2021-12-29

Penti II

Diese Penti II besitze ich schon seit über 5 Jahren, irgendwann hat sie ihren Platz bei den anderen Halbformatkameras in der Vitrine gefunden, trotzdem ist sie mir hier in der virtuellen Sammlung bisher durchgerutscht. Aber jetzt soll sie auch hier den ihr gebührenden Platz bekommen. 

Über die Kamera und ihre Geschichte ist schon viel geschrieben worden (auch widersprüchlich), die besten Web-sites habe ich unten unter Links in der Tabelle aufgeführt. Ich möchte daher hier nur die für mich besonderen Aspekte betonen und begründen, warum sie in jede anspruchsvolle Kamerasammlung gehört: Sie ist ein Design-Juwel, auch wenn ihr goldenes Kleid und die abgerundete Formensprache heute nicht mehr den Zeitgeschmack treffen. Technisch hingegen, sowohl für den Fotografen als auch ihre Produzenten kann sie für mich volle Punktzahl einfahren. Ihre genial simple Konstruktion mit einem zentralen Kunststoffrahmen, der auf der Rückseite das Filmhandling und auf der Vorderseite die restliche Fotomechanik, -optik und -elektrik aufnimmt, beides abgedeckt mit jeweils einem Deckel aus gestanztem Aluminiumblech, der innen schwarz lackiert und außen golden eloxiert wurde, erlaubte einen sehr einfachen und damit preiswerten Produktionsablauf.  


Die Wahl der alten Karat-Patrone in Kombination mit dem Halbformat war neu und wirklich innovativ, erlaubte es doch eine wirkliche Hosen- oder besser Handtaschen-Größe. Wirklich genial zu Ende gedacht ist aber die Sache mit der Schiebestange, die nach dem Auslösen per Federkraft aus der linken Kameraseite ausfährt. Ihr Zurückschieben transportiert den Film in die Aufnahmepatrone, denn beim Karat-, Rapid- bzw. im DDR-Jargon SL- ("Schnell-Lade") System gibt es kein Wickeln und kein Ziehen, sondern nur Schieben. Dadurch kommt die Konstruktion der Penti fast ohne drehende Teile, Achsen und Kugellager aus, lediglich das Filmzählwerk dreht sich noch.

Aber auch für den Fotografen ist fast alles dabei: Die Kamera ist nur etwas größer als eine Zigarettenschachtel und wiegt mit Film unter 300g. Der Blick durch den hellen Sucher mit Leuchtrahmen zeigt die Nadeln des Selen-Belichtungsmessers und der Zeit-Blendenkombination, die man nur zur Deckung bringen muss. Lediglich das Scharfstellen bleibt (wie üblich) der Schätzometrie überlassen. Blitzgeräte können per Kabel angeschlossen werden. Im elegant in den Kamerarahmen integrierten Zubehörschuh gibt es eine metallene Federplatte, die aber leider nicht als Mittenkontakt ausgeführt wurde. 

Mit nur 155 Mark war sie auch in der DDR vergleichsweise erschwinglich. Da verwundert es nicht, dass sie mit ihrem Eigenschaftsprofil zu einem Best- und Longseller avancierte. Angeblich wurden von 1961 bis 1977 ca. 800,000 Exemplare gebaut und sie gehört damit zu den erfolgreichsten deutschen Nachkriegskameras. Die überwiegende Zahl entfällt auf dieses Modell II, die einfacheren Modelle Penti I und die Ur-Penti/Orix hatten keinen Belichtungsmesser und wurden jeweils nur kurze Zeit gebaut.

Bei mir steht sie in der Vitrine neben anderen Halbformatkameras, aber auch anderen kompakten Taschenkameras wie der Tenax und dem späteren anderen Design-Juwel Olympus XA, mit denen ich sie durchaus vergleichen möchte. 

Datenblatt kompakte Halbformat-Kamera (18x24mm) für die SL-Kassette
Objektiv Meyer Domiplan 30 mm f/3.5 (Triplet)
Verschluss selbst-spannender Zentralverschluss, B-30-60-125
Belichtungsmessung Nachführ-Belichtungs-"automatik" mit Selenzelle und zwei in Deckung zu bringenden Zeigern im Sucher. 15-24 DIN (manuell einzustellen)
Fokussierung manuell, keine Scharfstellhilfe, kürzeste Entfernung: 1m
Sucher optischer Durchsichtsucher (hochkant) mit Leuchtrahmen und Parallaxenmarkierung, Anzeigenadeln des Belichtungsmessers.
Blitz Anschluss über PC-Buchse an der Kameraoberseite, X-Synchronisation bei allen Zeiten, FP bei 1/30s
Filmtransport mittels Schiebestange (ca. 2.5cm Hub) auf der linken Seite, die beim Auslösen ausfährt und beim Reinschieben den Film von der Filmpatrone in die leere Aufnahmenpatrone schiebt. Keine Rückspulung notwendig. Zählwerk (vorwärts von 1-24), manuelle Rückstellung mit durch Rückwand verborgenem Zahrad.
sonst. Ausstattung Zubehörschuh (kalt), ISO-Drahtauslöser, ¼'' Stativgewinde, M18x0.5 Filtergewinde, Öse für Handschlaufe
Maße, Gewichtca. 109 x 76 x 47 mm, 261g (ohne Film und Leerpatrone)
Batterie keine
Baujahr(e) 1961-1977, ca. 800,000 Exemplare (alle 3 Versionen), davon die meisten von der Penti II. Diese Kamera #236932 von ca. 1965 
Kaufpreis, Wert heute 155 Mark (DDR), 49.50 DM, heute je nach Zustand 5-30 €. Sammler zahlen für die farbigen Varianten auch mehr.
Links Dresdner-Kameras.de, Camera-Wiki, Optiksammlung, Bedienungsanleitung,  Mike Eckman, Zeissikonveb.de, Günter Posch
Bei KniPPsen weiterlesen Korelle K, Agfa KaratRapid-Film verwenden, Olympus PEN, Pentacon Electra

2021-11-26

Sony Mavica FD-7 @work

Die beiden Menüs (Play oben,
Camera unten) mit allen wichtigen 
Funktionen
Hier kommt nun endlich der neulich schon angekündigte Beitrag über meinen Test mit der Mavica FD-7. Mein Exemplar war zum Glück in voll funktionsfähigem Zustand, was man leider heute nicht mehr oft über alte Elektronik sagen kann. Während viele der bis zu 100 Jahre alten analogen Kameras in meiner Sammlung noch funktionieren und es vermutlich in 20 Jahren auch noch tun werden, sind solche Funktionstests an nur 10 oder (wie diese hier) 20 Jahre alten Digitalkameras wirklich Glückssache. Meist sind es die Akkus, die versagen, auch meiner wurde vom Vorbesitzer irgendwann ausgetauscht. Irgendwann gibt es aber dafür keinen Ersatz mehr und auch die Peripherie muss passen: Kabel, Stecker, Speicherkarten. Im Falle der Mavica ist der Austausch der Bilddateien auf die 3.5'' Diskette beschränkt! Ich besitze glücklicherweise noch ein externes USB-Diskettenlaufwerk und alte Disketten. Wer weiß wie lange es sowas noch geben wird.

Das Diskettenlaufwerk bestimmt tatsächlich einiges an der Kamera. Nicht nur die Größe und das quaderförmige Grunddesign sind damit  vorgegeben, auch das Handling folgt oft den Beschränkungen des Laufwerkes. Man hört stets das charakteristische Schreib- und Lesegeräusch und ahnt damit zumindest, warum und worauf man viele Sekunden lang warten muss (und zwar bei jedem Bild, das man aufnimmt oder betrachten will!). Auch muss man nicht nur während der Aufnahme still halten (s.u.), sondern am Besten noch 5-7 Sekunden danach. Denn allzu heftige Beschleunigung ist schädlich für den filigranen Schreib/Lesekopf und könnte die gerade geschriebenen Daten unbrauchbar machen. Die ewigen sekundenlangen Wartezeiten sind tatsächlich für mich das eindrücklichste, was mir von meinem Test in Erinnerung bleiben wird.  

Ansonsten ist die Bedienung (zumindest mit unser heutigen Digitalerfahrung) sehr intuitiv und gut umgesetzt. Die Kamera liegt trotz ihres Quaderdesigns dank einer Griffleiste gut in der Hand, der rechte Zeigefinger ist automatisch am Auslöser und der Daumen bedient die Zoom-Wippe. Ein optischer Sucher fehlt komplett. Man muss sich also komplett auf das ansonsten sehr ordentliche 2.5'' Display fokussieren. Dies ist allerdings sehr dunkel und taugt nicht für helle Aussenumgebung. Ein Highlight der Kamera ist das 10-fach Zoomobjektiv, das von (KB-äquivalenten) 40 bis 400 mm Brennweite reicht und bei der kleinsten Brennweite bis zu einer kürzesten Entfernung von 1 cm (!) fokussieren kann. Damit gelingen dann auch Aufnahmen von kleinen Gegenständen.

Größtes Lowlight ist ironischerweise der eingebaute Blitz, den hätte Sony besser weggelassen und stattdessen eine Blitzbuchse oder einen hot-shoe spendiert. Der Blitz ist nämlich komplett ungeregelt, feuert also immer seine komplette aber ansonsten bescheidene Blitzleistung und taugt so nur für Motive in ca. 3 m Entfernung. Näheres ist stets über-, weiter entferntes stets unterbelichtet.  Außerdem schaltet der Blitz automatisch auf den Field-Modus um (s.u.) und reduziert damit die vertikale Auflösung des Sensors um die Hälfte.
Die vier möglichen 
Qualitätsstufen.
180x180 Pixel crop in
Originalgröße. Aufnahme:
2 m Entfernung, Stativ.
iPhone aus der Hand, 
runter gerechnet auf gleiche
Auflösung. Klicken für
4x Vergrößerung.  
Kommen wir damit also zum Herzstück, dem Sensor, der aus heutiger Sicht eine sehr bescheidene Auflösung und auch Bildqualität liefert. 1997 allerdings ist VGA (640x480 Pixel) eine immer noch sehr gängige Monitorgröße und bei Bild- bzw. Dateigröße fast an dem Limit dessen, was noch praktikabel verarbeitet werden konnte. Viele Computer waren nur über niedrige Datenraten mit dem Internet verbunden, das Übertragen von einzelnen Bilddateien dauerte da selbst in komprimierter Form oft mehrere Sekunden. Wenn Web-sites überhaupt Bilder hatten, dann lag deren Größe und Auflösung z.T. weit unter VGA. In dem Sinne war die Mavica ein höchst praktikable Kamera, deren recht stark komprimierte JPG-Bildchen genau den Bedürfnissen der Web-Designer und Poweruser entsprach. 

Der CCD-Sensor ist eigentlich für die Verwendung in Video-Camcordern gedacht und so ausgelegt, dass das analoge Signal direkt nach den üblichen Fernseh-Normen auf einem Monitor wieder ausgegeben werden kann. Dazu wird das Bild in zwei Halbbilder ("Field") geteilt, wobei zunächst die ungeraden Zeilennummern zu einem Field zusammengefasst werden und danach die geraden. Zusammen ergeben sie einen "Frame".

Der Sensor der Mavica hat nominell 659x494 Pixel, die dann auf die VGA Auflösung 640x480 herunter gerechnet werden. Die volle Auflösung gibt es allerdings nur, wenn der Frame-Modus ausgewählt ist. Die Kamera fotografiert aber standardmäßig im Field-Modus, was bedeutet, dass nur das erste Halbbild verwendet (und zeilenweise verdoppelt wird), d.h. die vertikale Auflösung beträgt nur 240 Pixel. Leider ist Field tatsächlich die praktischere Einstellung. Denn, die beiden Halbbilder werden nacheinander im Abstand von 1/30s aufgenommen und bewegte Objekte erscheinen daher doppelt (siehe Auto-Fotos unten), bzw. bei 1/30s hat man schnell auch die Kamera verwackelt. Außerdem wird bei Blitzaufnahmen automatisch in den Field Modus zurückgeschaltet. Klar, denn der Blitz ist beim zweiten Field schon längst wieder aus. 


Interessant ist, dass weder an der Kamera noch in der Anleitung irgendetwas über die sonst üblichen Fotografie-Parameter Verschlusszeit, Blende oder Empfindlichkeit zu erfahren ist. Lediglich die Qualitätsparameter Frame/Field (s.o.) und der Kompressionsgrad der JPGs können gewählt werden. Stattdessen hat man die Wahl von 5 Sonderprogrammen für bestimmte Fotografiersituationen, bei denen allerdings auch nicht ganz klar wird, was sie genau bewirken oder ob die standardmäßige Überallautomatik nicht auch so ein ordentliches Bild liefert (vermutlich). Dann gibt es noch 4 Spezialbildeffekte (Pastel, Negativ, Sepia und Schwarz-Weiß), die im Prinzip auch im Nachhinein mit jeder Bildbearbeitung möglich wären.

Fazit für mich: Eine interessante frühe Digitalkamera, die vom Konzept her konsequent auf die Bedürfnisse der frühen Internet-Pioniere zugeschnitten war, die Bilder für's WWW brauchten. Die Verwendung der Floppy-Disk zum Datentransfer ist gleichzeitig für die damalige Zeit sehr gelungen, technologisch aber langfristig eine Sackgasse. Am Bemerkenswertesten für mich: 7 Sekunden braucht eine Aufnahme vom Druck auf den Auslöser bis alles auf der Scheibe ist.

2021-10-24

Sony Digital Mavica MVC-FD7

Kürzlich machte mich ein Freund auf diesen Petapixel-Review aufmerksam und hat bei mir sofort den Nerv getroffen. Ich habe zwar noch nicht viele Digitalkamera-Veteranen in meiner Sammlung, aber hier war mir sofort klar: Eine Digital-Mavica muss ich haben (und ausprobieren). Die FD7 (mit Zoom) und ihre kleine Schwester FD5 (einfaches Standard-Objektiv) kamen 1997 gleichzeitig auf den Markt. Im jährlichen Rhythmus folgten Modell-Updates und bis 2002 gab es insgesamt 18 verschiedene FD-Modelle, alle mit dem namensgebenden FD ("Floppy-Disk") 3.5'' Diskettenlaufwerk und einem 2.5'' LCD-Screen auf der Rückseite.

Die FD7 und FD5 gehörten nicht zu den ersten Digitalkameras auf dem Markt, aber zu ihrer Zeit zu den kommerziell erfolgreichsten (angeblich hatte Sony mit ihnen in den USA einen Marktanteil von 40%). Der ganze Digitialkameramarkt steckte noch in den Kinderschuhen, der Durchbruch kam bekanntlich in den frühen 2000er Jahren. In den 1990ern fehlte es insbesondere noch an allgemein verfügbarer digitaler Infrastruktur, aber hier genau setzte Sony an: Wie bekommen die Nutzer ihre digitalen Fotos schnell und einfach dahin, wohin sie sie haben wollen? Antwort: Die damals in jedem Computer vorhandene 3.5''-Diskette.


Die Konkurrenz hatte (nur) das serielle Kabel (wo hab ich das hingelegt?) oder die ebenfalls sehr langsame IrDA-Drahtlosverbindung. Sony machte also in Sachen Benutzerfreundlichkeit alles richtig und kam außerdem mit dem richtigen Produkt zur richtigen Zeit. Versetzen wir uns also ins Jahr 1997. Computer erobern die Büros und mit etwas Verzögerung auch viele private Haushalte. Hauptmedium für den Datenaustausch ist (noch) die 3.5'' Diskette, die dann später durch die CD-Rom, Memory Sticks und letztlich durch das Überall-Internet abgelöst wird. Das WWW als die Killer-Anwendung des Internets ist 1997 gerade 4 Jahre alt, hier entstehen die ersten Webshops, News-Kanäle und Firmen-Repräsentationen. Und diese Web-sites verlangen nach Bildmaterial, was die Mavica FD viel einfacher und direkter liefert als jede andere analoge oder digitale Kamera auf dem Markt.

Das technische Design der Mavica FD-Serie war konsequent auf diesen Einsatz ausgerichtet. Die Diskette war billig und überall verfügbar. Interessanterweise fasste sie mit ca. 40 JPEG-Fotos ungefähr so viele wie ein KB-Film. Dazu wurde das Bild in VGA-Auflösung (640x480 Pixel) in zwei wählbaren Stufen komprimiert (Std und Fine), wobei der Unterschied nur in der Dateigröße (ca. 30KB vs. 60 KB pro Bild) wirklich auffällt. Die Bildqualität ist nach heutigen Maßstäben sehr bescheiden, für die genannten Anwendungen damals aber mehr als ausreichend. Im Übrigen verbirgt die Kamera (und auch die Anleitung) konsequent jegliche Fototechnik vom Fotografen, nirgendwo kann man etwas über Belichtungszeit oder Blende erfahren, man braucht das auch nicht wirklich.

Größenvergleich mit einer kompakten Kleinbildkamera
Das zeigt schon recht deutlich, dass Sony's Zielgruppe nicht die Amateurfotografen oder gar die Gelegenheitsfotografen waren, dafür war die Bildqualität noch zu schlecht und die Kamera im Vergleich zur analogen Filmknipse zu teuer.
Käufer der Kamera waren eher Menschen die mit oder über das Internet Geld verdienen wollten und dafür Bilder brauchten, die einfach verfügbar aber nicht besonders gut sein mussten. 

Die Geschichte der Mavica FD-Serie hört konsequenterweise im Jahr des allgemeinen Durchbruchs der kompakten Digitalkamera (2003) auf, was wiederum eng verbunden ist mit den nun verfügbaren (und genügend großen) Speicherkarten sowie dem USB-Port am Computer. Hier konnten weder der lausige CCD-Sensor der Mavica noch die 3.5'' Diskette mehr mithalten. Insofern war die Mavica FD nur ein Zwischenschritt und die Sache mit der Diskette eine technische Sackgasse. Allerdings ein wichtiger Schritt, denn sie hat das digitale Bild hoffähig gemacht und den Weg für ihre Speicherkarten-Nachfolger bereitet.

Ich habe mein FD7-Exemplar sehr günstig und in voll funktionsfähigem Zustand erwerben können. Natürlich habe ich schon damit rumgespielt und Testaufnahmen gemacht. Zum Glück besitze ich noch ein externes Diskettenlaufwerk mit USB-Anschluss, ansonsten hätte ich ganz schön in die Röhre geschaut. Denn die Kamera kennt keinen anderen Modus die Bilder zu übertragen und ich habe (wie die meisten wohl) keinen Computer mehr mit einem eingebauten Laufwerk. In einem zweiten Blog-Beitrag werde ich von meinen Erfahrungen berichten und einen kleinen Kamera-Review schreiben. Nur dies als kleinen Vorgeschmack: Ein Bild aufzunehmen dauert immer mindestens 7 Sekunden, anschauen auf dem eingebauten Monitor 5 Sek. Dafür hat man es in max. 20 Sekunden auf dem PC und im Nu im Internet!

Datenblatt Frühe Consumer-Digitalkamera mit Diskettenlaufwerk
Objektiv optisches 10x Zoom 4.2-42 mm f/1.8-2.9 (40-400 mm KB-äquivalent)
Sensor und Verschluss ¼'' CCD, vermutlich Sony ICX098BQ mit 659 x 494 Px (0.3 MP), elektronischer Verschluss, Bildgröße 640x480 (VGA). Zwei Qualitätsstufen wählbar ("Field", "Frame"), wobei nur Frame die volle Auflösung liefert, Field aber bewegte Motive scharf abbildet.
Belichtungssteuerung Belichtungsregelung und Weißabgleich automatisch, verschiedene Programmoptionen per Menü wählbar.
Fokussierung Autofokus, manuelle Fokussierung per Drehrad. Naheinstellgrenze ca. 1 cm (!)
Sucher kein (!) optischer Sucher, TFT-LCD Schirm mit 61380 Px (ca. 286x215), Helligkeit in Grenzen regelbar, für Außenaufnahmen tendenziell zu dunkel.
Blitz Eingebaut, per Taste zuschaltbar. Blitz ist ungeregelt und gibt stets volle Leistung ab, die nur für ca. 3 m Entfernung ausreichend ist
Speichermedium 3.5'' 2HD-Diskette (1.44 MB). Speicherkapazität ca. 30-40 JPEG Fotos im Standard- oder 15-20 im Fine-Kompressionsmodus.
sonst. Ausstattung 1/4'' Stativgewinde, 4 Software-Bildeffekte (Pastell, Negative, Sepia, B&W), 5 extra Motivprogramme (Softportait, Sport, Strand, Sonnenuntergang/Mondschein, Landschaft)
Maße, Gewicht ca. 127 x 111 x 74 mm, 714 g (mit Akku und Diskette)
Batterie 7.2 V Li-Ionen Akku (Ladegerät im Lieferumfang), CR2025 Li-Batterie als Memory-Buffer (nicht essentiell)
Baujahr(e) 1997
Kaufpreis, Wert heute 899 US$ (1997), in funktionsfähigem Zustand: 30-50 €
Links Camera-wiki, WikipediaDigitalkamera MuseumRFWilmut, Lucas P Sample shotsNotes on CCD sensors, Petapixel

2021-10-14

Rolleicord V




Eigentlich gehören zweiäugige Spiegelreflexkameras (Twin Lens Reflex, TLR) nicht in mein Beuteschema (diese Ausnahmen bestätigen die Regel ;-). Die schöne Rolleicord V habe ich neulich zum Geburtstag geschenkt bekommen und ihr gebührt natürlich ein Platz in meiner Sammlung und ein ordentlicher Beitrag hier. Sie stammt aus dem Nachlass eines ehemaligen Lehrers, der sie als junger Mann ca. 1955 gekauft und wohl bis in die 1980er Jahre hinein verwendet hat. Jedenfalls zeugte noch der Rollfilm davon, den ich im Inneren noch gefunden habe (war nichts drauf, siehe Verschlussdefekt unten).

Rollei, oder wie sie damals noch hießen: Franke & Heidecke aus Braunschweig hatten 1929 mit ihrer Rolleiflex den TLR-Standard gesetzt, der von vielen Kameraherstellern kopiert, aber auch von F&H selbst immer weiterentwickelt wurde. Schon 1933 kam die günstigere Rolleicord als Alternative, um selbst mit der Rolleiflex an der technologischen Spitze zu bleiben, aber den Wettbewerbern nicht den günstigeren Massenmarkt komplett zu überlassen. Die Rolleiflex hatte ab der 2. Version (1932) ihren berühmten Schnellschalthebel (die "Kurbel", engl. "Crank") für gleichzeitigen Filmtransport und Verschlussaufzug und andere technische Neuerungen an Bord. Mit etwas Verzögerung fanden viele dieser Features auch ihren Weg in eine neue Rolleicord Version, die Kurbel blieb aber bis zum Schluss alleine der Rolleiflex vorbehalten.


Rolleicords wurden von 1933 bis 1977 gebaut. Sammler unterscheiden heute insgesamt 19 Modelle. Diese Version V (1954-1957) war tatsächlich Variante Nummer 14 und hatte als bestes Erkennungsmerkmal den großen Scharfstellknopf auf der rechten Kameraseite, frühere Versionen hatten einen kleineren Knopf, spätere den großen auf der linken Kameraseite. Ansonsten war sie sehr gut ausgestattet (siehe Tabelle unten) und alle nachfolgenden Modelle brachten nur noch kosmetische Änderungen oder Erleichterungen bei der Bedienung.

Mein Exemplar hatte nach Jahrzehnten der Nichtbenutzung leider durch (zu viel) verharztes Öl verklebte Verschlusslamellen. Der Verschluss ließ sich zwar spannen und auslösen. Die Lamellen zuckten dabei kurz, öffneten aber nicht mehr. Ich habe mich also kurzerhand daran gemacht, das wieder zu beheben. Dazu habe ich die Kamera soweit wie auf dem Bild links zu sehen zerlegt und mit ein paar Tröpfchen Waschbenzin, die man gleich danach wieder wegtupft, das überschüssige Fett entfernt. Dabei immer wieder bei allen möglichen Zeiten auslösen und die Prozedur wiederholen bis alles wieder wie gewünscht läuft. Neues Öl sollte man sich lieber sparen. Wer das nachmachen möchte: eine Anleitung gibt es hier

 Insgesamt wurden im Laufe der 44 Produktionsjahre mehr als 450,000 Rolleicord produziert. Natürlich ist sie auch millionenfach kopiert worden. Die erfolgreichste Kopie ist vermutlich die Seagul 4B-1, sie war 1987 meine erste Mittelformatkamera. 
Im Gegensatz zur Rolleiflex, die noch bis in die 2010er Jahre gebaut wird (immer noch??) und bei Profis und Sammlern Käufer findet, wird die Produktion der Rolleicord 1977 eingestellt. Ihre Zielgruppe, der Fotoamateur, hatte sich endgültig der Kleinbildkamera zugewandt.

Datenblatt TLR, zweiäugige Spiegelreflexkamera (6x6 cm auf Rollfilm 120)
Objektiv Schneider  Xenar 75 mm f/3.5 (Tessar-Typ 4 Linsen in 3 Gruppen, #4040280) , Sucherobjektiv Heidosmat 75 mm f/3.2 (#40014).
Verschluss Synchro-Compur MXV, B-1-2-4-8-15-30-60-125-250-500 (1/s), Verschluss muss separat vom Filmtransport gespannt werden. Es gibt eine Doppelbelichtungssperre, die per Hebel aufgehoben werden kann. (interne Seriennummer 1320328).
Belichtungsmessung keine, EVS-System, damit einfache Übertragung von einem Handbelichtungsmesser.
Fokussierung mit großem Stellrad auf der rechten Kameraseite, kürzeste Entfernung 90 cm
Sucher Spiegelreflex-Lichtschachtsucher mit Mattscheibe (aufrechtes, aber seitenverkehrtes Bild), ausklappbare Sucherlupe. Optional zum Durchsicht-Sportsucher umzubauen.
Blitz Anschluss über PC-Buchse, umschaltbar M und X.
Filmtransport Mit Drehrad auf der rechten Kameraseite, Transport arretiert nach einem Bildvorschub, Bildzählwerk.
sonst. Ausstattung Bajonette an beiden Objektiven für die Aufnahme von Filtern oder Sonnenblenden, Drahtauslöseranschluss, Stativgewinde 3/8‘‘, auswechselbarer Rückwand, Belichtungstabelle, Filmtyp Merkscheibe.
Maße, Gewicht 97x99x142 mm, 830 g
Baujahr(e) 1954-1957, circa 84.000 Exemplare. Seriennummernbereich 1500000-1583xxx.  Diese #1514235 (1954).
Kaufpreis, Wert heute ca. 350 DM (1954), 100-200€ je nach Zustand.
Links User manual, Rolleiclub, Camera-Wiki, Antiquecameras.net, Collectiblend, Reparaturanleitung

2021-09-02

Voigtländer Vitrona

Eingebaute Elektronenblitzgeräte sind heute eine Selbstverständlichkeit, aber seit wann ist das so? Ich bin über diese Frage bei meinen Recherchen zum Mittenkontakt gestolpert und habe natürlich eine Antwort mitgebracht. Diese Voigtländer Vitrona kam 1964 auf den Markt und war die erste und lange Zeit einzige Kamera mit eingebauter Elektronenblitzröhre. Diese Spitzfindigkeit muss sein, denn das ganze Blitzgerät passte nicht in das von der Voigtländer Vito C bekannte Gehäuse (selbst nicht unbedingt als klein zu bezeichnen!). Die Voigtländer Ingenieure spendierten der Kamera also einen recht voluminösen Bakelit-Handgriff, der die beiden Baby-Zellen, den Blitz-Elko sowie das meiste der Elektronik beherbergt. Auf der Oberseite der Kamera war lediglich noch die Blitzbereitschaftsleuchte untergebracht (und im darunter liegenden Sucher zu sehen). Das Ganze zusammen ist recht klobig (kommt auf den Fotos leider nicht so rüber) und und für eine ansonsten recht simple Kleinbildkamera mit über einem Kilogramm auch sehr schwer (Kamera: 648 g, Griff: 250 g, Batterien: 129 g, Film: ca. 20 g).


Zeichnung aus dem angemeldeten
Gebrauchsmuster DE1879041 vom
5. Januar 1963
Dass keiner der Konkurrenten auf den Zug mit dem eingebauten Blitz aufgesprungen ist, lag vermutlich an zwei Dingen: Zum einen hat Voigtländer ein Gebrauchsmuster beim deutschen und anderen Patentämtern angemeldet (DE1879041 vom 05.01.1963), das die Kamera und das Prinzip mit dem Handgriff relativ genau beschreibt. Man hat sogar nur ein paar Wochen später noch ein erweitertes Gebrauchsmuster (DE1952294) angemeldet, das zusätzlich eine dann nie realisierte (noch klobigere) Kamera mit eingebauten Blitz, Messsucher und Belichtungsmesser beschreibt. So ein Gebrauchsmuster darf nicht mit einem richtigen Technologiepatent auf eine Stufe gestellt werden, bietet aber dennoch einen gewissen Schutz vor Nachahmern. 
Der eigentliche Grund, warum es keiner nachgemacht hat, wird klar, wenn man die Kamera mit angeschraubtem Handgriff in der Hand hält und damit fotografiert: Es macht einfach keinen Sinn! Wenn man schon etwas so voluminöses wie den Handgriff an die Kamera schrauben oder stecken muss, um zu blitzen, warum dann nicht gleich ein ganzes Blitzgerät? Solcherlei kompakte Geräte kamen damals reihenweise von spezialisierten Blitzgeräteherstellern auf den Markt (z.B. Loewe OptatronMetz Mecablitz 116, Braun F 26, und andere) und waren nicht viel größer oder sogar kleiner als unser Handgriff. Außerdem war die Vitrona mit 285 DM bzw. 115 US$ eine sehr teure Kamera. Eine US Preisliste von 1965 erlaubt den Vergleich: Eine einfache Vitoret steht dort mit $34.95 (S. 29), dazu z.B. der Metz Mecablitz 116 für $39.95 (S. 51/52) oder der besonders kompakte MB 117 für $59.95. Beide Kombinationen sind deutlich günstiger als die Vitrona (S.29) und man könnte sich ggf. sogar eine bessere Kamera z.B. mit Messsucher oder Belichtungsmesser leisten. 

Natürlich hatte die Vitrona gegenüber der einfachen Vitoret die Blitzautomatik voraus. Dies ist eine rein mechanische Kopplung der Blende mit dem Entfernungsring und erspart das lästige Umrechnen per Leitzahl und das Übertragen an den Blendenring. Das ist schon sehr praktisch, rechtfertigt es aber tatsächlich den Mehrpreis? Der Markterfolg blieb also mehr oder weniger aus, angeblich wurden nur 22.600 Exemplare produziert und verkauft, nicht gerade viel für die Zeit und die fast vier Jahre, die sie angeboten wurde. Nachahmer konnte ich auch für die folgenden Jahre nicht finden. 
1975 die einzige (siehe Text!) und die
erste KB-Kamera, die alles nötige zum Blitzen
im kompakten Gehäuse unterbringt. 

Es sollte ca. 10 Jahre dauern, bis die Technologie soweit war (Miniaturisierung) und sich wieder ein Kamerahersteller an den eingebauten Elektronenblitz herantraute.  Bei den Kleinbildkameras war es die Konica C35 EF ("Pikkari"), die im selben kompakten Plastikgehäuse daherkam wie ihre spätere berühmte Schwester Konica C35 AF und alle nötigen Batterien und Blitzelektronik darin unterbrachte. Endlich! Ggf. war die Vivitar 602 Pocket-Kamera (110er) sogar noch etwas früher dran, weitere möglicherweise frühere konnte ich trotz längerer Suche nicht finden. Welche anderen Kameras dann alle folgten, habe ich nicht mehr konsequent recherchiert. Spätestens in den 1980ern gehörte der eingebaute Blitz dann zum Standard kompakter Point-and-Shoot Kameras.
Mein aufmerksamer Leser Jörg hat mich auf die Fujica ST-F von 1979 hingewiesen, eine frühe Bridgekamera. Die erste richtige KB-SLR mit eingebautem Blitz war (auch nach Jörg) die Pentax SFX von 1987, bald gefolgt von einigen anderen vollautomatischen SLR-Knippsen.

Um Missverständnissen vorzubeugen: In Kameras eingebaute Blitzgeräte (sprich Kondensator-Blitze mit Blitzbirn(ch)en) gab es schon länger und einige. Auch Voigtländer hatte mit der Vitoret F (1963) eine solche parallel zur Vitrona im Programm.  Die erste war wohl die Spartus bzw. Falcon Press Flash von 1939. Zu erwähnen ist auch die Philips Boxflash (1950), die vom Glühbirnenhersteller Philips nur gebaut wurde, um den Absatz von Blitzbirnen anzukurbeln. Auch ich habe schon schon länger solche Kameras in meiner Sammlung: Polaroid J33, Agfa Iso-flash Rapid, Kodak Instamatic 100. Natürlich durfte man bei diesen nicht vergessen, Blitzbirnchen mitzunehmen...

Mein Vitrona Exemplar habe ich getrennt als Kamera und Handgriff gekauft, wobei dieser seltener zu finden und auch teurer war. Die Kamera selbst ist in sehr gutem Zustand, kaum Gebrauchspuren, nur der Sucher ist nicht mehr so ganz klar, wie er wohl mal war. Der Handgriff hatte mehr abbekommen und natürlich hatte ich ein Fünkchen Hoffnung, dass nach der "Wiedervereinigung" zumindest die Bereitschaftslampe glimmen würde. Aber leider wurde diese nicht erfüllt, lediglich das für Elektronenblitze charakteristische in der Frequenz ansteigende Ladungssummen war leise zu hören, immerhin. Das Hauptproblem alter Blitzelektronik ist der Elektrolyt-Kondensator (im Bild der große silberne Zylinder), der bei langer Nichtbenutzung seine chemische Struktur verändert und umbrauchbar wird. Bei alten Röhrenradios kennt man dieses Problem auch und in entsprechenden Bastlerforen gibt es Anleitungen wie man alte Elko's neu "formiert". Allerdings ist das Hochspannungs-Elektronik und nicht ganz ungefährlich. Ich habe die Elektronik aus reiner Neugier also mal freigelegt, wie das Bild beweist, aber dann wieder ohne weitere Aktionen zurück in den Handgriff gefummelt. Jetzt muss ich nur noch einen Weg finden, wie ich das gute Stück mit dem Handgriff in die Vitrine stelle, ohne Stütze geht das leider nicht. 

Datenblatt Erste Kamera mit eingebautem Elektronenblitz
Objektiv Color-Lanthar 50 mm f/2.8 (Triplet), fest eingebaut.
Verschluss Prontor 250-V (B-30-60-125-250, bzw. -300)
Belichtungsmessung keine
Fokussierung manuell per Frontlinsenverstellung, kürzeste Entfernung 1 m, spezielle Markierungen für Zonen-Fokus.
Sucher großer optischer Sucher mit Rahmen und Paralaxen-Markierungen. Warn-Fähnchen, falls bei Blitzaufnahmen Entfernung auf unendlich.
Blitz Eingebaute Elektronenblitzröhre und Bereitschaftslämpchen. Elektronik, Batterie und Elko befinden sich im absetzbaren Bakelit-Handgriff. Automatische Einstellung der richtigen Blende (nach Entfernung) zum Blitzen. Dafür Filmempfindlichkeits-Einstellung von 15-27 DIN, Leitzahl ca. 16 (bei ISO 100/21).  
Filmtransport Schnellschalthebel, Bildzählwerk (rückwärts), Rückspulknopf (versenkbar). 
sonst. Ausstattung Filmtyp-Merkscheibe auf Rückspulknopf, Drahtauslöser-Gewinde, Stativgewinde 1/4‘‘, Zubehörschuh 
Maße, Gewicht ca. 130 x 99 x 74 mm, 648 g (nur Kamera), 1027 g (inkl. Handgriff und Batterien)
Batterie 2 x 1.5V Baby-Zelle (Alkali, Typ C) oder entsprechende NiCd Akkus. Ladegerät Bosch SE 205 kann über speziellen Adapter an den Handgriff angeschlossen werden. 
Baujahr(e) 1964-1967, 22.600 Exemplare
Kaufpreis, Wert heute 285 DM (1964), bzw. 115 US$ (1965). Wert heute ca. 30 € für die Kamera alleine, ca. 100 € für Kamera mit Handgriff, ab 300€ für ein Exemplar mit funktionsfähigem Blitz.
Links Camera-Wiki, Camera manual (engl.)All about Flash (Nov. 1960)Hans W. Leckscheidt‘s „Geschichte der Blitzlichtfotografie“, Pagesperso-orangeEmtus.chvito fulmi (Prototyp Einzelstück)



2021-08-16

Die Geschichte des heißen Schuhs

Der erste „hot shoe“, hier an meiner Universal Mercury II 

„Cold Shoe“ an meiner Leica III
Was im englischen kurz „hot shoe“ genannt wird, heißt in der deutschen Langversion „Zubehörschuh mit Mittenkontakt“ (für Blitzsynchronisation). Seine Geschichte beginnt natürlich als einfacher Zubehörschuh, später rückblickend  als „cold-shoe“ bezeichnet, gegen 1913 in der Werkstatt von Oskar Barnack bei Leitz in Wetzlar. In den 1920er und 1930er Jahren fand er schnell Verbreitung und wurde von den meisten Kameraherstellern verwendet. Gedacht war er anfangs nicht für Blitzgeräte, sondern für Aufstecksucher oder -Entfernungsmesser. Später kamen auch noch Belichtungsmesser dazu. 
Blitzbirnen wurden erst 1925 erfunden und es dauerte bis in die Mitte der 1930er, dass sich praktikable und einigermaßen erschwingliche Lösungen (sprich: integrierte Blitzgeräte) durchsetzen. Zunächst wurden ein paar Verrenkungen unternommen, um Blitz und Auslösung zu synchronisieren, meist löste dabei der Blitz die Kamera aus. Da Blitzbirnen elektrisch gezündet werden, lag es nahe, den Schalter dafür in die Kamera (bzw. genauer: in den Verschluss) zu verlegen, und das Blitzgerät wurde per Kabel angeschlossen. Auch dazu gab es verschiedene Stecker, aber recht zügig setzte sich die bis heute übliche 3mm-Buchse, auch PC-socket („Prontor-Compur“ Buchse) dafür durch. Sie wurde mit den entsprechenden „Synchro“-Zentralverschlussvarianten ca.1935 eingeführt.
Auf die Idee ein Aufsteck-Blitzgerät direkt ohne Kabel über einen entsprechend modifizierten Zubehörschuh anzuschließen kam als erste die amerikanische Firma Universal, die 1938 ihre Mercury mit diesem Feature vorstellte. Ein Bild vom gesamten Ensemble mit Blitz gibt es auf der Camera-Wiki Seite. Aber bis auf ihre Nachkriegsschwester Mercury II (1946) und der Argus 21 (1947, und deren Nachfolger C4 und C44) gab es so gut wie keine Nachahmer. Die erste europäische Kamera mit einem hot-shoe war die Bell&Howell Foton (1948). Die gesamte deutsche und damals (trotz verlorenem Krieg) noch führende Kameraindustrie ignorierte das Feature erstmal. Polaroid brachte es 1954 mit ihrer sehr erfolgreichen Highlander, aber erst ab Ende der 1950er Jahre mit dem Aufkommen von Elektrik und Elektronik in den Kameras kam Fahrt in die Sache.
Typischer „Hot Shoe“
(Olympus 35 SP)
Nach meinen Recherchen ging es in Deutschland 1959 mit der Braun Paxette Electromatic los, eine Kamera, die als vollautomatische KB-Kamera beworben wurde und der daher auch der kabellose Blitzanschluss nicht fehlen sollte. Damit war das Marktsegment für dieses „neue“ Feature gesetzt: Hochwertige, mehr oder weniger vollautomatische Kleinbild-Sucherkameras. Zu dem weiteren gehörten: Agfa Optima Ia (1962), Kodak Retinette Ib (Typ 045, 1963), Voigtländer Vitomatic IIb (1964). Dazu gab es einfache Aufsteck-Blitzgeräte wie das Agfa IsI M für Blitzbirnchen. Ab Mitte der 1960er Jahre kamen fast alle neuen Sucherkameras mit Zubehörschuh und Mittenkontakt, auch und gerade die einfachen bzw. auch welche für Rollfilm, Rapid- oder 126er Kassette (z.B. Agfa Isomat Rapid oder Kodak Instamatic 500, beide von 1965).

Die japanischen Kamerahersteller versuchten es zunächst mit proprietären hot-shoes, los ging es schon 1951 mit der Nikon S (auch alle späteren Nikon RF hatten diesen Schuh mit zwei länglichen Kontakten). Der Schuh der Konica IIIm von1959 sah schon eher wie der Standard-Schuh aus, war aber ebenfalls nicht kompatibel mit den meisten Blitzgeräten. Den heute gebräuchlichen hot-shoe spendierten die japanischen Produzenten erst ab 1965 nach und nach ihren Kameras. Minolta startete 1965 mit der Electro Shot, Olympus stellte seine PEN-Serie sukzessive ab 1967 um, Canonet‘s gab es ab 1969 mit Mittenkontakt. Seltsamerweise war der Elektronik-Pionier Yashica bei den letzten, hier gab es einen Mittenkontakt erst ab 1973 für die erfolgreiche Electro 35 Serie.

Praktica LLC (1969)
Auch das Spiegelreflexkamera-Segment, sonst oft Vorreiter technischer Innovationen, ließ sich bis auf eine Ausnahme Zeit. Diese heißt Nikon F und hatte schon 1959 einen speziellen Zubehörschuh mit Blitzkontakt, allerdings wegen der Wechselsucher um die Rückspulkurbel herum und komplett inkompatibel mit Nikon-fremden Zubehör. Die erste SLR, die ich mit dem standard hot-shoe finden konnte, ist die Kodak Retina Reflex IV von 1964, Nummer zwei die Rollei SL26 (1968), beide aus deutscher Produktion und beide kein typischer Vertreter der Mainstream SLR. Die kamen erst ab Ende 1968, die erste war der Elektronik-Pionier Yashica TL Electro-X, danach habe ich die Praktica LLC (1969). Dann folgten ab ca. 1971 die neuen Kameras mit elektronischem Verschluss  (Pentax ES, Nikkormat EL, etc.). Ab spätestens 1973 findet man den hot shoe an fast jeder SLR, seien es neue Modelle oder Neuauflagen alter Bestseller wie z.B. Nikkormat FT2 (eine FT-N mit hot shoe) bzw. Minolta SR-T 303

Canon AE-1 (1976)
Ab Mitte der 1970er Jahre, getriggert durch die nun preiswert verfügbaren Elektronenblitzgeräte, kommt nach fast 40 Jahren neue Innovation in den hot shoe (er wird quasi noch heißer…). Mit der ersten Massen-SLR AE-1 führt Canon 1976 zwei zusätzliche proprietäre Kontakte neben dem genormten Mittenkontakt ein, die eine Blitzbereitschaftsanzeige im Sucher und die automatische Umschaltung auf die Blitzsynchronzeit erlauben. Fast alle anderen SLR-Hersteller machen das nach, natürlich nicht kompatibel zu einander. Der kleinste gemeinsame Nenner bleibt nur der dicke Kontakt in der Mitte. Zusätzliche Kontakte erlauben dann auch die TTL-Blitzsteuerung (erstmalig mit der Olympus OM-2, 1978). 

Moderne DSLR Kameras haben bis zu fünf zusätzliche Kontakte, Minolta führte 1988 sogar einen gänzlich neuen Hot-shoe ein, der überhaupt nicht mehr kompatibel war. Natürlich gab und gibt es Adapter, insbesondere ist der SCA („System Camera Adapter“) von Metz und 6 anderen Europäischen Blitzhersteller zu nennen. 

Damit ist meine kurze Geschichte des „heißen Schuhs“ erst mal zu Ende. Ich habe schon länger vergeblich nach etwas entsprechendem im Netz gesucht, musste es daher selbst machen. Alles ist natürlich sorgfältig recherchiert, Gewähr möchte ich für die Infos dennoch nicht übernehmen. Daher die Bitte: Wem hier ein Fehler auffällt, bzw. etwas zu ergänzen hat, bitte hier unter per Kommentar melden oder mir eine email schreiben (Knippsen (at) iCloud (dot) com).


2021-08-01

Adox Golf 63


Diese Kamera bekam ich aus einer Haushaltsauflösung geschenkt und ich muss zugeben, dass ich sie sonst wohl kaum beachtet hätte. Von der Fotomarke Adox hatte ich schon mal gehört und ich konnte die Kamera auch zeitlich richtig ans Ende der 1950er Jahre einordnen, besitze ich doch mit der Agfa Isolette II eine direkte Konkurrentin. Aber so bin ich gezwungen gewesen, mich mit der Geschichte von Adox und der "Golf" zu beschäftigen. Als Bewohner des Rhein-Main-Gebietes ist es für mich sogar fast Lokalgeschichte, denn diese spielt in Frankfurt und der näheren Umgebung und nicht wie sonst in Dresden, München oder Stuttgart. Ich habe also einiges Interessantes gelernt.


Bei den Recherchen zur Kamera selbst bin ich relativ schnell auf Michael Spenglers exzellente Adox Golf Seite gestoßen. Dem gibt es wohl nichts hinzuzufügen und ich will es hier auch nicht wiederholen. Mein Exemplar ist die späte Basisversion der Golf 63 (Typ 2c), mit der Seriennummer 489619 des Adoxar gehört sie fast ganz ans Ende der Produktion, die wohl 1959 bei knapp über Seriennummer 500000 endete. 

Was Michael Spengler allerdings nicht gemacht hat, ist "die Golf" in den damaligen Marktkontext einzuordnen. Ihre größte Konkurrentin (mit fast identischen Merkmalen und Dimensionen) hieß Agfa Isolette II. Die Isolette hatte diese Kameraklasse der relativ kompakten Faltbalgen-6x6-Rollfilmkameras einst in der Mitte der 1930er Jahre begründet und spätestens nach dem Krieg viele Nachahmer gefunden. So wie die Adox Golf wurden die allermeisten im Jahrzehnt zwischen 1950 und 1959 produziert und verkauft. Hier mal eine schnelle Liste ähnlicher Kameras (ohne Anspruch auf Vollständigkeit): Dacora 120, Balda Baldix, Franka Solida, Zeiss Ikon Nettar II (517/16 bzw. 518/16), Voigtländer Perkeo 6x6.  Sie waren Kameras für's Wirtschaftswunder-Volk, preislich über den einfachen Boxkameras, dafür lieferten sie aber mit den meist dreilinsigen Objektiven und präziseren Zentralverschlüssen deutlich bessere Bildqualität. Im Vergleich zur Kleinbildkamera konnte man sich eine 6x6 cm Kontaktkopie notfalls auch so anschauen, Photo Porst lieferte 1956 sogar 9x9 cm Vergrößerungen zum selben Preis. Und wie bei der Adox Golf gab es stets verschieden lichtstarke Objektive und schnelle Verschlüsse zur Auswahl, Topmodelle hatten eingebaute Entfernungsmesser. Das alles natürlich zum entsprechenden Aufpreis. Adox hat (so wie Agfa auch) Kameras hauptsächlich gebaut, um den eigenen Filmabsatz anzukurbeln, daher wurden eher einfache Kameras gebaut und die Produktion der Kameras auf geringe Kosten getrimmt. 
Die Adox Golf 63 neben ihrer wichtigsten Konkurrentin Agfa Isolette II.
 
Mit viel Interesse habe ich mich auch in die Geschichte der Firma und Marke ADOX vertieft. Hier die Kurzform, meine Quellen habe ich unten in der Tabelle verlinkt. Alles beginnt mit dem Chemiker Carl Schleussner (1830-1899), der nach Promotion und Heirat die Siegellackfabrik seines Schwiegervaters im Frankfurter Bahnhofsviertel übernimmt und dort sich ab 1860 auf Fotochemie spezialisiert. Angeblich die erste fotochemische Fabrik der Welt. Als eines der ersten Unternehmen wurden ab 1881 Trockenplatten angeboten. Ab 1892 übernahmen seine Söhne, insbesondere der ebenfalls zum Chemiker ausgebildete und promovierte Carl Moritz (1868-1943) kooperierte mit Wilhelm Röntgen und produzierte als einer der ersten ab 1896 Röntgenfilme. Die Firma expandierte und wurde in eine Aktiengesellschaft umgewandelt, von der die Kurzform ADOX (Aktiengesellschaft DOktor C. Schleussner) abegeleitet wurde. Ab 1920 übernahm die dritte Generation. Carl Adolf Schleussner (1895-1959) verlegte die Produktionsstätten aus Frankfurt ins neu errichtete Werk in Neu-Isenburg und etabliert eine Celluloidfilm-Produktion in Wiesbaden-Biebrich. Ab 1938 übernimmt ADOX die Kameraproduktion von Wirgin in Wiesbaden, deren jüdische Eigentümer vor den Nazis nach USA fliehen mussten. Nach dem Krieg wird der Kauf rück-abgewickelt, Adox verlegt die eigene Kameraproduktion ins Werk in Biebrich, wo dann die Golf produziert wird. Wirgin produziert im Lohn für Adox die Polo KB-Kameraserie. Nach dem Unfalltod von Carl Adolf 1959 zieht sich die Familie Schleussner aus dem Fotogeschäft zurück und verkauft 1962 das Werk in Neu-Isenburg und das daran hängende Geschäft an den Chemiegiganten Dupont. Der behält mittelfristig nur das Medizinproduktegeschäft und verkauft Röntgenfilme unter der Marke ADOX. Die übrigen Fotofilm-Maschinen werden 1973 an Fotokemia im damaligen Jugoslawien verkauft, der die alten ADOX-Rezepturen als Efke-Film auf den Markt bringt und bis in die 1990er Jahre verkauft. Dupont veräußert sein Röntgengeschäft 1999 mit der Marke ADOX an seinen Konkurrenten Agfa-Gevaert in Belgien, der die Marke allerdings nicht weiterverwendet und 2003 fallen lässt (DuPont selbst verwendet die Marke immer noch für die Chemikalie Natriumchlorit). Das Berliner Analog-Foto-Start-up Fotoimpex sichert sich die Markenrechte für Fotoprodukte in 2003 und baut seitdem das Portfolio an ADOX Filmen und Fotochemikalien immer weiter aus. Basis sind alte Adox und Agfa Rezepturen. Tolle Geschichte mit Happy End.


Datenblatt Einfache 6x6 cm Faltbalgenkamera für 120er Rollfilm
Objektiv Adoxar 75mm f/6.3 (Dreilinser, Hersteller: Will, Wetzlar). Am Ende der Baureihe auch mit Adoxar f/4.5 erhältlich. Die frühen Golfmodelle I, II und IV, sowie die entsprechenden Mess-Golf hatten ein Steinheil Cassar f/4.5 oder f/3.5 (Vierlinser, Tessar-Typ)
Verschluss Gauthier Vario (B-25-50-200), separat vom Filmvorschub zu spannen. Auch erhältlich mit dem Pronto (B-25-50-100-200) oder Prontor-S (B-1-2-5-10-25-50-100-300, mit Selbstauslöser)
Fokussierung manuell per Frontlinsenverstellung, kürzeste Entfernung: 1 m
Sucher einfacher optischer Newton-Sucher
Blitz per Synchronbuchse am Verschluss
Filmtransport per Drehknopf und rotem Filmfenster in der Rückwand, Doppelbelichtungssperre am Gehäuseauslöser
sonst. Ausstattung Zubehörschuh für Blitz oder Entfernungsmesser, ISO-Gewinde für Drahtauslöser, Stativgewinde ¼''. Modelle mit Prontor-S: Selbstauslöser. Mess-Golf: eingebauter, ungekoppelter Entfernungsmesser
Maße, Gewicht ca. 138 x 92 x 40 mm, 474 g 
Baujahr(e) Modelle I, II, IV: 1952-1954, ca. 50.000 Exemplare, davon ca. 20.000 "Mess-Golf"
Modelle 63, 63S und 45S: 1954-1959, ca. 362.000 Exemplare. Dieses #489619 zum Ende der Bauzeit.
Kaufpreis, Wert heute Modell 63 (1954): 49,75 DM, Spitzenmodell Mess-Golf IV: 169,-- DM
Wert heute je nach Zustand und Modell: 5-30 €
Links Die Adox Golf (M. Spengler)Bleckedermoor.de, Bedienungsanleitung, Adox Geschichte, Schleussner Biographie, Sabine Hock's biografischer ArtikelWikipedia (engl.), Camera-wiki (Golf), Camera-Wiki (Adox)

2021-07-04

Ernemann Bobette I

Je länger ich mich mit der Geschichte kleiner und kompakter Kameras beschäftige, desto mehr frühe und später in Vergessenheit geratene Modelle tauchen auf. Und so bin ich besonders glücklich, auch diese Ernemann Bobette in meiner Sammlung begrüßen zu dürfen. Auch wenn die 1925 erschienene Leica im Rückblick oft als Beginn der Kleinbildfotografie verklärt und als Geniestreich bezeichnet wird,  ist dies nicht richtig. Spätestens seit der Vest Pocket Kodak und dem dazugehörigen Rollfilm 127 von 1912 war klar, dass es einen Markt für Westen- oder Jackentaschen-taugliche Kleinbildkameras gab, mögen die Bildresultate doch erstmal nicht Studiokameraqualität erreicht haben.

Die Firma Ernemann in Dresden war Anfang des 20. Jahrhunderts einer der führenden (noch von Zeiss unabhängigen) Kamerahersteller in Deutschland und beschäftigte sich auch mit bewegtem Film und Kino-Projektion. Sie hatten also alles im Haus, um fast zeitgleich zur Leica zwei eigene Kleinbildkameras für den 35 mm Film rauszubringen. Die erste war 1924 die Miniaturbox Unette und ab 1925 kam dann die Bobette, die ganz in der Tradition der Vest Pocket Kodak stand, wie man unschwer sieht. Beide Ernemann Kameras verwendeten einen proprietären 35 mm breiten Rollfilm mit Rückseitenpapier, der 24 Bilder lieferte. Bei  der allerersten Version der Bobette I war das Filmfenster noch 18x24 mm groß (das übliche Kinoformat, wohl sehr selten), was aber zügig auf 22x33 mm erweitert wurde, da der Film ja keine Perforation hatte und der Platz auf dem Film bestmöglich ausgenutzt werden wollte.
Wer diesen Film am Anfang für Ernemann produziert hat, oder ob sie gar selbst die Konfektionierung von entsprechenden 35mm Streifen vorgenommen haben, konnte ich nicht herausfinden. Ein heißer Kandidat wäre das Goerz Photochemische Werk in Berlin, welches 1926 genauso wie Ernemann selbst in der neu gegründeten Zeiss Ikon aufging. Zeiss Ikon jedenfalls hat den entsprechenden Rollfilm bis mindestens Mitte der 1930er Jahre unter eigenem Namen produziert. Chris Sherlock besitzt einen solchen Film und stellt ihn auf seiner tollen Web-Site aus. Auch die leere Spule in meiner Kamera ziert der Schriftzug Zeiss Ikon Film.

Neben der Spreizenkonstruktion der Bobette I gab es eine Version als Laufbodenkamera, die Ernemann als Bobette II vermarktet hat. Beide Konstruktionen haben es geschafft, als Modelle 548 und 549 ins Zeiss Ikon Programm übernommen zu werden, wo sie vermutlich bis 1929 blieben. 
Meine Kamera ist - wie man an den Fotos sieht - sehr gut erhalten. Wenn es noch Film gäbe, könnte man noch damit fotografieren. Mit nur 332 g liegt sie leicht in der Hand, fühlt sich allerdings wie eine mit Leder bezogene Blechbüchse an, was sie auch ist. Der Auslöser liegt etwas versteckt unter dem Frontblech, was wirksam Fehlbelichtungen verhindert, wenn die Kamera zusammengefaltet in der Tasche steckt. Mein Exemplar trägt die Seriennummer L97324, was ohne Kenntnis entsprechender Hintergrundinfos erstmal keine weiteren Schlüsse bezüglich möglicher Produktionsmenge zulässt. Ich schätze aber, dass es vielleicht ein paar Tausend waren. Zeiss Ikon brachte mit der (dem?) Kolbri (1930) und der Baby-Ikonta (1931) dann 3x4 Kleinbildkameras für den 127er Rollfilm, um schließlich mit der Contax (1932, Contax II: 1936) endgültig Leica anzugreifen. Auch andere schicke Kleinbildkameras wie die Tenax I (1939) sollten auch nicht unerwähnt bleiben. Den Namen Ernemann verbinden Foto-Interessierte meist mit der berühmten Ermanox, die zur selben Zeit wie die Bobette auf dem Markt war, für die ich als Sammler aber leider nicht genügend Kleingeld habe...

Datenblatt Frühe Kleinbildkamera für 35mm Rollfilm
Objektiv Ernemann-Anastigmat "ERNOPLAST" 5cm f/4.5 (Tessar-Typ). Kamera war auch mit dem Ernemann Erid 4 cm f/8 Fix-Fokus erhältlich.
Verschluss Selbst spannender Automatik-Verschluss mit Z-100-50-25 (1/s)
Fokussierung Frontlinsenverstellung, Naheinstellgrenze 0,7 m.
Sucher Ausklappbarer Rahmensucher
Filmtransport mittels Drehschlüssel und rotes Filmfenster für bedrucktes Rückseitenpapier.
sonst. Ausstattung Ausklappständer, Drahtauslösergewinde, Stativgewinde 3/8''.
Maße, Gewicht ca. 65x110x45 mm (zusammengeklappt), 332g.
Baujahr(e) 1926, danach als Zeiss Ikon Bobette (549) bis ca. 1929
Kaufpreis, Wert heute ?, heute ca. 100-300 €
Links Camera-wiki, Collectiblend, Wikipedia, IFM-Wolfen