2018-09-30

Fujica ST801


Wieder mal ein (kleiner) Meilenstein in der Geschichte der Kleinbild-Spiegelreflexkameras. Die Fujica ST801 war bei ihrem Erscheinen 1972 die erste SLR mit Leuchtdioden (LEDs) anstatt eines Drehspulinstruments mit Nadel. Jetzt kann man berechtigterweise fragen, wo der wirkliche Vorteil für den Fotografen liegt, vielleicht mal von ein paar wenigen Situationen bei schlechtem Licht abgesehen. 

Trotzdem war die Sache mit den LED's ein sichtbares Zeichen des Fortschritts, der sich allerdings eher im Verborgenen abspielte. Die Kamera hatte nämlich (wie ihre ein Jahr frühere Schwester ST701, noch mit Nadel) Silizium Photodioden anstatt CdS-Photowiderständen als Messelemente eingebaut, das ganze mit einer integrierten Schaltung, also echte Elektronik, keine langsamen halb-analogen Belichtungsmesser mehr. Bei der ST801 war das jetzt auch noch gepaart mit einer Offenblendvariante für M42, sowie einem schnellen Verschluss bis1/2000 s. Das Ganze in einem relativ kompakten Gehäuse und garniert mit einem damals noch seltenen Hot-Shoe (Blitz-Mittenkontakt im Zuberhörschuh). 



Elektronik war Anfang der 1970er einfach schwer angesagt und schickte sich an, auch in der Kameratechnik immer mehr Bereiche zu übernehmen. Zunächst wurden die elektrisch-analogen Belichtungsmesser durch präzisere und schnellere elektronische Varianten ersetzt. Wie eben hier in der ST801. Der nächste Schritt war die elektronische Verschluss-Steuerung, die dann in Fuji's nächstem Modell ST901 gleich zusammen mit einer Zeitautomatik realisiert wurde. Pionier dafür war keine japanische Kameraschmiede sondern 1968 der VEB Pentacon mit der Praktica PL electronic. Diese war aber eher ein technischer Pilotstudie, das Prinzip hat Pentacon erst mit der Praktica EE2 im Jahr erst 1977 wirklich umgesetzt. Da waren die japanischen Hersteller alle schneller und brachten Anfang der 70er alle "Elektronic"-Kameras mit Automatikfunktionen. Das kann man zum Beispiel in der Juni-Ausgabe von Popular Science von 1973 nachlesen. Auf Seite 80 gibt es dort ein anschauliches Schema über die Elektronic in der ST801 (siehe Bild). 
Fujifilm, oder wie sie früher hieß: Fuji Photo Film Co., ist eine bedeutende Firma, die nicht nur einer der drei großen Filmhersteller der Welt war, sondern immer schon auf verwandten Gebieten aktiv war. Im Gegensatz zu Agfa, die ja bekanntlich pleite und untergegangen sind, und auch Kodak, die zwar nach vorübergehender Insolvenz noch existieren, aber nur noch ein Schatten ihrer ehemaligen Größe und Bedeutung besitzen, ist Fuji immer noch da und auch heute (wieder) im Kamerabau aktiv. Respekt! Als Kamerahersteller gehörten sie nie zu den ganz großen, mit solch innovativen Kameras wie der ST801 haben sie der Industrie aber immer wieder Impulse gegeben. 


Datenblatt Erste KB-Spiegelreflexkamera mit LED-Anzeige
Objektiv M42 Schraubgewinde mit Fujica Offenblend-Variante. 
Verschluss Mechanischer, horizontaler Tuchschlitzverschluss 1s bis 1/2000 s und B.
Belichtungsmessung Si-Photodioden, TTL-Nachführmessung bei offener Blende, Fujinon-Objektive vorausgesetzt. Anzeige durch 7 LED's im Sucher. 25-3200 ASA (15-36 DIN)
Fokussierung Manuell am Objektiv, Mikorprismen und Schnittbildindikator als Scharfstellhilfen.
Sucher Spiegelreflex, Anzeige der eingestellten Verschlusszeit und LED's des Nachführbelichtungsmessers.
Blitz Mittenkontakt im Zuberhörschuh, FP und X Buchsen, Synchronzeit 1/60 s.
Filmtransport Schnellspannhebel, Bildzählwerk (vorwärtszählend), Rückspulkurbel. Hilfe beim Filmeinfädeln.
sonst. Ausstattung Stativgewinde, ISO-Drahtauslöser, Trageösen, Aufschraub-Okular für Zubehör, Zubehörschuh, Selbstauslöser, Arretierung für den Auslöser, Abblendtaste.
Maße, Gewicht ca. 133x91x50 mm, 635g (mit Batterie), 840g (mit Objektiv)
Batterie PX-28 (6V, Silberoxid), 4xLR44 möglich.
Baujahr(e) 1972-1978, ca. 200,000? Exemplare, diese #3050869  
Kaufpreis, Wert heute 125 £ (1974), heute ca. 50€ mit Objektiv
Links Camera ProtraitsInstruction ManualThe Camera SiteCamera-Wiki


2018-09-09

Zeiss Ikon Contessa (10.0632)


Diese interessante Kamera fiel mir gestern auf einem Flohmarkt in die Hände. Äußerlich extrem gut erhalten, der Belichtungsmesser funktionierte, nur leider ließ sie sich weder auslösen noch spannen. Für mich die Gelegenheit den Preis auf 5€ zu drücken. Zuhause habe ich kurzentschlossen den Schraubenzieher in die Hand genommen und hatte in wenigen Minuten das Ding wieder vollständig funktionstüchtig. Lediglich ein Häkchen des Verschlussaufzugs war aus seiner Nut gerutscht.

Contessa ist ein berühmter Kameraname. So hieß zunächst im Jahr 1908 ein 9x12-Modell der Kamerawerke Drexler&Nagel, das später sogar der Firma ihren Namen gab. Diese Firma wurde in den 20er Jahren zur Fusion zum Kameragiganten Zeiss Ikon gezwungen, der nicht nur die Produktionsstätte in Stuttgart, sondern natürlich auch den Namen Contessa übernahm. Ihr Gründer August Nagel wurde später Direktor und Chefentwickler der deutschen Kodak, der mit den Retina Kameras einer der größten Konkurrenten von Zeiss Ikon wurde.


Nach dem zweiten Weltkrieg erinnerte sich Zeiss Ikon wieder seiner Marke und brachte 1950 mit der Contessa 35 (interne Modellnummer 533/24) eine hochwertige Messsucher-Faltbalgenkamera für den Kleinbildfilm. Nach einem kleineren Upgrade 1953 (Synchro-Compur, MX) wurde deren Produktion aber schon 1955 wieder eingestellt. Zu groß war die Konkurrenz am Markt, insbesondere Kodak Retina und auch Voigtländer Vitessa boten z.T. mehr zu kleinerem Preis.  Auch griff, wer sich die super-teure Contessa leisten konnte, ggf. lieber zur Contax oder Leica. Zeiss Ikon war (mal wieder) zu kompliziert und teuer. 

Erfolg hatte man allerdings mit den einfacheren Contina Modellen. Ab 1960 gab es dann wieder eine zeitgemäße, einfachere, aber doch gut ausgestattete Kameraserie unter dem Namen Contessa. Diese Kamera hier machte den Anfang. Spätere Kameras der Serie trugen auch Bezeichnungen wie Contessamat oder Contessamatik, auch wurden Buchstabenkürzel verwendet, um die Modelle untereinander abzugrenzen. Diese hier wurde aber noch schlicht Contessa genannt, selbst auf das 35 verzichtete man.

Diese Kameras waren am Anfang der 60er Jahre wohl noch recht erfolgreich. Aber schon während dieses Jahrzehnts zeigte sich auch in Deutschland, was die Japaner zu produzieren im Stande waren, und das meist preiswerter als die heimischen Produkte. Anfang der 1970er dann kam mit der S310 die letzte Contessa-Generation auf den Markt. Es war ein fast schon verzweifelter Versuch von Zeiss Ikon mit einem von Voigtländer entwickelten Modell der japanischen Marktmacht noch etwas entgegen zu setzen. Aber darüber habe ich ja schon geschrieben.


Datenblatt KB-Sucherkamera
Objektiv 50 mm f/2.8 Carl Zeiss Tessar (4 Linsen in 3 Gruppen).
Verschluss Pronto Zentralverschluss, B-30-60-125-250
Belichtungsmessung eingebauter, ungekuppelter Selenbelichtungsmesser, 9-33 DIN
Fokussierung Manuell am Objektiv, keine Scharfstellhilfe.
SucherGroßer, optischer Sucher mit eingespiegeltem Leuchtrahmen
Blitz Synchronbuchse.
Filmtransport Schnellspannhebel, Bildzählwerk (rückwärtszählend), Rückspulkurbel im Boden der Kamera.
sonst. Ausstattung Selbstauslöser, Stativgewinde, ISO-Drahtauslöser, Zubehörschuh.
Keine (!) Trageösen, Bereitschaftstasche notwendig (s. Bild).
Maße, Gewicht ca. 117x84x70 mm, 559 g 
Batterie keine
Baujahr(e) 1960-1961 (andere Quelle: 1963?). Diese Y71457 ca. 1960
Kaufpreis, Wert heute ca. 250 DM (1960), heute ca. 40 €.
Links Collection Appareils,  Camera-Wiki

2018-08-29

Minolta SRT-101 @work


Seit langem mal wieder hier ein analoges Foto, aufgenommen mit der Minolta SRT-101 und dem W.Rokkor-HG 35mm f/2.8. Meine Tochter hat vor einiger Zeit sich die Kamera und Objektiv "ausgeliehen" und will sie gar nicht mehr hergeben. Sie hat schon einige Filme damit verschossen, viele schöne Aufnahmen sind entstanden. Dieses hier von unserem Hund Louis ist wirklich klasse geworden und zeigt ein wirklich schönes Spiel mit der Tiefenschärfe, wie es nur das Vollformat und Film liefern.

Das Objektiv ist übrigens eine Retrofokus-Konstruktion a lá Flektogon, wie viele andere erfolgreiche Weitwinkelobjektive ab den 1960er Jahren: 

W.Rokkor-HG 35mm f/2.8

2018-08-05

Retrofocus vs. Flektogon, Piere Angénieux und Harry Zöllner


Piere Angénieux, *14.07.1907 +26.06.1998Harry Zöllner, *29.01.1912 +30.12.2007

35 mm f/2.5 R1 Retrofocus
(Patent US 2,649,022
eingereicht am 29. Juli 1950)
Flektogon 35 mm f/2.8
(Patent DD10604A1 vom 8.3.1953 bzw.
Patent DE953471C vom 20.12.1953)
Nach längerer Zeit endlich wieder ein Beitrag über Photopioniere. Diesmal ist es ein Doppelportrait, allerdings nicht von sich gegenseitig inspirierenden Kollegen, die gemeinsame Sache machen (so wie bei Godowsky/Mannes oder Willmanns/Schneider), sondern zwei Konkurrenten, die quasi gleichzeitig und unabhängig voneinander dieselbe Erfindung machen und auch -natürlich mit Hilfe anderer- umsetzen.
Die Erfindung, das ist ein Weitwinkelobjektiv mit längerer Schnitt- als Brennweite für die Verwendung an den immer populärer werdenden Spiegelreflexkameras, denn der Spiegel brauchte ca. 38 mm Extraplatz im Strahlengang. Bis 1953 mussten sich SLR-Fotografen mit 40 mm Weitwinkel bescheiden. Realisiert werden konnte das mit Hilfe einer (oder mehrerer) relativ großen Zerstreuungslinse(n) vor dem 5-6 linsigem Basisobjektiv. Damit kommt die optische Hauptebene hinter der letzten Linse zu liegen. 
Beide Erfinder arbeiteten zunächst an der bei Messsucherkameras sehr populären Brennweite 35 mm. Dies geschah in den Jahren 1950 bis 1953, der Franzose war nach den Daten auf den Patenten etwas früher dran, dafür gab es vom Flektogon 1950 eine erste Kleinserie. Kaufen konnte man beide Objektive  von Mitte/Ende 1953 an. Man kann eigentlich davon ausgehen, dass sie zunächst selbst nichts von der jeweiligen Arbeit des anderen gewusst haben, Angéniuex's Patent wurde erst nach Einreichen desjenigen von Zöllner veröffentlicht.   

Britisches Patent GB 355 452 von 1930.
Erfinder ist Horrace William Lee von Kapella Ltd.
Gewusst aber haben beide sicherlich vom damals schon 20 Jahre alten Patent des Briten Lee. Dieser hatte die eigentliche Idee schon beschrieben. Zweck der Erfindung damals waren allerdings Kinoobjektive für Farbkameras mit Strahlenteilerprisma. Auch diese benötigen wie die späteren Reflexspiegel mehr Platz im Strahlengang als mit klassischer (symmetrischer) Objektivkonstruktion zur Verfügung steht.
Angénieux und Zöllner haben aber keineswegs abgeschrieben. Die Technologie war Anfang der 50er Jahre natürlich weiter, es gab neue und andere Glassorten und auch die Antireflex-Beschichtung (Vergütung) war endlich erfunden und erlaubte andere Freiheitsgrade bei der Konstruktion. Beide hatten ernorme Mengen von Formeln zu kalkulieren, damals alles per Hand und mit Hilfe von Logarithmentafeln und Rechenschieber. Auch hatten sie Hilfe von Rechnern, damals ein Beruf und noch keine Maschine. Interessanterweise waren diese Retrofokus-Weitwinkel die letzte Klasse von Objektiven, die noch ohne Computerhilfe designed wurden. Schon ab 1954 hatte Harry Zöllner und sein Team bei Carl Zeiss Jena die OPREMA (OPtik REchen MAschine) zur Verfügung, der erste arbeitsfähige in der DDR gebaute Computer. Auch Pierre Angénieux hat sicherlich später Computer benutzt, ansonsten wären seine Pionierleistungen zu Zoomobjektiven nicht möglich gewesen. 
Die Biographien der beiden ähneln sich. Der Franzose ist 5 Jahre älter, beide waren aber jung genug, um nicht als Soldaten im ersten Weltkrieg gegeneinander kämpfen zu müssen. Interessanterweise waren beide auch im 2. Weltkrieg nicht Soldat, sondern haben während der Kriegsjahre schon Objektive gerechnet. Zumindest bei Zöllner weiß man, dass er wegen dieser auch für die Rüstung wichtigen Aufgabe nicht selbst Soldat werden musste. Details zu ihren Lebensläufen können hier nachgelesen werden: Zöllner, Angénieux. Trotz der sehr ähnlichen Ausbildung und sicherlich auch Begabung, hört es mit den Parallelen irgendwann systembedingt auf. Angénieux macht sich schon 1935 selbständig, und weil die Firma irgendwann seinen Namen trägt, ist er heute der bekanntere der beiden. Er wurde als Anerkennung seiner Leistungen Mitglied der Ehrenlegion und bekam sogar zwei Oskars. Aber auch Harry Zöllner, der zeit seines Lebens Angestellter blieb und schließlich sogar bei seinem ersten Arbeitgeber 1977 auch in Rente ging, erhielt einige Ehrungen. 
Ob sie sich beide je persönlich getroffen haben, konnte ich nicht rausbekommen. Es ist vermutlich unwahrscheinlich, obwohl nach dem Mauerfall noch ein paar Jahre Gelegenheit gewesen wäre. Auf jeden Fall hat ihre Erfindung von 1950 die Entwicklung der Spiegelreflex-Systeme enorm vorangebracht. Schnell hatten auch andere Hersteller Retrofocus Weitwinkel im Programm. Beide Firmen hatten zunächst natürlich die Nase vorn und entwickelten erfolgreich weitere 28mm, 24/25mm und sogar 20mm Typen. Der Begriff Retrofocus wurde von Angenieux zunächst als seine Marke gebraucht, leider hatte er sich diese nicht schützen lassen, etwas was er zeitlebens bereut hat.



2018-07-14

Carl Zeis Tessar 40 mm f/4.5

Ich war einigermaßen erstaunt, dass ich neben dem "normalen" Tessar 2.8/50 mm dieses Tessar 4.5/40 mm als Wechselobjektiv der Praktica F.X2 Ausrüstung antraf. Bisher hatte ich von diesem Objektiv noch nichts gehört und war im ersten Moment fast erschrocken über die geringe Lichtstärke von f/4.5. Erst dachte ich, es ist vielleicht als Makroobjektiv gedacht gewesen, aber nach einigen Recherchen ergibt sich ein Bild: Es ist als Weitwinkelobjektiv benutzt worden. Laut Seriennummer wurde es im Juni 1953 gebaut und damit in einer Zeit, in der das moderne Retrofokus-Weitwinkel für die Spiegelreflex gerade erfunden, aber noch nicht wirklich verfügbar bzw. sehr teuer war. 
Vignettierung bei verschiedenen Blenden, hier am
Beispiel des westdeutschen Tessars 2.8/45.

Technisch existierte in der Anfangszeit der einäugigen Spiegelreflexkamera folgendes Problem für Weitwinkelobjektive: Der Spiegel im Strahlengang brauchte Platz. Bei der Kine-Exakta waren es 38 mm, es konnten also nicht einmal die moderaten und damals beliebten 35 mm Weitwinkel verwendet werden, denn Brennweite und Auflagemaß gingen mit den damaligen Optiken noch Hand-in-Hand. 
Da lag es nahe, es mit einem Tessar 40 mm zu versuchen. Dummerweise wird auch der Bildkreis dieses Universalobjektivs mit Abstand zur Filmebene kleiner und es leuchtete das Kleinbildformat insbesondere in den Ecken nicht mehr so aus wie der größere Normalobjektiv-Bruder. Diese sogenannte Vignettierung (relativ geringere Beleuchtungsstärke im Vergleich zur Bildmitte) kann man aber durch Abblenden verringern und so entschied man sich für f/4.5 als noch akzeptablen Kompromiss. Im Herbst 1953 kamen die ersten Flektogon Objektive von Carl Zeiss Jena auf den Markt und lösten das Problem mit neuer optischer Konstruktion, die Brennweite von Auflagemaß entkoppelte. Aber davon bei Gelegenheit noch mehr.

Mein Tessar hier ist jedenfalls recht selten und in dieser Form nur 5600 mal gebaut worden. Besonders interessant ist auch die Geschichte rund um den Neuanfang von Carl Zeiss Jena in den 1950ern

2018-07-08

Gelbfilter

Rückblickend scheint bestimmtes Fotozubehör sonderbar, einfach weil es heute nicht mehr gebraucht wird. Aber in den Zeiten der Schwarz-Weiß-Fotografie gehörten Gelbfilter zu jeder ambitionierten Fotoausrüstung. Was solche Filter tun, habe ich in einem früheren Post schonmal beschrieben. Diese drei hier gehören zur Ausrüstung rund um die Praktica F.X2  aus den 1950ern. Schön einzeln verpackt in Bakelit Etuis kamen sie in die Fototasche. Die 49 ist der Durchmesser des Filtergewindes in mm, lange Zeit ein Standardmaß bei Zeiss Ikon aber auch anderen. Es gab wohl auch noch einen "G3" Gelbfilter (mit 4x Belichtungsverlängerung), mein Vorbesitzer hat aber darauf verzichet.

2018-06-12

Ihagee Blitzleuchte


Auch dieses Zubehör kam mit meinem Flohmarktfang um die Praktica FX.2 herum. Wie fast alles andere auch in extrem gut erhaltenem Zustand, komplett im Karton. Sogar eine heute seltene Batterie vom Typ V72PX (22.5V) war dabei, allerdings keine Blitzlämpchen mehr, so dass ich das Ensemble aus Kamera und Blitz nicht wirklich ausprobieren kann. Eine Anleitung war (natürlich) auch dabei. Diese habe ich eingescannt und stelle sie hier anstelle von eigenem Text hier dem interessierten Leser zur Verfügung. Einfach auf das Bild oben klicken und viel Spaß dabei!

2018-05-26

KW Zwischenringe und Doppeldrahtauslöser

Zwischenringe sind die technisch simpelste Methode den Objektivauszug mechanisch zu verlängern und damit Nahaufnahmen zu ermöglichen. Bei M42 reichen simple Metallringe (wie diese hier aus Aluminium) mit vorne und hinten dem jeweiligen Gewinde. Diese hier, gebaut von den Kamerawerkstätten Niedersedlitz ("KW") in den 1950 oder 1960ern, sind 7, 14 und 28 mm breit. Beliebig kombinierbar erlauben sie einen maximalen Auszug von 49 mm und mit einem 50 mm-Objektiv einen maximalen Abbildungsmaßstab von ca. 1:1:

Ab 1956 hatten die Dresdener Kameras Praktica FX2 und später die Contax F mit entsprechenden Objektiven die automatische Springblende, d.h. die Blende blieb zum Scharfstellen maximal geöffnet und schloss sich erst beim Auslösen auf den eingestellten Wert.  Das ist natürlich auch bei Makrofotografie sinnvoll und dafür gab es noch einen Spezialzwischenring (14mm), der direkt hinter das Objektiv kam und den silbernen Pin bedienen konnte. Dazu brauchte man noch den mitgelieferten Doppeldrahtauslöser, der mit einem Druck dann die Blende schloss und die Kamera auslöste.

2018-05-20

Praktica F.X2


Einen überaus erfreulichen Flohmarktsfund hatte ich letzten Samstag: Eine quasi komplette und extrem gut erhaltene Kamera-Ausrüstung von ca. 1959. Neben der Praktica F.X2 waren drei Objektive dabei, ein Ihaagee Kolben-Blitzgerät, zwei funktionierende Selen-Handbelichtungsmesser, alte Filmdöschen, Zwischenringe, Drahtauslöser, Gelbfilter etc. Alles quasi wie neu, zum großen Teil im Originalkarton mit Anleitungen, was will da das Sammlerherz mehr. Der Verkäufer wollte 50 Euro für einen guten Zweck, da habe ich ich mir das sonst obligatorische Handeln verkniffen...
Die Kamera ist ein typischer Vertreter der Dresdener Kameraindustrie der 1950er. Als Nachfolger der Praktiflex kam von den Kamerawerken in Niedersedlitz 1949 die Praktica, von der im Laufe der nächsten 10 Jahre immer weiter verbesserte Varianten als FX und später FX2/FX3 gebaut und verkauft wurden (Details gibt es hier). Die Buchstaben FX sind übrigends eine Referenz an die eingebaute Blitzsynchronisation für Kolben und später Elektronenblitzgeräte. Alle Praktica-Varianten der 1950er hatten den aufklappbaren Lichtschachtsucher mit einschwenkbarer Sucherlupe. Als Zuberhör gab es einen Aufsteckprismensucher, der genau in den Lichtschacht passte:
Der Spiegel klappte nach dem Auslösen nicht wieder automatisch runter, ein Feature, was man von der Praktiflex leider nicht übernommen hatte. Der Verschluss ist ein horizontal ablaufender Tuchschlitzverschluss a la Leica, allerdings mit Zeiten von 1/2 bis 1/500 s und B an nur einem (mitdrehenden) Einstellring. 1956 wurde dann während der FX2 Produktion die automatische Springblende für das M42-Gewinde eingeführt, zu erkennen am breiten Hebel unterhalb des Spiegels bzw. objektivseitig am charakteristischen silbernen Pin.

Insofern ist die FX2 also doch ein technisches Meilensteinchen. Im letzten Jahr der Produktion wurde noch die Blitzsynchronisation um 10 Millisekunden korrigiert und die Bezeichnung bekam den Punkt zwischen F und X. Meine Kamera ist aus diesem Zeitraum und auch das Objektiv ist laut Seriennummer von 1958. Ich bin mir noch nicht sicher, was ich langfristig mit ihr anstellen werde. Erstmal werde ich auch noch einige andere Teile aus der Ausrüstung hier dokumentieren. Fotos sind schon gemacht. Aber eventuell verkaufe ich auch das eine oder andere. Ich bin sicher, dass ich in Summe ein vielfaches meines Kaufpreises erzielen werde.


Datenblatt KB-Spiegelreflexkamera mit Lichschachtsucher und erstmalig automatischer Springblende bei M42.
Objektiv M42 Schraubgewinde, hier Carl Zeiss Jena Tessar 50 mm f/2.8 (4 Linsen in 3 Gruppen).
Verschluss mechanischer, horizontaler Tuchschlitzverschluss 2, 5, 10, 50, 100, 200, 500 1/s und B.
Belichtungsmessung keine
Fokussierung Manuell am Objektiv, SLR.
Sucher Spiegelreflex, kombinierter (Durchsicht-)Sport und Lichtschachtsucher mit ausklappbarer Sucherlupe. Keine weiteren Scharfstellhilfen.
Blitz 2 Buchsen für F und X, Synchronzeit 1/40 s.
Filmtransport Drehknpof mit Bildzählwerk (vorwärtszählend), Rückspulknopf.
sonst. Ausstattung Stativgewinde, ISO-Drahtauslöser, Trageösen, Aufsteckprimensucher (optionales Zubehör).
Maße, Gewicht ca. 152x91x49 mm, 624g (Gehäuse), 890g (mit Objektiv und Prisma)
Batterie keine.
Baujahr(e) 1958-1959, 29.000 Exemplare ("F.X2" Hummel 137), diese #317322 
Kaufpreis, Wert heute 521 Mark (1959, mit Tessar), heute ca. 50€
Links Camera-Wiki, Wikipedia, Dresdner Kameras, Praktica Collector, Bedienungsanleitung, Kurt Tauber, Prakticas reparieren lassen.

2018-05-10

Pentax ME-F + AF Zoom 1:2.8 35-70mm


Ein Meilenstein der Kamerageschichte: 1981 war die Pentax ME F die erste (kommerziell erhältliche) Autofokus-Spiegelreflexkamera für Kleinbildfilm mit TTL (through the lens) Fokusmessung. Alle diese Einschränkungen müssen sein, denn die erste AF-SLR war die Polaroid SX-70 Sonar Onestep von 1978. Die erste kommerzielle AF-Kleinbildkamera habe ich auch schon in meiner Sammlung: Konica C35 AF von 1977. Man sieht, Autofokus war damals ein ganz heißes Thema und DIE Innovation nachdem TTL-Belichtungsmessung und Belichtungsautomatik inzwischen Stand der Technik waren. 


Alle renomierten Kamerahersteller arbeiteten also damals an Autofokus-SLR's und Asahi Pentax Ingenieure waren die schnellsten am Markt. Sie haben es sich aber auch recht einfach gemacht. Die Pentax ist im wesentlichen eine Pentax ME-Super, die um eine integrierte Scharfstellhilfe und ein paar weitere damit verbundene Kleinigkeiten erweitert wurde. Die Bilder oben zeigen, was anders ist: Während die rechte Kameraoberseite unverändert ist, kamen links zwei Schiebeschalter für die Scharfstellhilfe hinzu. Außerdem braucht die Kamera die doppelte Anzahl an Batterien. Die Messzelle für die Phasenkontrastmessung sitzt im Boden der Kamera, der Rückschingspiegel ist in der Mitte halbdurchlässig und ein zweiter Hilfsspiegel lenkt das Licht auf den neuen Sensor. Das ansonsten identische K-Bajonett hat 5 neue elektrische Kontakte, die die Scharfstellinformationen an das einzig verfügbare AF-Objektiv übermitteln: SMC Pentax AF 35-70/2.8 Zoom. Dies hat einen eingebauten Scharfstellmotor, der aus 4 AAA Batterien gespeist wird und entsprechend einen recht unattraktiven Bauch. 
Aufmerksame Leser meines Blogs werden es vielleicht bemerkt haben: Die Kamera gehört schon seit 2013 zu meiner Sammlung, seit gestern habe ich (endlich) auch das dazugehörige Objektiv (oben auf Bild)! Und das Beste ist: Der AF funktioniert, so dass ich hier links ein kleines GIF des Scharfstellvorgangs zeigen kann. Ruckelnd tastet sich der Schrittmotor im Objektiv an die richtige Schärfe ran, man kann es im ursprünglichen Video hören. Bei genügend Licht und Kontrast funktioniert das sehr zuverlässig. Aber schon im Innenraum mit künstlicher Beleuchtung kann man den AF nicht wirklich mehr gebrauchen. Auch die Scharfstellgeschwindigkeit liegt eher im (mehrere-) Sekundenbereich, kein Vergleich zu heutigen Systemen. Cirka 80,000 Kameras und vermutlich weniger AF-Objektive wurden von 1981-1984 gebaut. Leider blieb dieses Zoom das einzige AF-Objektiv von Pentax. Immerhin funktioniert die Scharfstellhilfe mit allen anderen verfügbaren K-Objektiven über die LED-Anzeige in der unteren Suchermitte (siehe Video) oder wahlweise mit einem akustischen Signal (wer's mag). 

Es folgten andere Kamerahersteller mit ähnlichen Konzepten: Yashica mit der Contax 137 AF (nur ein Prototyp auf der Photokina 1982), Olympus OM30/OM-F (1983), Nikon F3AF (1983, 2 Objektive, nur für Profis erschwinglich), Canon T80 (1985).  Alle diese Kameras waren nicht sehr erfolgreich am Markt und werden wohl selbst kaum die Entwicklungskosten für die neuen AF-Systeme eingespielt haben. Der Durchbruch für Autofokus kam 1985 mit der Minolta (Maxxum) 7000. Davon in diesem Beitrag, denn auch eine solche konnte ich im März 2013 günstig erwerben...

Datenblatt Erste KB-SLR mit passivem TTL-Autofokus
Objektiv AF-adaptiertes Pentax K Bajonett, AF nur mit SMC Pentax AF 35-70 f/2.8. Alle K-Objektive passen (ohne AF).
Verschluss Vertikaler, elektronischer Metall-Lamellenschlitzverschluß ( Seiko MFC -E2) 1/2000s - 4s, mechanisch 1/125s und B.
Belichtungsmessung Mittenbetonte TTL-Offenblendmessung mit GPD-Zellen. Empfindlichkeitseinstellung 12-1600 ASA. 
Fokussierung SLR, Mikroprismenmattscheibe, nicht auswechelbar. Elektronische Scharstellhilfe mit drei LED im Sucher, Steuerung des AF-Objektivs durch 5 Kontakte im Bajonett.
Sucher SLR, 92% des Bildfelds, Suchervergrößerung 0.95x. Anzeige der Belichtungszeiten mit farbigen LEDs. 
Blitz Mittenkontakt im Zubehörschuh und Synchronbuchse (X). 1/125s Synchronzeit. Zusätzliche Kontakte für Systemblitz. 
Filmtransport Schnellspannhebel, Bildzählwerk, Rückspulkurbel. Anschlussmöglichkeit für Winder "ME2"
sonst. Ausstattung ISO-Gewinde für Drahtauslöser , Selbstauslöser, keine Abblendtaste, Anschlussmöglichkeit für Datenrückwand
Maße, Gewicht ca. 134/83/52 mm, 480g (Gehäuse), mit AF-Zoom und Batterien: 1124g.
Batterie 4 x 1.5V LR44 oder SR44 für die Kamera und 4x AAA (Objektiv)
Baujahr(e) 1981-1984, ca. 80,000 Exemplare. Diese: #3505076 ca. 1981.
Kaufpreis, Wert heute $994 (1981, inkl. AF Zoom), heutiger Wert ca. 250 € (Kamera mit AF-Objektiv)
Links Manual (english) , Wikipedia , Werbeanzeige, Geschichte des Autofokus nach Patenten (english), Lomography, andere frühe AF-SLR's (japanisch)