2020-09-27

Smena 8M

Ich habe sie schon ca. 4 Jahre in meinem Regal stehen, damals für ganz wenig Geld auf einem Flohmarkt erworben. Auch wenn ich sonst Plastikkameras liegen lasse, hatte diese irgendwie mein Interesse geweckt und ich musste sie einfach mitnehmen. Dann stand sie also in meinem Regal neben den vielen anderen herum, wurde immer wieder verschoben und so recht wusste ich nicht, ob und wann ich sie hier in meinem Blog vorstellen sollte und was es überhaupt dazu zu erzählen gibt.

Dann stolperte ich neulich über diesen Beitrag der Leute von DPreview. Auch wenn dieser recht oberflächlich recherchiert ist und jegliche Quellenangaben fehlen, fragte ich mich, ob es wirklich stimmen kann, dass diese hier die am meisten produzierte 35mm Kamera der Welt ist. Ich habe also ein bisschen im weiten Netz gegraben und versucht diese Angabe zu bestätigen. In der Tat findet man auf der Sovietcams.com Seite (eine der besten spezialisierten Kameraseiten, die ich kenne, mit Quellenangaben!) die Zahl von 21.041.191 Einheiten (8M zusammen mit ihrer Vorgängerin Smena 8), die in 32 Produktionsjahren (!) zusammengekommen sind. Es gibt für mich keinen Grund an dieser Angabe zu zweifeln. Auch die Tatsache, dass von Smena 8 zu Smena 8M ein Designwechsel stattgefunden hat, disqualifiziert sie nicht. Das Objektiv, der Verschluss und alle wesentlichen Funktionen blieben dieselben. Auch entfallen auf das ältere Modell 8 vermutlich nur ca. 3 Millionen davon, und für die 8M verbleiben immer noch ca. 18 Millionen, die es zu schlagen gilt.
   
Die Frage ist eher nach den "Gegnern" in diesem "Wettbewerb" um die meist produzierte Kamera der Welt. Hier also das Ergebnis meiner ersten (nicht umfassenden) Recherchen: Zunächst möchte ich auf meine SLR-Liste verweisen, die mit der Zenit E auch eine Sowjet-Kamera an der Spitze hat (12 mio). Aber auch die Canon AE-1 und AE-1 Programm haben es mit zusammen mehr als 10 mio. auf eine erkleckliche Zahl gebracht. Bei DPreview wird die Olympus Trip 35 auf Platz zwei genannt, mit 5.4 mio Einheiten. Ganz nahe daran käme wohl auch die Yashica Electro 35 (Serie) mit ebenfalls über 5 mio Stück. Leider gibt es nur von den wenigsten Kameras oder Herstellern verlässliche Produktionszahlen. Aber ich vermute, dass auch andere Kameras insbesondere aus den 1970ern auf ähnliche Zahlen gekommen sind. Mir fallen hier die Canonet QL17, Konica C35 oder die  Minolta Himatic (Serien) ein. Diese Kameras waren alle super erfolgreich, standen aber miteinander im (kapitalistischen) Wettbewerb und wurden so regelmäßig durch verbesserte Modelle ersetzt. Keine Chance also, die mit langem Atem erreichten Zahlen aus der Planwirtschaft zu übertreffen. Einen anderen Longseller gibt es aber noch aus den USA zu berichten: Die Argus C3 bringt es immerhin auch auf ca. 3 Millionen Stück in 28 Jahren (1938 bis 1966).
Alle diese o.g. Kameras betreffen den 135er Film und das 24x36 mm Format. Aber auch bei anderen Filmformaten gab und gibt es Topseller: Insbesondere Kodak war in der Massenproduktion von einfachen Kameras sehr erfolgreich. Schon die frühen Box-Kameras und Folders gingen in die Hunderttausende. Der erste wirkliche Megaseller (ca. 10 Millionen) war die Starflex-Serie für den 127er Film in den 1950ern, der dann in den 1960ern durch die 126er Instamatic-Serie deutlich übertroffen wurde. Angeblich wurden alleine von Kodak mehr als 60 Millionen 126er Kameras bis Mitte der 1970er gebaut. Es kann gut sein, dass ein einzelnes Modell davon (Instamatic 104 ?) auch mehrere Millionen erreichte. Zahlen konnte ich keine finden. Aber auch Agfa und ihr amerikanischer "Ableger" Ansco produzierten zeitweise mehrere Millionen Kameras pro Jahr, allerdings ebenfalls viele Modelle mit häufigen Modellwechseln. 
Grundsätzlich nahm die Zahl der produzierten Kameras im Laufe des letzten Jahrhunderts kontinuierlich zu. Dass es nach 1980 allerdings ein einzelnes Modell auf mehr als ein paar Millionen gebracht hat, ist wegen der ebenfalls zunehmenden Modellvielfalt sehr unwahrscheinlich.  Also bleibt mir zu konstatieren: Die Smena 8M ist höchstwahrscheinlich die Kamera mit der höchsten Produktionszahl eines einzelnen Modells. Aber Stop! Dies gilt nur für Film und vermutlich auch für reine Digitalkameras, auch wenn ich hier noch nicht in Details geschaut habe. Aber es gibt ja... das iPhone 6 (inkl. 6plus), welches mit seiner 8MP Rückseitenkamera insgesamt 224 Millionen Mal verkauft wurde, davon allein 4 Millionen am ersten Verkaufstag, dem 19. September 2014. Auch viele andere populäre Smartphones schlagen die Smena 8M noch.    


Zurück zur Smena. Die Kamera selbst ist ein durch ihren Minimalismus fast unkaputtbares Fotografierwerkzeug. Gespart wurde an Belichtungs- und Entfernungsmesser, Schätzometrie ist also angesagt. Auch ist der Filmaufzug nicht mit dem Verschluss-Spannen gekoppelt, beides muss separat betätigt werden. Vergisst man das eine oder andere, kommt es zu Doppel- oder Leerbelichtungen. Wenn man sich als Fotograf aber konzentriert und richtig schätzt, hat der kleine Apparat alles, um zu guten Bildern zu kommen. Das Objektiv ist ein vergütetes Triplet mit 40 mm Brennweite, die Blende hat 8 (!) Lamellen und die solide Filmführung glänzt durch eine ordentliche Andruckplatte für exakte Planlage. Blitzlichter lassen sich per Kabel und PC-Buchse anschließen und die Beschriftungen rund ums Objektiv richten sich sowohl per Piktogramme an die Anfänger wie auch mit den üblichen Skalen an erfahrenere Fotografen. Ich schätze, dass sehr viele gelungene Schnappschüsse und Familienerinnerungen damit festgehalten wurden. Mein Exemplar ist von 1990 (Seriennummer 90107993) und aus der PK3470-Serie. Als ich sie auf dem Flohmarkt gekauft habe, war sogar noch ein Film drin, den ich allerdings bei der überraschenden Entdeckung ruiniert habe. Sie bekommt jetzt natürlich einen gebührenden Platz in meiner Sammlung, vermutlich neben meinem inzwischen auch ausgedienten iPhone 6!

2020-09-05

Canon Zoom FDn 35-70 mm 1:4

Mit meiner Canon A-1 kam ein interessantes Objektiv, das selbst ein paar Worte verdient hat. Canon war kein früher Pionier bei Zoom-Objektiven, hat aber spätestens seit Anfang der 1970er Jahre gerade in diesem Segment bei den Objektivherstellern ganz oben mitgespielt und vielfach auch den einen oder anderen neuen Standard gesetzt. Damit haben sie Zoom-Objektiven überhaupt erst zu der allgemeinen Akzeptanz verholfen, die sie heute noch haben. Dieses Objektiv ist ein sehr schönes Beispiel dafür.
Frühe Zoomobjektive boten bis auf die Tatsache, dass der Fotograf nicht mehr das Objektiv für verschiedene Bildwinkel wechseln musste, eigentlich nur Nachteile: Sie waren teuer, schwer und groß (manchmal schwerer und teurer als zwei entsprechende Festbrennweiten zusammen), oft lichtschwach.
Linsenschnitt des 35-70 f/4, ausgeführt in 
zwei jeweils gegenläufig verschiebbaren
Gruppen.  
Was aber am meisten schmerzte waren die Kompromisse, die man bei den Abbildungsleistungen machen musste. Gerade beim letzten Punkt hat Canon Pionierarbeit geleistet. Ihr FD 35-70 mm f/2.8-3.5 von 1973 gilt als das erste Standardzoom, das es von den Abbildungsleistungen mit den gängigen Festbrennweiten aufnehmen konnte. Es war zwar immer noch relativ schwer und teuer, aber den Bildern sah man das Zoom nicht mehr an. In den folgenden Jahren arbeiteten die Hersteller auch an den äußeren Dimensionen und dem Preis  und so bot Fuji als erster Hersteller im Jahr 1977 eine SLR zusammen mit einem kompakten Zoom als Standard an (Fuji AZ-1 mit Fujinon 43-75). 
Die anderen folgten natürlich und auch Canon brauchte ein preiswertes, leichtes und dennoch optisch gutes Standardzoom für ihre Megaseller AE-1 und A-1. Herausgekommen ist dieses FDn 35-70 mm f/4 mit der grundsätzlich ähnlichen optischen Konstruktion wie der alte Star von 1973, allerdings etwas lichtschwächer. Außerdem wurden einige Teile in Plastik statt Metall ausgeführt und damit wurde es nur noch etwas größer und schwerer als ein 50 mm Normalobjektiv. Angeblich sind sogar die Abbildungsleistungen nochmal etwas besser als der Ahn. Tatsächlich bescheinigen auch neuere Tests an Digitalkameras dem Objektiv exzellente Ergebnisse über den ganzen Brennweitenbereich.
Eine Sache ist recht eigenartig (und vielleicht einzigartig?) bei diesem Zoom. Es behält stets seine externen Maße. Sowohl Zoomen als auch Fokussieren passieren innerhalb der äußeren Hülle, die am vorderen Ende aus dem Fokusring besteht. Da die Frontlinse je nach Einstellung mehr oder weniger hinter dem Entfernungsring verschwindet, fungiert dieser daher auch als Sonnenblende. Lediglich bei 35 mm Brennweite und 50cm Entfernung (nächstmögliche Einstellung) kommt die Frontlinse soweit raus, dass man einen Filter aufschrauben kann. 

Datenblatt kompaktes Standardzoom mit sehr guten Abbildungsleistungen
opt. Konstruktion 8 einzeln stehende Linsen in 2 Zoomgruppen, Typ Drehzoom
Blende f/4-f/22 in halben Stufen einrastend, 6 Blendenelemente
Vergütung Mehrschicht (Super Spectra Coating)
Filtergewinde 52 mm, dreht sich mit Fokus. Innerhalb des Fokusrings, keine größeren Filterhalter oder z.B. Linearpolfilter möglich.
bekannte optische Schwächen  tonnenförmige Verzeichnung bei 35mm, sonst ohne größere Schwächen, scharf bei allen Brennweiten.
Bajonett  Canon new FD, mit Entriegelungstaste am Objektiv
Maße, Gewicht ca. 87mm x 63 mm Durchmesser, 305 g
Baujahr(e) 1979-1983
Kaufpreis, Wert heute 45.000 Yen (1979), ca. 30€
Links Ken Rockwell, Canon Camera Museum, Olypedia, MIR, Canon Classics