2022-08-31

Topcon Uni

Ich habe hier schon einige Meilensteinkameras zur automatischen Belichtungssteuerung vorgestellt (demnächst gibt‘s mal eine Übersicht). Dies ist eine der wenigen, die mir bisher noch gefehlt haben. Die Topcon Uni von 1964 ist die erste SLR mit Wechselobjektiven und eingebauter Belichtungsautomatik, die das Licht durch das Objektiv (TTL) bei offener Blende misst. Das neue von dieser Liste war die Sache mit TTL, damals eine ganz große Sache in der Branche. Topcon hatte schon im Jahr zuvor mit der RE Super dem Rivalen Pentax Spotmatic damit die Schau gestohlen. 

Die RE Super sollte in der ersten SLR Liga mitspielen, wo Automatik erst mal verdächtig bzw. verpöhnt war. Aber Topcon hatte mit ihrer „Wink Mirror“ SLR Serie auch was für den Amateur. Es handelte sich um Zentralverschluss-SLRs, die ab 1961 schon Nachführmessung (Wink Mirror E, Selenzelle) konnten, ab 1963 gab es Wechselobjektive und Blendenautomatik (UV Bajonett, Wink Mirror S). Da lag es sehr nahe, die Selenzelle durch die neue TTL-Messung mit Batterie zu ersetzen und heraus kam die Topcon Uni. 
Die Kamera wirkt viel moderner als zum Beispiel ihre deutschen Zeitgenossen (Voigtländer oder Kodak, etc.) und man kann sie durchaus vom Stil her mit Kameras aus den 1970ern verwechseln. Topcon spendierte der Serie um das UV-Bajonett alle paar Jahre weitere kleinere technische Updates, die sich Unirex (EE) und schließlich IC-1 Auto nannten. Interessanterweise hatte letztere einen Schlitzverschluss bei ansonsten ähnlicher Spezifikation. 

Größtes Manko und sicherlich einer der Gründe, warum Topcon nicht den Markterfolg wie die heute bekannteren Japaner hatte, war das UV Bajonett, das wegen des Zentralverschlusses keine wirklich lichtstarken Objektivkonstruktionen zuließ. Auch war das Objektivangebot beschränkt und kein Fremdhersteller hat je eigene Modelle dafür angeboten. Wie wir heute wissen, kam die letzte Zentralverschluss-SLR 1975 auf den Markt (Mamiya 528 AL), da war Topcon schon auf Schlitzverschluss umgestiegen und kurz davor, ganz das Kamerageschäft aufzugeben. 

Eigentlich spricht ja technisch nichts dagegen, eine Blendenautomatik auch mit einem Schlitzverschluss zu kombinieren. Eine solche SLR brachte Konica mit der Auto-Reflex 1965, allerdings konnte diese noch kein TTL. Dieses Feature kam erst 1968 mit deren Nachfolgerin Konica Autoreflex T.  

Zum Schluss möchte ich noch auf ein interessantes Detail hinsichtlich der TTL- Implementierung von Topcon hinweisen, was man bei genauem Hinsehen auf dem Bild links sehen kann. Man erkennt auf dem Spiegel ein Muster sich kreuzender feiner Linien, die allerdings beim Blick durch den Sucher unsichtbar sind. Es handelt sich dabei um den CdS Lichtsensor, das Muster ist unregelmäßig, um die Mittenbetonung der Lichtmessung zu realisieren. Man findet im Netz dazu allerdings zwei verschiedene Erklärungsvarianten: a) die CdS-Linien sind auf den Spiegel aufgedruckt; b) die Linien sind durchsichtig/nicht spiegelnd und der CdS-Sensor als Schicht auf der Rückseite des Spiegels. Wie dem auch sei, am Ende läuft es fast auf das selbe hinaus. Bei der RE Super hat Topcon es genauso gemacht, allerdings bei späteren Kameras zugunsten der auch bei anderen Kameraherstellern üblichen Technik wieder aufgegeben. Hier schauen ein oder (meist) zwei CdS-Zellen durch das Pentaprisma auf die Mattscheibe. Ist vermutlich viel billiger zu realisieren und genauso gut wie Topcons Variante.

Datenblatt Erste SLR mit Belichtungsautomatik und TTL Messung
Objektiv Topcon UV Bajonett, hier mit UV Topcor 53 mm f/2 (Gauß-Typ, 6 Elemente in 4 Gruppen), eine Serie von Objektiven zwischen 28 und 200 mm war erhältlich.
Verschluss Seikosha SLV Hinterlinsen Zentralverschluss, B-1-2-4-8-15-30-60-125-250-500 1/s, Automatischer Rückschwingspiegel fungiert als Hilfsverschluss.
Belichtungsmessung TTL mittels CdS-Zelle, mittenbetont. EV 5-18 (100 ASA), Filmempfindlichkeit 25-400 ASA. Automatische Belichtungssteuerung (Blendenautomatik nach Trap-Needle Prinzip) für Zeiten <=1/8s.
Fokussierung SLR, Fresnellinse mit Mikroprismen
Sucher Eingebautes Pentaprisma, 0.75x Vergrößerung (Normalobjektiv), 95%, Nadelanzeige der vom Belichtungsmesser ausgewählten Blende. 
Blitz M, X Buchse, umschaltbar.
Filmtransport Schnellschalthebel, Rückspulkurbel, Bildzählwerk
sonst. Ausstattung Zubehörschuh, Selbstauslöser, Stativgewinde 1/4‘‘
Maße, Gewicht ca. 136x93x84 mm, 866 g (m. Objektiv und Batterie)
Batterie PX625 (1.35V Quecksilber oder Alternativen)
Baujahr(e) 1964-1969, #54102585
Kaufpreis, Wert heute 160 US$ (1964), ca. 40€
Links Manual, Camera-Wiki, mailch

2022-08-27

Revue SP (Konica Auto-Reflex P)

Ich bin schon länger auf der Suche nach ihrer großen Schwester: Konica Auto-Reflex. Diese ist eine Meilenstein-SLR, nämlich die erste moderne (Schlitzverschluss-) SLR mit einer Belichtungsautomatik (Blendenautomatik). Aber da ist noch was: Sie ist die einzige Kamera, die es erlaubte, zwischen den beiden Bildformaten 24x36 und 18x24 (Halbformat) umzuschalten, und das sogar jederzeit mitten im Film. Dieses Feature hat sie mit dieser abgespeckten Version gemein (ohne Belichtungsmesser und -automatik), ansonsten sind die Kameras identisch und ich zähle sie bzgl. dieser Eigenschaft als eine Kamerakonstruktion. Konica hat diese Version "Auto-Reflex P" genannt und in Deutschland wurde sie über Foto-Quelle als Revue SP vermarktet. Die eigentliche Auto-Reflex hieß auch unter der Marke Revue so. 

In Sammlerkreisen erzielen alle Namensvarianten ganz ordentliche Preise und zwar unabhängig davon, ob Revue oder Konica draufsteht. Ursprünglich war die abgespeckte Version natürlich preiswerter. Da sie aber viel seltener verkauft (und damit gebaut) wurde, ist sie heute die teurere Sammlerkamera. Mir lief also diese Revue SP über den Weg und zu meiner eigenen Überraschung war mein relativ günstiges Gebot trotz des lichtstarken Normalobjektivs erfolgreich. Ich werde aber trotzdem weiter die Augen nach der „echten“ Auto-Reflex aufhalten.

Das Umschalten von Voll- auf Halbformat erfolgt bei der Kamera ganz einfach mit einem kleinen Hebel auf der Kameraoberseite, wie man auf meinem Bild (GIF) sehen kann. Dabei passieren drei Dinge gleichzeitig: 1) zwei Blenden werden von links und rechts in das Bildfenster geschwenkt, 2) im Sucher erscheinen von oben zwei kleine schwarze Dreiecke, die nochmal deutlich auf die permanent eingeritzten Halbformatmarkierungslinien hinweisen, 3) der Filmtransportmechanismus wird auf halben Vorschub umgestellt, so dass auf einen 36er Film bis zu 72 hochformatige Negative passen. Man kann zu beliebiger Zeit umstellen, allerdings wird in der Anleitung deutlich darauf hingewiesen, dass jeweils bei 24x36-Stellung transportiert werden sollte, d.h. bei Halbierung des Formates den Film VOR dem Umschalten transportieren, bei Verdoppelung NACH dem Umschalten. Sonst drohen überlappende Negative.

Die Tatsache, dass sie die einzige Kleinbild-Kamera mit diesem Feature ist, spricht Bände. Zwar war das Halbformat in den 60er Jahren insbesondere in Japan sehr populär (siehe die Olympus PEN-F und andere in meiner Sammlung), aber dessen Zweck war neben der doppelten Bilderzahl pro Film insbesondere der Bau kompakter Kameras. Die Konica hier war aber mit fast einem Kilogramm Kampfgewicht eher das Gegenteil von kompakt. Außerdem erfordert das Halbformat eine Normalbrennweite von 30 mm (heute würde man von einem Crop-Faktor 1.44 sprechen), d.h. die mitgelieferte Normalbrennweiten von 52 oder wie hier 57 mm entsprachen leichten Teleobjektiven. Wo war also der Vorteil des eingebauten optionalen Halbformats? Ich denke, Konica‘s Management hat bald eingesehen, dass das niemand wirklich braucht und ihre Konkurrenten haben sich heimlich gefreut, nicht selbst Geld in dieses Feature investiert zu haben. Die eigentliche Auto-Reflex war eine sehr erfolgreiche Kamera wegen der Blendenautomatik, die abgespeckte Version riss kaum jemanden vom Hocker, trotz Halbformat-Umschalter!

Datenblatt Einzige KB-SLR mit umschaltbarem Format 24x36 und 18x24 (zusammen mit der automatischen Schwester Auto-Reflex im selben Gehäuse)
Objektiv Konica AR Bajonett, hier mit Hexanon 57 mm f/1.4 (Gauß-Typ, 6 Linsen in 5 Gruppen, #5760574)
Verschluss vertikaler, mechanischer Metall-Schlitzverschluss (Copal Square), B-1-2-4-8-15-30-60-125-250-500-1000 1/s. 
Belichtungsmessung keine, Aufsteckbelichtungsmesser für das Zeitenrad erhältlich. Die Kamera war die Einfachversion der Konica Auto-Reflex mit eingebautem (kein TTL) CdS-Beli und Blendenautomatik.
Fokussierung Mattscheibe mit Mikroprismen im Zentrum.
Sucher Spiegelreflex mit Rückschwingspiegel. Halbformatmarkierungen. 
Blitz M und X Buchse. X-Synchronzeit 1/125 s.
Filmtransport mit Schnellschalthebel, Rückspulkurbel. Bildzählwerk (vorwärts) zählt im Halbformatmodus nur jedes zweite mal hoch.
sonst. Ausstattung Selbstauslöser, Stativgewinde 1/4‘‘, Filmmerkscheibe, Drahtauslöseranschluss, als Zubehör: Zubehörschuh zum Aufstecken, Belichtungsmesser
Maße, Gewicht ca. 142x94x46, 682 g (ohne Objektiv), 965g (mit 1.4/57)
Batterie keine
Baujahr(e) 1966-1968, #852502
Kaufpreis, Wert heute ca. 200 US$ (1966), ca. 200 €
Links Konicafilesbuhla.de, Camera-Wiki, Wikipedia, Bedienungsanleitung (Auto-Reflex, mehrsprachig), Mike Eckman, Konica-collector.org
Bei KniPPsen weiterlesen Konica Autoreflex TCKonica TC-X, Konica FS-1, Konica C35V, Konica C35AF