2011-06-05

Sears SL9 (Ricoh 35 Flex)

Diese Kamera habe ich heute auf einem kleinen Flohmarkt für nur 5 $ erworben (inklusive der zwei Vorsatzlinsen (s.u.) in einem Lederetui und einer originalen Betriebsanleitung). Beim späteren Ausprobieren und Recherchieren habe ich dann festgestellt, dass das Ding sehr gut erhalten und voll funktionsfähig ist und auch nur geringe Gebrauchsspuren aufweist. Ein echtes Schnäppchen also.
Sears ist eine große amerikanische Kaufhaus- und Versandhauskette, bekannt durch das damals höchste  Gebäude der Welt, den Sears Tower in Chicago (der allerdings heute nach seinem neuen Besitzer heißt und nur noch das höchste Gebäude in den USA ist). Sears hat in den USA, wie Foto Quelle oder Photo Porst in Deutschland japanische Kameras unter eigenem Namen vertrieben. Diese hier heißt im Original Ricoh 35 Flex, kam 1963 auf den Markt und war Ricohs erste Kleinbild-Spiegelreflexkamera. 
Bemerkenswert an der Kamera ist die Möglichkeit zur vollautomatischen Belichtungssteuerung. Mit den beiden kleinen Hebeln unten am Objektiv kann man Blende und Zeit manuell einstellen. Beide haben aber auch eine Stellung mit einem kleinen grünen A für Automatik. Interessanterweise gibt es neben der Vollautomatik auch eine Zeitautomatik mit Blendenvorwahl, aber nicht das Gegenstück dazu. Versucht man eine Zeit vorzuwählen und läßt die Blende auf A, dann springt auch die Zeit auf A zurück. Damit gehörte die Kamera zu den ersten auf dem Markt mit automatischer Belichtungssteuerung. Die allererste war wohl 1961 die französische Royer Savoyflex Automatic, die ebenfalls wie die Ricoh/Sears einen eingebauten Selenbelichtungsmesser zur Steuerung verwendet.
Das Objektiv, ein vierlinsiges 2.8/50 ("f = 5 cm") Rikenon kann man nicht auswechseln. Statt dessen gibt es zwei relativ einfache Vorsätze (jeweils 2-linsig) , einen für Weitwinkel und einen für Tele. Ich habe heute an meinen Exemplaren Brennweiten von ca. 40 mm (Weitwinkel) und 70 mm (Tele) ermittelt, nicht die Reißer, aber immerhin. Die übrigen technischen Daten sind schnell aufgezählt: Seikosha Zentralverschluss 1/30 s bis 1/300 s und B, nur vier Blendenlamellen mit 2.8 bis 22, aufsteckbarer Zubehörschuh, Drahtauslöser- und Stativgewinde, Schnittbildentfernungsmesser und Anzeige des Belichtungsmessers im Sucher (Über-, Unter-Belichtung, bzw. richtig). Anschluss eines Blitzgerätes per Kabel, Bildzählwerk. Filmempfindlichkeit von 25 bis 400 ASA.
Diese Art von Kameras war Anfang der 60er Jahre recht verbreitet. Von verschiedenen anderen Kameraherstellern gab es ähnliche Modelle: Mamiya Auto-Lux 35 (= Revue Auto-Lux 35 und Porst Autoflex), Canonex, Nikkorex 35 und andere. Spätestens Ende der 60er Jahre war dann aber die Zeit der Zentralverschluss-SLR's vorbei und Schlitzverschluss und Rückschwingspiegel setzten sich durch.
Nachtrag 2023: Ich habe diese Kamera leider schon vor Jahren (mit Gewinn) verkauft, einfach weil ich dachte, sie passt nicht wirklich gut in meine Sammlung. Nun, heute bedaure ich den Verkauf, da sie doch eine kleine Kameraklasse repräsentiert, die die Belichtungsautomatik im Massenmarkt populär gemacht hat. Mehr dazu in meiner kleinen Geschichte der Belichtungsautomatik.

Datenblatt Vollautomatische Amateur-Spiegelreflex Kamera mit Zentralverschluss
Objektiv Vierlinsiges Rikenon 2.8/5cm, nicht auswechselbar. Weitwinkel- und Televorsatz, ergeben 40 mm bzw. 70 mm Brennweite.
Verschluss Seikosha Zentralverschluss 1/30 - 1/300 s und B. Blitzsynchronisation bei allen Zeiten.
Belichtungsmessung Eingebaute Selenzelle mit Nadelanzeige im Sucher. Vollautomatik, Zeitautomatik oder manuelle Einstellung möglich.
Fokussierung Einstellscheibe mit mit Schnittbild und Mikroprismenring. Nicht auswechselbar
Sucher Nadelanzeige des Belichtungsmessers mit roten Bereichen für Über- und Unterbelichtung.
Blitz X-Synchronbuchse. Zubehörschuh (ohne Mittenkontakt) aufsteckbar.
Filmtransport Schnellspannhebel, Rückspulkurbel, Bildzählwerk. Aufklappbare Rückwand.
Maße, Gewicht ca. 142/95/83(110 mit Vorsatzlinse) mm.
Batterie Keine.
Baujahr 1963 bis 1966, made in Japan.
Kaufpreis, Wert heute k.A. (1963), ca. 100 US$

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