Wieder mal ein (kleiner) Meilenstein in der Geschichte der Kleinbild-Spiegelreflexkameras. Die Fujica ST801 war bei ihrem Erscheinen 1972 die erste SLR mit Leuchtdioden (LEDs) anstatt eines Drehspulinstruments mit Nadel. Jetzt kann man berechtigterweise fragen, wo der wirkliche Vorteil für den Fotografen liegt, vielleicht mal von ein paar wenigen Situationen bei schlechtem Licht abgesehen.
Trotzdem war die Sache mit den LED's ein sichtbares Zeichen des Fortschritts, der sich allerdings eher im Verborgenen abspielte. Die Kamera hatte nämlich (wie ihre ein Jahr frühere Schwester ST701, noch mit Nadel) Silizium Photodioden anstatt CdS-Photowiderständen als Messelemente eingebaut, das ganze mit einer integrierten Schaltung, also echte Elektronik, keine langsamen halb-analogen Belichtungsmesser mehr. Bei der ST801 war das jetzt auch noch gepaart mit einer Offenblendvariante für M42, sowie einem schnellen Verschluss bis1/2000 s. Das Ganze in einem relativ kompakten Gehäuse und garniert mit einem damals noch seltenen Hot-Shoe (Blitz-Mittenkontakt im Zuberhörschuh).
Elektronik war Anfang der 1970er einfach schwer angesagt und schickte sich an, auch in der Kameratechnik immer mehr Bereiche zu übernehmen. Zunächst wurden die elektrisch-analogen Belichtungsmesser durch präzisere und schnellere elektronische Varianten ersetzt. Wie eben hier in der ST801. Der nächste Schritt war die elektronische Verschluss-Steuerung, die dann in Fuji's nächstem Modell ST901 gleich zusammen mit einer Zeitautomatik realisiert wurde. Pionier dafür war keine japanische Kameraschmiede sondern 1968 der VEB Pentacon mit der Praktica PL electronic. Diese war aber eher ein technischer Pilotstudie, das Prinzip hat Pentacon erst mit der Praktica EE2 im Jahr erst 1977 wirklich umgesetzt. Da waren die japanischen Hersteller alle schneller und brachten Anfang der 70er alle "Elektronic"-Kameras mit Automatikfunktionen. Das kann man zum Beispiel in der Juni-Ausgabe von Popular Science von 1973 nachlesen. Auf Seite 80 gibt es dort ein anschauliches Schema über die Elektronic in der ST801 (siehe Bild).
Fujifilm, oder wie sie früher hieß: Fuji Photo Film Co., ist eine bedeutende Firma, die nicht nur einer der drei großen Filmhersteller der Welt war, sondern immer schon auf verwandten Gebieten aktiv war. Im Gegensatz zu Agfa, die ja bekanntlich pleite und untergegangen sind, und auch Kodak, die zwar nach vorübergehender Insolvenz noch existieren, aber nur noch ein Schatten ihrer ehemaligen Größe und Bedeutung besitzen, ist Fuji immer noch da und auch heute (wieder) im Kamerabau aktiv. Respekt! Als Kamerahersteller gehörten sie nie zu den ganz großen, mit solch innovativen Kameras wie der ST801 haben sie der Industrie aber immer wieder Impulse gegeben.
Datenblatt | Erste KB-Spiegelreflexkamera mit LED-Anzeige |
Objektiv | M42 Schraubgewinde mit Fujica Offenblend-Variante. |
Verschluss | Mechanischer, horizontaler Tuchschlitzverschluss 1s bis 1/2000 s und B. |
Belichtungsmessung | Si-Photodioden, TTL-Nachführmessung bei offener Blende, Fujinon-Objektive vorausgesetzt. Anzeige durch 7 LED's im Sucher. 25-3200 ASA (15-36 DIN) |
Fokussierung | Manuell am Objektiv, Mikorprismen und Schnittbildindikator als Scharfstellhilfen. |
Sucher | Spiegelreflex, Anzeige der eingestellten Verschlusszeit und LED's des Nachführbelichtungsmessers. |
Blitz | Mittenkontakt im Zuberhörschuh, FP und X Buchsen, Synchronzeit 1/60 s. |
Filmtransport | Schnellspannhebel, Bildzählwerk (vorwärtszählend), Rückspulkurbel. Hilfe beim Filmeinfädeln. |
sonst. Ausstattung | Stativgewinde, ISO-Drahtauslöser, Trageösen, Aufschraub-Okular für Zubehör, Zubehörschuh, Selbstauslöser, Arretierung für den Auslöser, Abblendtaste. |
Maße, Gewicht | ca. 133x91x50 mm, 635g (mit Batterie), 840g (mit Objektiv) |
Batterie | PX-28 (6V, Silberoxid), 4xLR44 möglich. |
Baujahr(e) | 1972-1978, ca. 200,000? Exemplare, diese #3050869 |
Kaufpreis, Wert heute | 125 £ (1974), heute ca. 50€ mit Objektiv |
Links | Camera Protraits, Instruction Manual, The Camera Site, Camera-Wiki, |
Deine Darstellung ist erneut großartig! (Dank) Die Grafik ist unbezahlbar. Unter dem Gesichtspunkt der kreativen Verwendung sind erneut die Objektive mein erstes Interesse. Einige der M42-Obj. sind immer noch hoch im Kurs (EBC); ich hab Erfahrungen gesammelt mit dem folgenden Fujica-X-Bajonett: 2,2/55, 1.9/50 und 1,6/55 - sowie ein 24mm GMC... Letzteres schien "schwierig", war aber kreativ brauchbar; vermutlich mit einem guten Kontrast! Die Schärfe war minderwertig etwa im Vergleich zu einem Canon 24-85-USM-Zoom, als typischer Kit-Linse. Die M42-Obj sind quasi Vorläufer der Fujica-Version, die es auch von Porst gab... Das 1.6/55 war länger mein Liebling (immer an der Sony A7); es hat aber wechselnde Eigenschaften wie viele Obj. - je nach Blende. Die beiden anderen habe ich wenig "erkannt", das 1.9 hat ein schwieriges bokeh, ist aber abgeblendet sehr scharf... usw. Das etwas besondere 2,2 (vermutlich eine besondere Tessar-Variante?) verdient Aufmerksamkeit: der Wechsel zwischen bokeh und Schärfe. Die kritische Frage ist für mich: werde ich dem Objektiv gerecht, nicht umgekehrt.
AntwortenLöschensagt Arturo lessisme2@gmail.com