Diese Penti II besitze ich schon seit über 5 Jahren, irgendwann hat sie ihren Platz bei den anderen Halbformatkameras in der Vitrine gefunden, trotzdem ist sie mir hier in der virtuellen Sammlung bisher durchgerutscht. Aber jetzt soll sie auch hier den ihr gebührenden Platz bekommen.
Über die Kamera und ihre Geschichte ist schon viel geschrieben worden (auch widersprüchlich), die besten Web-sites habe ich unten unter Links in der Tabelle aufgeführt. Ich möchte daher hier nur die für mich besonderen Aspekte betonen und begründen, warum sie in jede anspruchsvolle Kamerasammlung gehört: Sie ist ein Design-Juwel, auch wenn ihr goldenes Kleid und die abgerundete Formensprache heute nicht mehr den Zeitgeschmack treffen. Technisch hingegen, sowohl für den Fotografen als auch ihre Produzenten kann sie für mich volle Punktzahl einfahren. Ihre genial simple Konstruktion mit einem zentralen Kunststoffrahmen, der auf der Rückseite das Filmhandling und auf der Vorderseite die restliche Fotomechanik, -optik und -elektrik aufnimmt, beides abgedeckt mit jeweils einem Deckel aus gestanztem Aluminiumblech, der innen schwarz lackiert und außen golden eloxiert wurde, erlaubte einen sehr einfachen und damit preiswerten Produktionsablauf.
Die Wahl der alten Karat-Patrone in Kombination mit dem Halbformat war neu und wirklich innovativ, erlaubte es doch eine wirkliche Hosen- oder besser Handtaschen-Größe. Wirklich genial zu Ende gedacht ist aber die Sache mit der Schiebestange, die nach dem Auslösen per Federkraft aus der linken Kameraseite ausfährt. Ihr Zurückschieben transportiert den Film in die Aufnahmepatrone, denn beim Karat-, Rapid- bzw. im DDR-Jargon SL- ("Schnell-Lade") System gibt es kein Wickeln und kein Ziehen, sondern nur Schieben. Dadurch kommt die Konstruktion der Penti fast ohne drehende Teile, Achsen und Kugellager aus, lediglich das Filmzählwerk dreht sich noch.
Aber auch für den Fotografen ist fast alles dabei: Die Kamera ist nur etwas größer als eine Zigarettenschachtel und wiegt mit Film unter 300g. Der Blick durch den hellen Sucher mit Leuchtrahmen zeigt die Nadeln des Selen-Belichtungsmessers und der Zeit-Blendenkombination, die man nur zur Deckung bringen muss. Lediglich das Scharfstellen bleibt (wie üblich) der Schätzometrie überlassen. Blitzgeräte können per Kabel angeschlossen werden. Im elegant in den Kamerarahmen integrierten Zubehörschuh gibt es eine metallene Federplatte, die aber leider nicht als Mittenkontakt ausgeführt wurde.
Mit nur 155 Mark war sie auch in der DDR vergleichsweise erschwinglich. Da verwundert es nicht, dass sie mit ihrem Eigenschaftsprofil zu einem Best- und Longseller avancierte. Angeblich wurden von 1961 bis 1977 ca. 800,000 Exemplare gebaut und sie gehört damit zu den erfolgreichsten deutschen Nachkriegskameras. Die überwiegende Zahl entfällt auf dieses Modell II, die einfacheren Modelle Penti I und die Ur-Penti/Orix hatten keinen Belichtungsmesser und wurden jeweils nur kurze Zeit gebaut.
Bei mir steht sie in der Vitrine neben anderen Halbformatkameras, aber auch anderen kompakten Taschenkameras wie der Tenax und dem späteren anderen Design-Juwel Olympus XA, mit denen ich sie durchaus vergleichen möchte.
Datenblatt | kompakte Halbformat-Kamera (18x24mm) für die SL-Kassette |
Objektiv | Meyer Domiplan 30 mm f/3.5 (Triplet) |
Verschluss | selbst-spannender Zentralverschluss, B-30-60-125 |
Belichtungsmessung | Nachführ-Belichtungs-"automatik" mit Selenzelle und zwei in Deckung zu bringenden Zeigern im Sucher. 15-24 DIN (manuell einzustellen) |
Fokussierung | manuell, keine Scharfstellhilfe, kürzeste Entfernung: 1m |
Sucher | optischer Durchsichtsucher (hochkant) mit Leuchtrahmen und Parallaxenmarkierung, Anzeigenadeln des Belichtungsmessers. |
Blitz | Anschluss über PC-Buchse an der Kameraoberseite, X-Synchronisation bei allen Zeiten, FP bei 1/30s |
Filmtransport | mittels Schiebestange (ca. 2.5cm Hub) auf der linken Seite, die beim Auslösen ausfährt und beim Reinschieben den Film von der Filmpatrone in die leere Aufnahmenpatrone schiebt. Keine Rückspulung notwendig. Zählwerk (vorwärts von 1-24), manuelle Rückstellung mit durch Rückwand verborgenem Zahrad. |
sonst. Ausstattung | Zubehörschuh (kalt), ISO-Drahtauslöser, ¼'' Stativgewinde, M18x0.5 Filtergewinde, Öse für Handschlaufe |
Maße, Gewicht | ca. 109 x 76 x 47 mm, 261g (ohne Film und Leerpatrone) |
Batterie | keine |
Baujahr(e) | 1961-1977, ca. 800,000 Exemplare (alle 3 Versionen), davon die meisten von der Penti II. Diese Kamera #236932 von ca. 1965 |
Kaufpreis, Wert heute | 155 Mark (DDR), 49.50 DM, heute je nach Zustand 5-30 €. Sammler zahlen für die farbigen Varianten auch mehr. |
Links | Dresdner-Kameras.de, Camera-Wiki, Optiksammlung, Bedienungsanleitung, Mike Eckman, Zeissikonveb.de, Günter Posch |
Bei KniPPsen weiterlesen | Korelle K, Agfa Karat, Rapid-Film verwenden, Olympus PEN, Pentacon Electra |