Meine bisherige Kollektion von DKL-Kameras und Objektiven |
Die westdeutsche Kameraindustrie setzte seit dem Erscheinen der Contaflex im Jahr 1953 auch für Spiegelreflexkameras auf den lange bewährten Zentralverschluss, auch wenn das technisch nicht die naheliegende Lösung war. Die Firma Deckel in München hatte allerdings mit ihrem neuen Reflex-Compur Verschluss ein technisches Meisterwerk am Markt, das die Schwierigkeit mit dem komplexen Verschlussablauf scheinbar mühelos meisterte. Die Contaflex hatte noch ein fest eingebautes Tessar (für das es sog. Satzobjektive als Aufsatz gab), aber der Trend ging klar zu Wechselobjektiven. Deckel bot seinen Kamerahersteller-Kunden daher auch das an und konnte Verschluss plus Bajonett-System inklusive einer sehr praxistauglichen Lichtwert/Blendensteuerung sogar am Ende an einige Hersteller verkaufen. Als erstes kam 1956 die Voigtländer Vitessa T mit dem (später) DKL genannten Bajonett auf den Markt, die Braun Colorette Super II (B)L folgte kurz darauf. Beides sind Messsucherkameras und verwenden exakt dieselbe Bajonett-Variante.
Ab 1958 folgten dann relativ schnell hintereinander die Kodak Retina IIIS (Messsucher), Kodak Retina Reflex S, Voigtländer Bessamatic und Braun Paxette Reflex Automatic. Alle 3 Spiegelreflexkameras hatten ein nahezu identisches Featureset, kein Wunder, wenn die entscheidende Technik im zugekauften Compur Verschluss plus DKL-Bajonett sitzt. Der eingebaute Selenbelichtungsmesser wurde (jeweils etwas anders) mit dem Lichtwert-System des Verschlusses gekoppelt. Dazu wurde allerdings von Deckel eine (im Vergleich zur ersten Version) entscheidende Änderung vorgenommen:
Der Blendenring war ab den neuen Modellen Bestandteil der jeweiligen Kamera und nicht mehr des Objektivs. Fast alles andere am Bajonett blieb gleich, Auflagemaß (44.7 mm), Verriegelung, sonstige Maße und Anordnung der Bajonett-Zungen. Aber auch nur fast! Deckel verkaufte jedem der Kamerahersteller seine eigene Version, in dem es kameraseitig zusätzliche "Nasen" einfügte, die natürlich objektivseitig entsprechende Aussparungen erforderlich machten. Und so existieren heute 7 untereinander inkompatible Varianten dieses von irgendwem mal "Einheitsbajonett" genannten Objektivanschlusses. Die ursprüngliche Variante (ohne Nasen) nimmt tatsächlich alle jemals gebauten DKL-Objektive auf. Richtig verwenden kann man allerdings nur die tatsächlich dafür gedachten, weil den späteren Objektiven ja der eigene Blendenring fehlt.
6 der insgesamt 7 Varianten des DKL-Bajonettes mit hervorgehobenen Nasen. Fehlt: Baldamatic III
Alle anderen Kameras brauchen wegen der Nasen ihre jeweils eigenen Objektive. Wenn man feinmechanisch geschickt ist und entsprechendes Werkzeug besitzt, kann man aber Kompatibilität ohne Einschränkungen herstellen. Am einfachsten ist es, die Nasen kameraseitig wegzufeilen/fräsen. Dann kann man jedes der Objektive ansetzen. Man kann natürlich auch die Objektive entsprechend modifizieren, am Ende ist das aber eher mehr Aufwand.
Wer sich das Ganze mit den untereinander inkompatiblen, aber ansonsten identischen Bajonetten ausgedacht hat, bleibt im Nachhinein unklar. War es die Firma Deckel, die jedem der Kamerahersteller ihr eigenes Angebot machen wollte? Oder waren es eher die Kamerafirmen selbst, die sich eine gewisse Marge aus dem Sekundärgeschäft mit den Objektiven sichern wollten?
Wenn man etwas in der Historie der Firma Deckel gräbt, und auch andere Quellen hinzuzieht (siehe Links unten), dann kommt für mich eigentlich nur folgender Grund in Frage: Voigtländer ist der einzige der beteiligten Kamerahersteller, der auch eine eigene Objektivproduktion hatte. Sie hatten also ein begründetes Interesse, dass keine Fremdobjektive zu den Kameras nachgekauft wurden. Jetzt muss man wissen, dass Voigtländer 1956 von Carl Zeiss übernommen wurde. Zeiss wiederum war schon seit Jahrzehnten (unter anderen) Gesellschafter der Firma Deckel und besaß sogar das zentrale Compur Patent. Wenn ein Großer (in diesem Fall Zeiss) das Geschehen kontrolliert, kommt halt sowas raus...
Für die Voigtländer Kameras Bessamatic und die spätere Ultramatic gab es also nur original Voigtländer-Objektive, rechnet man das im Lohn bei Kilfit gefertigten Zoomar dazu. Ansonsten war Schneider-Kreuznach der Hersteller mit den meisten Objektiven und man fertigte für alle Varianten (bis auf Voigtländer und die Iloca Electric). Rodenstock und Steinheil sind noch gut vertreten, ENNA und Staeble fertigten nur für die Braun Paxette Reflex automatic. Die meisten Objektive gab es wohl mit der Retina-Bajonettvariante, einfach weil Kodak sowohl mit den Reflex- als auch den Messsucher-Kameras die meisten Modelle auf dem Markt hatte. Allerdings muss man erwähnen, dass nicht alle Retina-DKL-Objektive die für die Messsucherkameras benötigte Steuerkurve hatten.
Datenblatt | DKL-Bajonett (Fr. Deckel GmbH, München) |
Bajonett-Parameter | Auflagemaß: 44.7 mm, maximaler Verschluss-Durchmesser: 22.5 mm, Innendurchmesser Blendenring an Kamera: 47mm |
Bajonett-Variante, Kamera
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angebotene Objektive (fett: häufigstes Standard-Objektiv, rot: in meiner Sammlung)
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Voigtländer Vitessa-T, Braun Super Colorette 2(B)L | Voigtländer: Skoparet 3,4/35, Color-Skopar 2,8/50, Dynaret 4,8/100, Super Dynaret 4/135. Steinheil: Culmigon 4,5/35, Culminar 2,8/50, Cassarit 2,8/50. Rodenstock: Eurygon 4/35, Ysarex 2,8/50, Rotelar 4/85 und 4/135. Schneider: Radiogon 4/35, Xenar 2,8/50, Tele-Arton 4/85 |
Voigtländer Bessamatic, Ultramatic, Ultramatic CS | Voigtländer: Skoparex 3.4/35mm, Skopagon 2/40mm, Color-Skopar X 2.8/50, Color-Lanthar 2.8 /50, Septon 2/50, Dynarex 3.4/90 und 4.8/100, Super-Dynarex 4/135, 4/200mm und 5.6/350, Zoomar 2.8/36-82mm. |
Kodak Retina Reflex S, III, IV, Instamatic, Retina IIIS | Rodenstock: Eurygon 2,8/30 und 4/35, Heligon 1,9/50, Ysarex 2,8/50, Rotelar R 4/85 und 4/135.Schneider: Curtagon 4/28 und 2,8/35, Xenon 1,9/50, Xenar 2,8/45 (Instamatic), Xenar 2,8/50, Tele-Arton 4/85, Tele-Xenar 4/135 und 4,8/200. Steinheil: Culminar 2,8/50. |
Braun Paxette Reflex automatic | Schneider: Xenar 2,8/50; Staeble/ENNA: Ultralit 2,8/50; ENNA: Lithagon 3,5/35, Steinheil: Culmigon 4,5/35, Quinon 1,9/50; Rodenstock: Rotelar R 4/135 |
Edixa Electronica | Schneider: Curtagon 4/28, Curtagon 2,8/35, Xenon 1,9/50, Xenar 2,8/50, Tele-Xenar 4/135. Steinheil: Culminar 2,8/50, Quinon 1,9/50. |
Witt Iloca Electric, | Rodenstock: Eurygon 4/35, Iloca-Heligon 1,9/50, Ysarex 2,8/50, Rotelar 4/135. Steinheil: Culmigon 4.5/35, Quinon 1.9/50, Culminar 2,8/50. |
Balda Baldamatic III | Schneider: Curtagon 2,8/35, Xenon 1,9/50, Xenar 2,8/50, Tele-Xenar 4/135 |
Bei KniPPsen weiterlesen | Zoomar, Curtagon 4/28, Cassarit 2.8/50, Kodak Retina Reflex S, Braun Super Colorette 2L, Kodak Instamatic Reflex, Voigtlander Bessamatic, Voigtländer Vitessa T, Edixa Electronica, SKL-Bajonett (Braun Paxette Super III), Iloca Electric, Nasen wegfräsen |
Links | Camera-Wiki, DKL bei Photobutmore; Compur bei Bleckedermoor.de; Riess Fotohistoricum (Compur), Wikipedia (Deckel), |
Die wichtigsten Objektive des Voigtländer-Programms für die Bessamatic und Ultramatic |
Das DKL Bajonett war nicht das einzige Bajonett für Zentralverschlusskameras aus der Zeit. Insbesondere das SLK-Bajonett des Deckel Konkurrenten Gauthier ("Prontor") ist hier zu nennen. Allerdings gab es mit diesem Anschluss "nur" sehr wenige Messsucherkameras (z.B. Braun Paxette Super 3, Photavit 36, Regula Super automatic). Auch aus dem fernen Japan und der Zeit habe ich ein Beispiel in meiner Sammlung: Aires 35-V, natürlich mit eigenem Bajonett und einem Seikosha Verschluss. Aber es gab dort noch andere: Minolta Super A und Olympus Ace (beides Messsucher), und später die Kowa SER (SLR).