Das ist Dr. Rudolf Fischer, der heute vor 130 Jahren in Berlin geboren wurde. Als er vor 100 Jahren dreißig wurde, arbeitete er schon ein paar Jahre als Chemiker bei der NPG in Berlin-Steglitz. Zusammen mit seinem Mitarbeiter Dr. Hans Sigrist hatte er die grundlegende Idee für den modernen Farbfilm und hat diese auch in zwei Patenten geschützt bekommen. Patent DRP 253335 ist interessanterweise auf Rudolf Fischer selbst registriert und behandelt die chemische Grundlagen zur Erzeugung der Farbstoffe während der Filmentwicklung (erteilt am 7. Februar 1912), während das nach der Nummer her später eingereichte DRP 257160 auf die NPG registriert ist und schon am 14. Juni 1911 erteilt wurde. Es beschreibt mehrere Möglichkeiten der technischen Umsetzung zur Farbfotografie, u.a. auch die des Mehrschichtenfarbfilms, so wie wir ihn heute kennen.
This is a picture of Dr. Rudolf Fischer,
who was born on January 27, 1881 in Berlin. When he turned thirty over
100 years ago, he was working as a chemist at the NPG in
Berlin-Steglitz. Together with his colleague Dr. Hans Sigrist he had the
basic idea for the modern color film and they got granted two patents.
Interestingly, patent DRP 253335
has been registered to Rudolf Fischer himself and covers the basic
chemical idea for the formation of dyes during the film development
(granted on February 7, 1912). In contrast, DRP 257160,
which according to the number was filed later, has been registered to
the NPG and was already issued on the June 14, 1911. It describes
several ways of technical implementation for color photography,
including the multilayer color film as we know it today.
Die Neue Photographische Gesellschaft (NPG) war damals die größte Fotofirma der Welt, konnte ihre Bedeutung aber nicht über den ersten Weltkrieg retten und auch die bahnbrechenden Patente zum Mehrschichtenfarbfilm nicht nutzen. Vor dem Krieg nutze man die neuen Erkenntnisse allerdings zur Produktion des sogenannten Chromalpapiers, welches in zehn verschiedenen Farbtönen angeboten wurde. Bilder auf solchem Papier waren allerdings keine wirklichen Farbfotografien, sondern lediglich gefärbte Schwarz-Weiß-Fotos.
The Neue Photographische Gesellschaft
(New Photographic Corporation, NPG) was the largest photo company in
the world these days. However, they could neither sustain their
importance through the First World War, nor make any use of the
pioneering patents for the multilayer color film. Before the war, they
used the new findings to produce the so-called Chromal Paper, though.
This specialty was offered in ten different colors, however, pictures on
it were not actual color photographs, but only colored black and white
photos.
Was war denn nun aber die bahnbrechende Idee? Fischer suchte damals nach Wegen, statt des schwarzen Bildes, welches bekanntermaßen aus kolloidal verteiltem Silber besteht, ein farbiges Bild zu erzeugen. Er wusste, dass manche Entwickler, führt man die Entwicklung nicht ganz korrekt aus (man muss das Sulfit weglassen) zu gefärbten Bildern führen. Er erkannte, dass die farbgebenden Substanzen die Oxidationsprodukte der Entwickler sind (das Silberbromid wird im Gegenzug zu Silber reduziert). Wie er schreibt (DRP253335): "Die so erzielten Färbungen sind jedoch [...] nicht sehr markant [...]. Es wurde nun gefunden, daß man zu außerordentlich stark farbigen Bildern [...] gelangen kann, indem man [...] zu den Entwicklern [farblose] Stoffe hinzufügt, die sich mit den beim Entwickeln entstehenden Oxidationsprodukten des Entwicklers zu schwer löslichen gefärbten Körpern kuppeln." Heute nennt man diese Substanzen in der Fotochemie Farbkuppler und sie sind tatsächlich Bestandteil der Entwicklerchemie (Kodachrome-Prozess) oder weit mehr verbreitet (Agfacolor, Ektachrome, etc.) bereits in der Filmemulsion enthalten. Interessanterweise gelingt es mit nur einer Entwicklersubstanz (z.B. N,N-Diethyl-p-Phenylendiamin) und drei verschiedenen Farbkupplern die drei Grundfarben zu erzeugen.
What was the revolutionary idea,
though? Fischer was looking for ways to generate a colored instead of
the black image, which is known to stem from colloidally dispersed
silver. He knew that some developers,
if you did the development not quite correct (you must omit the
sulfite) lead to colored images. He realized that the coloring
substances are the oxidation products of the developer (in return the
silver halide is reduced to form silver). Fischer stated (in DRP
253335): "The thereby achieved colorations may not be very prominent
[...]. It has now been found that one can get to extremely strong
colored images [...] by adding [colorless] substances to the solution
which couple with the oxidation products formed during development and
lead to insoluble colored bodies." Today, in photochemistry we call
these substances color couplers and they are actually part of the
developer chemicals (Kodachrome process) or far more prevalent
(Agfacolor, Ektachrome, etc.) included in the film emulsion.
Interestingly, it is possible to use only one single developing agent
(for example N, N-diethyl-p-phenylenediamine) and three different color
couplers to produce the three primary colors.
In
DRP 257160 Fischer described the structure of the modern color film
quite accurately (page 2, lines 12-36). He even did not forget to
mention the yellow filter layer (lines 52-58). In the last section of
the description, just before the examples he named the remaining
unsolved technical problem: "... to prevent the diffusion of the
coloring substances [between the layers]". His proposed solution using
intermediate layers failed later. This problem, which for about 20 years
prohibited a successful commercial multilayer color film, was
eventually solved. Not only one solution was provided, it was even done
twice independently, in order to be optimized again for the latest
method still used today. More about these things later…
Fortunately,
Rudolf Fischer was allowed to witness this breakthrough. Because of the
by then expired patents he did not made any money with his invention.
Instead, in 1944 for his contribution to color photography he was
awarded the silver Leibniz Medal from the German Academy of Sciences.
Otto Hahn gave the eulogy, present were also Max Planck, Werner
Heisenberg, and other notables.
Im DRP 257160 beschreibt Fischer den Aufbau des modernen Farbfilms schon recht genau (Seite 2, Zeilen 12-36), er vergisst auch nicht die Gelbfilterschicht zu erwähnen (Zeilen 52-58). Im letzten Abschnitt der Beschreibung, kurz vor den Beispielen benennt er aber das damals ungelöste technische Problem, "... die Diffusion der farbgebenden Stoffe [zwischen den Schichten] zu verhindern". Seine vorgeschlagene Lösung mit Zwischenschichten funktionierte nämlich nicht. Dieses Problem, welches einen kommerziellen Mehrschichtenfarbfilm unmöglich machte, wurde erst 20 Jahre später gelöst, und zwar gleich zweimal unabhängig von einander, um dann nochmal zum letzten heute noch verwendeten Verfahren optimiert zu werden. Dazu hier an dieser Stelle später mehr.
Rudolf Fischer hat dies zum Glück noch miterleben dürfen, auch wenn er wegen der ausgelaufenen Patente finanziell nichts mehr davon hatte. Er hat 1944 von der Akademie der Wissenschaften die silberne Leibniz-Medaille für seinen Beitrag zur Farbfotografie verliehen bekommen, Otto Hahn hielt die Laudatio, anwesend waren auch Max Planck, Werner Heisenberg und andere Honoratioren.
Für Interessierte zum tiefer einsteigen: Wolfgang Holtz "Die Neue Deutsche Photographische Gesellschaft" in Arbeitskreis Bild Druck Papier - Tagungsband Nürnberg 2009; Prof. Dr. Rudolf Gschwind, Imaging and Media Lab, Uni Basel, Vorlesungsskript Bildtechnologie I, Teil 5.
Further reading (unfortunately all in German): Wolfgang Holtz "Die Neue Deutsche Photographische Gesellschaft" in Arbeitskreis Bild Druck Papier - Tagungsband Nürnberg 2009; Prof. Dr. Rudolf Gschwind, Imaging and Media Lab, Uni Basel, Vorlesungsskript Bildtechnologie I, Teil 5.
Die anderen Teile dieser kleinen Geschichts-Serie...
Other parts of this little history series...
2) Kodachrome 3) Agfacolor Neu
4) Ektachrome and Kodacolor
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