2019-11-17

Foth Derby (Typ 2a)


Zwei Dinge haben mich auf diese Kamera aufmerksam werden lassen. Zum einen natürlich mein Zufallsfang Ising Puck, die eigentümlicher Weise nicht aus den 30ern, sondern aus der Zeit nach dem 2. Weltkrieg stammt. Zum anderen ein (weiterer) Photo Porst "Photohelfer", diesmal aus dem Jahr 1932, den ich vor ein paar Wochen auf einem lokalen Flohmarkt entdeckt (und erworben) habe. Darin gibt es ein ganzes Kapitel über Kleinbild-Kameras. Damit waren Anfang der 1930er keineswegs nur Leica, Contax und Co. gemeint, die ihre 24x36 mm großen Aufnahmen auf dem perforierten 35 mm Kinofilm machten, sondern auch alle anderen mehr oder weniger kompakten Kameras für Negativformate kleiner als 6x6 cm. Eben solche, wo man nicht mehr mit Kontaktabzügen auskam, sondern Vergrößerungen im Labor machte oder machen ließ. 1932 gab es viel mehr Kameras für das 127er (V.P., Vest Pocket) Halbformat 3x4 cm als für 24x36 mm! Im Photohelfer von 1932 steht es 8 zu 3. Das ändert sich relativ rasch bis 1937. In meinen 37er Photohelfer werden 17 "Kleinkameras" für den perforierten Kinofilm angeboten und keine einzige mehr für 3x4.   
Die interessanteste der frühen 3x4 Kameras ist sicherlich die Derby, die in Berlin von C.F. Foth & Co. hergestellt wurde. Die Firma selbst ist wegen ihrer nur ca. 15-jährigen Existenz heute relativ unbekannt, war mit ihren Produkten, Kameras, Ferngläser und optisches Zubehör aber "weltweit" am Markt aktiv und auch in den 1930er Jahren recht erfolgreich. Im Gegensatz zu den meisten anderen Herstellern, die Objektiv und (Zentral-)Verschluss von wenigen namenhaften Spezialisten zukauften (und sogar den Kunden die verschiedenen Optionen boten), machte man bei Foth alles selbst. Als Objektiv gab es entweder 3- oder 4-linsige Anastigmaten, also sehr ordentlich korrigierte Optiken in Triplet oder Tessar-Bauweise. Und, einzigartig bei den 3x4-Kameras: Es gab einen Tuchschlitzverschluss bis 1/500 s. Damit stand man der Leica in nicht viel nach, war aber mit nur 65 RM viel billiger als die 240 RM, die für die Leica aufgerufen wurde. OK, die Leica hatte einen Entfernungsmesser und Wechselobjektive, dafür war die Derby etwas kompakter und auch leichter und belichtete bei gleicher Brennweite ca. 39% mehr Negativfläche.

Interessanterweise, hatte das allererste Derby Modell aus dem Jahr 1930 auch 24x36 mm Bildfläche, etwas, was schnell geändert wurde. Die Kamera ist auch heute noch relativ häufig auf den gängigen Auktionsportalen zu finden. Exemplare mit starken Gebrauchspuren, so wie meines hier, sind relativ günstig zu bekommen. Hier gibt es keine "Mondpreise" wie bei den gern gesammelten Leicas. Auf Camera-Wiki.org gibt es einen recht umfassenden Artikel über alle Varianten. Mein Exemplar gehört zum Typ 2a, hat also schon einen Selbstauslöser und den quadratischen Fernrohrsucher, aber keine Seriennummer am Objektiv und auch keine Prägung "Germany". Allerdings hat es geprägtes Leder auf der Frontplatte. Ewtas, was eigentlich erst den späteren Modellen vorbehalten war...? Wie auch immer, ich bin froh über diese neue Erwerbung für meine Sammlung. Ich werde am Thema 30er-Jahre Kleinbildkameras weiter dranbleiben...


Datenblattfrühe Halbformat (3x4) Kamera für den 127er Rollfilm
Objektiv Foth Anastigmat 50 mm f/3.5 (Triplet). Alternativ auch mit Foth Anastigmat 50 mm f/2.5 (4-Linser, Tessar Typ). Objektiv per Balgen versenkbar.
Verschluss Tuchschlitzverschluss für 3x4 cm Bildfeld, B-25-50-75-100-200-500. Verschluss wird unabhängig vom Filmaufzug gespannt. Keine Doppelbelichtungssperre.
Belichtungsmessung keine
Fokussierung Manuell am Objektiv (ab ca. 80 cm) durch Verschieben des gesamten Objektivs.
Suchereinfacher, sehr kleiner, quadratischer Fernrohrsucher zum hochklappen.
BlitzKein Anschluss vorgesehen.
Filmtransport Mit Drehknopf, doppeltes rotes Bildnummern-Fenster für Halbformat.
sonst. Ausstattung Selbstauslöser, Stativgewinde 1/4", Anschluss für Drahtauslöser, Bereitschaftstasche als Zubehör.
Maße, Gewicht ca. 120 x 71 x 37/63 mm (geschlossen, offen), 444 g 
Batterie keine
Baujahr(e) 1931-1935 (Typ 2), diese hier ca. 1932. Andere Modelle insgesamt von 1930 bis ca. 1940. Insgesamt wohl mehr als 80,000 Exemplare.
Kaufpreis, Wert heute 65 RM (1932), heute ca. 50 €.
externe Quellen und Links Mike EckmanWikipediaCamera-WikiClassic Camera CollectionUS BrochureManual127er Rollfilm, Collectiblend
bei KniPPsen weiterlesenFerrania Tanit, Gevaert 127er Film, Rollfilm 127, Ising Puck

Seite 179 aus dem Photo Porst Phtohelfer von 1932

2019-11-10

Kameraleder erneuern - Ising Puck

Vor Kurzem habe ich über diese kleine und interessante Kamera berichtet. Mein Exemplar hatte noch das ursprüngliche Leder, aber leider nicht mehr überall. An einigen Stellen wurde es mit einem nicht originalen Kleber wieder angeklebt, an anderen fehlte es ganz oder wurde einfach durch schwarze Farbe ersetzt. Für mich der perfekte Kandidat für ein Belederungsprojekt. 

Ein paar Anbauteile abschrauben und
komplett nackig machen...
Mit dem Gedanken, eine Kamera neu zu beledern, trage ich mich schon länger. Man kann ja im Netz schon fertig zugeschnittene Belederungs-Sätze kaufen, auch in poppigen Farben oder in Krokodil-Leder-Optik (z.B. hier, oder hier).  Aber das ist nichts für mich. Zum einen halte ich es mehr mit möglichst originalgetreuer Restaurierung, zum anderen gibt es die fertig geschnittenen Sätze nur für recht gängige Kameras. Die alten oder seltenen Schätzchen, an die ich denke, sind garantiert nicht dabei.  

Dann stolperte ich vor einiger Zeit über einen kurzen Beitrag über das Thema in einem Forum. Die Idee mit dem Schneidplotter hat mich sehr schnell überzeugt. Ein solcher stand auch schon länger auf der "Will-Haben"-Liste meiner Frau und so konnte ich ihr eine große Freude damit machen, einen solchen mir zum Geburtstag von ihr zu wünschen. 

Es wurde am Ende sogar der Silhouette Portrait, der im Artikel oben verwendet und empfohlen wurde. Dieser kommt mit einer recht simplen aber für den Zweck ausreichenden CAD-Software, mit der man sich seine Schnittmuster selbst erstellen kann. Hier nun also eine kurze Beschreibung, wie ich bei meinem kleinen Projekt vorgegangen bin.

Schnittmusterbogen, erstellt mit Silhouette Studio 4.2
Als erstes heißt es natürlich, das alte Leder von der Kamera zu entfernen. Bei vielen Kameras muss man dafür noch ein paar Anbauteile abschrauben, so auch bei der Ising Puck. Wie ich schon geschrieben habe, fehlte schon einiges an Leder und auch das andere war schnell abgezogen. Ich habe schon viel fester verklebtes Leder an anderen Kameras erlebt. Früher wurde oft Schellack als Klebstoff verwendet, zu erkennen an der rot-braunen Farbe. Wenn man auf solche Verklebungen stößt, hilft oft Einweichen mit Brennspiritus (Ethanol), darin ist Schellack nämlich löslich. Zum Glück war das bei mir nicht nötig. 

Plotter mit dickerem Papier testen und anprobieren...
Im nächsten Schritt habe ich den Schnittmusterbogen erstellt, eigentlich die Anweisungsdatei für den Plotter, wie er zu schneiden hat. Dazu habe ich die originalen Lederteile glatt gepresst, mit Tesafilm auf ein Stück Papier geklebt und eingescannt. Die Software Silhouette Studio 4.2 kann nämlich Bild-Dateien lesen und auch kontrastreiche Kanten selbstständig erkennen und in Schnitt-Linien übersetzen.  

Allerdings muss man trotzdem noch selbst Hand anlegen, um die von der Software gefundenen Schnittlinien zu glätten, bzw. Kreise wirklich rund und Linien wirklich gerade zu machen. Das nimmt seine Zeit in Anspruch, man findet sich in der Software mit der Zeit aber immer besser zurecht. Vorteil der Methode mit dem Scannen ist allerdings, dass man nicht alle Maße mit Lineal oder Maßband an der Kamera selbst abnehmen braucht. 

Fertig geschnittenes Leder mit Kleberücken
einfach anbringen und festdrücken.
Wenn man mit dem Schnittmuster fertig ist, empfehle ich Testplot(s) auf dickeres Papier (o.ä.) zu machen, um das neue Lederkleid vorab an der Kamera anzuprobieren. Ich selbst habe noch drei Runden gebraucht, bis es letztendlich alles passte.  Dann erst habe ich den Bogen Leder eingespannt und beim Plotter die Schneideparameter auf das neue Material eingestellt. Hier muss man wohl je nach Leder etwas rumprobieren. Bei mir ging das ganz schnell: Ich habe bei der Materialauswahl "Leatherette" (Kunstleder) gewählt, einen kleinen Schneidtest durchgeführt, und die Einstellungen so gelassen. Dann Schnittmuster an den Plotter senden und nach ca. 3 Minuten war bei mir alles fein säuberlich ausgeschnitten.

Das Leder habe ich bei Aki-Asahi in Japan bestellt (black uncut crinkled emboss, 220x320 mm). Auch wenn sich das erstmal verrückt anhört, kann ich das nur empfehlen. Der Service dieses Ladens ist klasse, Bezahlung per Paypal, sofortige email Bestellbestätigung, weltweiter Versand für nur 4 US$ und das innerhalb von ca. 10 Tagen. Das Leder kommt in exzellenter Qualität mit selbstklebender Rückseite, man muss also nicht mit Kleber hantieren. 

Schneidplotter bei der Arbeit
Das eigentliche Beledern selbst geht recht flott von der Hand. Natürlich muss man auch hier präzise arbeiten und genau ansetzen, aber man kann auch noch vorsichtig die eine oder andere einfache Korrektur anbringen. 

Mein Ergebnis kann sich sehen lassen und ich bin sehr zufrieden. Unbedarfte Kamera-Laien würden nicht merken, dass es sich um ein Do-It-Yourself Projekt handelt. Alle Schnitte sind super präzise, so was schafft man per Hand nicht. Allerdings ist das Leder von seinem Stil her eher "70er oder 80er Jahre Japan" als "30er oder 50er Jahre Deutschland". Es ist einen Ticken dicker als das originale Leder und natürlich auch anders gemustert. Die beiden Bilder auf dieser Seite zeigen das fertige Stück, das jetzt in der Vitrine steht. Bei mir wartet bereits die nächste Kamera auf ihr neues Lederkleid. Allerdings will ich hier auch noch mehr Restaurationsarbeit leisten und mir fehlt derzeit die Zeit dazu. Wer selbst noch Fragen oder Anregungen zum Thema hat, bitte unten in die Kommentare posten oder e-mail an knippsen(at)icloud.com.