2018-05-20

Praktica F.X2


Einen überaus erfreulichen Flohmarktsfund hatte ich letzten Samstag: Eine quasi komplette und extrem gut erhaltene Kamera-Ausrüstung von ca. 1959. Neben der Praktica F.X2 waren drei Objektive dabei, ein Ihaagee Kolben-Blitzgerät, zwei funktionierende Selen-Handbelichtungsmesser, alte Filmdöschen, Zwischenringe, Drahtauslöser, Gelbfilter etc. Alles quasi wie neu, zum großen Teil im Originalkarton mit Anleitungen, was will da das Sammlerherz mehr. Der Verkäufer wollte 50 Euro für einen guten Zweck, da habe ich ich mir das sonst obligatorische Handeln verkniffen...
Die Kamera ist ein typischer Vertreter der Dresdener Kameraindustrie der 1950er. Als Nachfolger der Praktiflex kam von den Kamerawerken in Niedersedlitz 1949 die Praktica, von der im Laufe der nächsten 10 Jahre immer weiter verbesserte Varianten als FX und später FX2/FX3 gebaut und verkauft wurden (Details gibt es hier). Die Buchstaben FX sind übrigends eine Referenz an die eingebaute Blitzsynchronisation für Kolben und später Elektronenblitzgeräte. Alle Praktica-Varianten der 1950er hatten den aufklappbaren Lichtschachtsucher mit einschwenkbarer Sucherlupe. Als Zuberhör gab es einen Aufsteckprismensucher, der genau in den Lichtschacht passte:
Der Spiegel klappte nach dem Auslösen nicht wieder automatisch runter, ein Feature, was man von der Praktiflex leider nicht übernommen hatte. Der Verschluss ist ein horizontal ablaufender Tuchschlitzverschluss a la Leica, allerdings mit Zeiten von 1/2 bis 1/500 s und B an nur einem (mitdrehenden) Einstellring. 1956 wurde dann während der FX2 Produktion die automatische Springblende für das M42-Gewinde eingeführt, zu erkennen am breiten Hebel unterhalb des Spiegels bzw. objektivseitig am charakteristischen silbernen Pin.

Insofern ist die FX2 also doch ein technisches Meilensteinchen. Im letzten Jahr der Produktion wurde noch die Blitzsynchronisation um 10 Millisekunden korrigiert und die Bezeichnung bekam den Punkt zwischen F und X. Meine Kamera ist aus diesem Zeitraum und auch das Objektiv ist laut Seriennummer von 1958. Ich bin mir noch nicht sicher, was ich langfristig mit ihr anstellen werde. Erstmal werde ich auch noch einige andere Teile aus der Ausrüstung hier dokumentieren. Fotos sind schon gemacht. Aber eventuell verkaufe ich auch das eine oder andere. Ich bin sicher, dass ich in Summe ein vielfaches meines Kaufpreises erzielen werde.


Datenblatt KB-Spiegelreflexkamera mit Lichschachtsucher und erstmalig automatischer Springblende bei M42.
Objektiv M42 Schraubgewinde, hier Carl Zeiss Jena Tessar 50 mm f/2.8 (4 Linsen in 3 Gruppen).
Verschluss mechanischer, horizontaler Tuchschlitzverschluss 2, 5, 10, 50, 100, 200, 500 1/s und B.
Belichtungsmessung keine
Fokussierung Manuell am Objektiv, SLR.
Sucher Spiegelreflex, kombinierter (Durchsicht-)Sport und Lichtschachtsucher mit ausklappbarer Sucherlupe. Keine weiteren Scharfstellhilfen.
Blitz 2 Buchsen für F und X, Synchronzeit 1/40 s.
Filmtransport Drehknpof mit Bildzählwerk (vorwärtszählend), Rückspulknopf.
sonst. Ausstattung Stativgewinde, ISO-Drahtauslöser, Trageösen, Aufsteckprimensucher (optionales Zubehör).
Maße, Gewicht ca. 152x91x49 mm, 624g (Gehäuse), 890g (mit Objektiv und Prisma)
Batterie keine.
Baujahr(e) 1958-1959, 29.000 Exemplare ("F.X2" Hummel 137), diese #317322 
Kaufpreis, Wert heute 521 Mark (1959, mit Tessar), heute ca. 50€
Links Camera-Wiki, Wikipedia, Dresdner Kameras, Praktica Collector, Bedienungsanleitung, Kurt Tauber, Prakticas reparieren lassen.

2 Kommentare:

  1. Eine sehr schöne Kamera und Glückwunsch zum Flohmarkt-Fund!
    Neulich fand ich eine eben solche Praktica - nur ohne Punkt zwischen F und X - im Elektroschrott-Container auf dem Wertstoffhof. In ihrer Lederhülle hat sie auf einem Berg von Altgeräten auf mich gewartet. Der Container ist mit Türen ausgerüstet und nach oben hin geschlossen. Also lag die FX2 da wenigstens trocken. Ich MUSSTE sie einfach mitnehmen.
    Beim öffnen der Tasche hätte es mich fast umgehauen. Nicht nur, dass die Kamera noch voll funktionsfähig und in einem guten Zustand erschien, statt des erwarteten Tessars steckte ein Biotar 58/2 mit Vorwahlspringblende im M42-Gewinde.
    Unfassbar - wer wirft so ein Stück Technikgeschichte in den Elektroschrott? Glück für mich und die Kamera, dass ich sie rechtzeitig retten konnte!
    Nachträglich habe ich ihr einen Prismensucher spendiert und das Objektiv in gute Hände zur Wartung gegeben. Schließlich sind mir die Anschaffungskosten erspart geblieben. In der Zwischenzeit (leider einige Monate) darf das passende Tessar - ebenfalls mit Vorwahlspringblende, wie hier gezeigt - an die Kamera. Ein Film liegt auch schon drin. Nur zum Knippsen bin ich noch nicht gekommen. Es reichte bisher nur zu Trockenübungen.
    Der Lichtschachtsucher ist schon sehr gewöhnungsbedürftig und genaues Fokusieren gelingt nur mit Hilfe der Lupe. Da ist mir der Einstecksucher schon deutlich lieber. Die Einstellung der Zeiten mutet auch sehr "oldschool" an. Das winzigen Pünktchen auf dem äußeren Ring dreht man zur gewünschten Zeit, mit dem inneren Rädchen muss man noch wählen, ob dies eine schnelle ( 1/50 ... 1/500) oder langsame Zeit ist. Man kann das aber auch falsch einstellen und bekommt dann irgend eine Belichtung.
    Der Spiegel klappt erst beim Filmtransport zurück in die Arbeitsposition. Bis dahin lässt er das Licht vom Objektiv ungehindert auf die Verschlusstücher fallen. Also sollte man immer darauf achten, nach dem Auslösen den Objektivdeckel aufzustecken um Brandlöcher im Tuchverschluss zu vermeiden (leider kein Witz!!).
    Davon abgesehen ist die FX2 schon ein ordentliches Werkzeug für den geneigten Knippser, solide verarbeitet und sicher langlebiger als meine Digitalkamera.

    Fazit: Nicht verkaufen oder wegwerfen, sondern Film einlegen, loslegen und Spaß dabei haben!!

    AntwortenLöschen
  2. Guter Artikel!

    Ich kann das Fotografieren mit der Praktica nur empfehlen. Die Kamera hat, wie auch ihre ältere Schwester, die Ur-Praktica, durch ihre Spiegelvorauslösung (Auslöser leicht drücken) eine absolut erschütterungsfreie Auslösung. Noch nie zuvor konnte ich mit einem Teleobjektiv und langen Belichtungszeiten bis zu einer fünftel Sekunde verwacklungsfreie Bilder machen!

    Gerne würde ich mit meinem Zuwachs zur Ur-Praktica, meiner FX-2 bald möglichst auch fotografieren. Doch steht mit dafür ein klitzekleines, ausschlaggebendes, Problem im Weg:

    Hast Du auch Probleme mit der Rückspulkurbel, die bei Plastikfilmpatronen nicht einmal abgesenkt, geschweige gedreht werden kann und bei Metallpatronen sehr hakelig und schwer läuft? Ich habe die Achse bereits ausgebaut, gereinigt und begutachtet. sie ist absolut gerade und lässt sich ausgebaut problemlos in jede Filmpatrone stecken.

    AntwortenLöschen