen um Seiko's MFC-E, ein super kompakter und gleichzeitig leistungsfähiger Schlitzverschluss, der damals den Weg in sehr viele automatische Spiegelreflexkameras fand. Manchmal findet man im Netz die Behauptung der Verschluss sei eine Weiterentwicklung des Copal Leitz Shutter gewesen, der in der R3 bzw. XE-1 zum Einsatz kam. Ich denke, das ist Wunschdenken aus der Leica-Gemeinde, die immer etwas Besonderes brauchen und nicht akzeptieren wollen, dass derselbe Verschluss auch in der Einstiegs-SLR Nikon EM werkelte.

Was allerdings stimmt, ist das samtweiche und leise Auslösegeräusch der XD7. Aus meiner Sammlung war es bisher die Olympus OM-1, die in dieser Disziplin vorne lag, diese allerdings mit einem horizontalen und mechanischen Tuchschlitzverschluss. Es liegt also nicht am Verschluss, wie weich oder leise eine SLR auslöst, sondern am Spiegel und dessen Dämpfung. Außerdem verwendet die XD7 einen kleinen Trick, der ihr beim samtigen Ablauf hilft. Bei anderen SLR laufen die Dinge beim Auslösen (fast) gleichzeitig ab, bei der XD7 aber schön nacheinander: 1) Abblenden des Objektivs, 2) Spiegel klappt nach oben, 3) Verschluss löst aus, 4) Spiegel klappt wieder runter und Objektiv wird wieder aufgeblendet. Während 2-4 sofort hintereinander ablaufen, wird nach 1) eine künstliche, sehr kurze, aber doch merkliche Pause eingelegt. Die XD7 misst nämlich nochmal die Belichtung bei Arbeitsblende, einfach um sicherzugehen, dass z.B. die Blendenautomatik bei der Übertragung ans Objektiv auch so funktioniert hat wie gedacht. Wenn nicht, dann wird die Verschlusszeit entsprechend korrigiert. Das Ganze wird in der Bedienungsanleitung als Vorteil verkauft. Dass es eine Schwäche der Blendensteuerung kompensiert und gleichzeitig die Auslöseverzögerung deutlich vergrößert, wird verschwiegen. Das damit einhergehende samtig weiche Auslösen kann man aber selbst genießen.


Mein Exemplar ist aus dem ersten Jahr der Produktion (es gab spätere leicht geänderte Varianten, siehe Links unten) und bis auf eine leichte Delle im Objektiv-Filtergewinde noch ganz gut in Schuss und vollständig funktionstüchtig. Minolta hat damals für die Belederung allerdings ein sehr weiches Leder gewählt, was sich mit der Zeit zusammenzieht. Auch mein Exemplar ist in dieser Beziehung nicht mehr ganz so schön, wie man an den Bildern sehen kann. Ich mag es allerdings lieber so authentisch, im Vergleich zu mancher nachträglicher Neubelederung mit Krokodil- oder farbigem Leder. Eine tolle Kamera und ein Muss für jede SLR-Sammlung!


Datenblatt Erste SLR mit sowohl Zeit- als auch Blendenautomatik
Objektiv Wechselobjektive mit Minolta MD-Bajonett (eingeschränkt abwärtskompatibel). Hier mitgeliefertes Normalobjektiv MD-Rokkor 50 mm f/1.7 (6 Linsen in 5 Gruppen) 
Verschluss Elektronisch gesteuerter, vertikaler Metalllamellenverschluss (Seiko MFC-E). 1s - 1/1000 s und B. Blitzsynchronisation bei 1/100s. Stufenlos bei Zeitautomatik. Manuelle Zeit 1/100 s. Samtweiche und sehr leises Auslösegeräusch.
Belichtungsmessung TTL, mittenbetont integral, Si-Photodioden. 12-3200 ASA. 
Belichtungsautomatik Sowohl Zeitautomatik (A), Blendenautomatik (S), sowie manuelle (Nachführmessung, M) wählbar. Versteckte Programmautomatik, da beim Verlassen des einstellbaren Bereichs die jeweils voreingestellte Zeit oder Blende der Belichtungssituation angepasst wird.
Fokussierung Manuell am Objektiv, Einstellscheibe mit Schnittbildindikator und Mikroprismenring.
Sucher Fest eingebauter Pentaprismensucher mit LED-Anzeige für Belichtungsmessung. Je nach Automatikmodus werden Zeiten oder Blenden angezeigt. Zusätzlich Einspiegelung der gewählten Blende und Verschlusszeit.
Blitz Zubehörschuh mit Mittenkontakt und Extrafunktion bei Minolta-Blitzen (Blitzbereitschaftsanzeige im Sucher, Synchronzeit), zusätzliche Blitzbuchse.
Filmtransport Schnellschalthelbel, Rückspulknopf, Bildzählwerk (vorwärts zählend)
sonst. Ausstattung Selbstauslöser (10s), Abblendtaste, ISO-Gewinde für Drahtauslöser, Filmlaschenhalter, Stativgewinde, Anschluss für Motorantrieb, Belichtungskorrektur (+/-2 Stufen) bei Automatik, Okularverschluss
Maße, Gewicht ca. 136/86/51 mm, 560g (ohne Objektiv)
Batterie3V, entweder 2x LR44 (Alkali), 2x SR44 (Silberoxid) oder 1x CR-1 (Lithium)
Baujahr(e) 1977-1984, ca. 600.000 Einheiten, dieses #1030016 von 1977
Kaufpreis, Wert heute ca. 1200 DM (1977, mit Normalobjektiv), ca. 50-100 € je nach Zustand.
Links Camera-wikiWikipediaPeter LauschEric FissWebersohnRokkorfilesXD-7 restaurierenMischlichtManual (XD-11, english)Bedienungsanleutung (XD-7 deutsch)Ernst GigerUnterschiede der Versionen,

2019-02-10

Konica TC-X


Einen kleinen, aber doch wichtigen Meilenstein der SLR-Geschichte habe ich auf der diesjährigen Foto-Börse in Groß-Umstadt in der Grabbelkiste gefunden. Für nur 4€ wurde das Gehäuse mein, bei einem anderen Händler habe ich noch das Objektiv dazu gefunden. Bei diesem fehlte die Gummierung am Entfernungsring, daher auch hier nur 10€. Konica druckte damals einen kurzen Produktionscode auf seine Produkte, diese ergeben Juli 1985 für die Kamera und Oktober 1979 für das Objektiv.

Warum Meilenstein? Nun, die Kamera war die erste SLR, die (fast) vollständig aus Plastik gefertigt wurde. Außerdem war sie 1983 die erste SLR, die die damals ganz frisch eingeführte DX-Codierung lesen konnte. Ansonsten ist die Kamera selbst nicht wirklich besonders. Der Verschluss ist ein voll mechanischer Seiko MFC, der nur die Zeiten ab 1/8 und kürzer sowie B kann. Der Belichtungsmesser wird von einer stinknormalen AAA-Batterie versorgt und steuert (wie bei vielen anderen Konica SLR) eine Blendenautomatik.



Ansonsten ist die TC-X Konica's letzte SLR und wurde angeblich nicht mehr von Konica selbst sondern von Cosina in Lohn gefertigt. Diese Behauptung liest man jedenfalls mehrfach im Netz, allerdings lediglich gestützt vom Argument, dass sie so anders als die anderen, älteren Konica SLR's wäre. Ich persönlich habe meine Zweifel an dieser Behauptung, ist sie doch tatsächlich in vielerlei Hinsicht anders als die sonstigen bekannten Cosina CT-1 Klone. Die Kamera, die ihr am ähnlichsten ist, ihre eigene Vorgängerin Konica Autoreflex TC. Ich bin also geneigt zu behaupten, dass diese Cosina Geschichte falsch ist. Vielleicht findet sich ja irgendwo eine echte Quelle, die hier Licht rein bringt.

Die DX-Kodierung und dort insbesondere das charakteristische Schachbrettmuster (eigentlich CAS, camera auto sensing code) werde ich hier nicht im Detail behandeln, dazu verweise ich auf Wikipedia. Dass die TC-X die erste Kamera damit war, ist wohl nicht ganz nur Zufall. Konica war als Film- und gleichzeitig Kamerahersteller schon früh in die Pläne des DX-Konsortiums um Kodak herum eingeweiht. Auch passte die Vollplastikkonstruktion als natürliche Isolierung gut zu elektrischen Kontakten. Die Kamera besitzt alle 6 Kontakte der ersten Reihe, um die Filmempfindlichkeit zu lesen. Ob sie das auch für Werte außerhalb des manuellen Einstellbereichs von 50-1600 ASA macht, bleibt bei der Dokumentation leider im Dunkeln.

Im Gegensatz zu machen späteren Kameras, die ebenfalls zum Großteil aus Plastik gefertigt wurden, gibt sich die TC-X keinerlei Mühe das Plastikgefühl irgendwie zu verschleiern. Selbst auf dem Foto oben kommt klar der Plastikcharakter rüber. Ich kann es nicht endgültig beweisen, aber ich glaube, dass wie bei den meisten anderen Kameras ABS-Kunststoff (Acrylnitril-Butadien-Styrol) zum Einsatz kam, ein Thermoplast, der sich sehr gut als Gehäusematerial eignet. Er lässt sich nicht nur gut spritzgießen, sondern kann auch mit dünnen Metalschichten bedampft werden, sodass z.B. die Gehäuseoberkappe verchromt daherkommen kann. 

Das Hexanon AR 40 mm ist eigentlich nicht das Standardobjektiv zur Kamera, da gab es ein ebenfalls aus viel Plastik gefertigtes 50 mm f/1.8. Das 40er kam schon 1979 zusammen mit der Konica FS-1 auf den Markt und hat fast einen legendären Ruf bezüglich seiner optischen Leistungen. Als sogenanntes Pancake-Objektiv passt es aber ausgezeichnet auch zur kleinen und leichten TC-X.


Datenblatt Erste KB-Spiegelreflexkamera mit Vollplastikgehäuse und DX-Erkennung
Objektiv Wechselobjektive mit Konica AR-Bajonett. Hier Hexanon AR 40 mm f/1.8 (6 Linsen in 5 Gruppen)
Verschluss Mechanisch gesteuerter, vertikaler Metalllamellenverschluss (Seiko MFC). 1/8s - 1/1000 s und B. Blitzsynchronisation bei 1/60s.
Belichtungsmessung TTL, mittenbetont integral, CdS, 50-1600 ASA und DX Erkennung. 
Fokussierung Manuell am Objektiv, Einstellscheibe mit mit Schnittbildindikator und Mikroprismenring.
Sucher Fest eingebauter Pentaprismensucher, (92%), Vergrößerung 0.87x bei 50 mm. Nadel-Anzeige für Belichtungsmessung (Blende). 
Blitz Zubehörschuh mit Mittenkontak.
Filmtransport Schnellschalthelbel, Rückspulknopf, Bildzählwerk (vorwärts zählend)
sonst. Ausstattung mechanischer Selbstauslöser (10s), ISO-Gewinde für Drahtauslöser, Filmtypfenster, Stativgewinde (aus Metall)
Maße, Gewicht ca. 130/84/44 mm, 375g (ohne Batterie und Objektiv)
BatterieEine Standard-AAA (1.5V)
Baujahr(e) 1983-1987 (?), dieses #164074 von Juli 1985
Besonderheiten Gehäuse nahezu vollständig aus Plastik
Kaufpreis, Wert heute US$149 (1985), heute ca. 10€
Links Manual (english), Buhla. deCamera-Wiki, Konica-CollectorKonica Awardspace, Random Camera Blog, Collectiblend, Simon Hawketts, Davidde.com