ORWO Schwarzweißfilme waren für mich als Schüler, Zivi und später Student eine preiswerte, aber doch recht gute Lösung, um meinen enormen Bedarf an Filmen zu decken. 1984 habe ich den ersten Schwung dieser Filme bei einem Verwandtenbesuch in der DDR vom Zwangsumtauschgeld gekauft, später dann nochmal 1988 in Ost-Berlin nachgelegt, doch auch in Wuppertal konnte man später solche Filme günstig kaufen. Oben sieht man fast die gesamte Palette an SW-Negativfilmen, ORWO produzierte aber auch Farbfilme. Von diesen habe ich auch mal einen ausprobiert, dieser erreichte aber bei weitem nicht das Qualitätsniveau westlicher Filme. Die SW-Filme waren vom Tonwertumfang vergleichbar mit Agfa, Kodak oder Ilford-Standardfilmen, der NP27 z.B. erreichte aber nicht das Niveau eines Tri-X oder HP5, was die Körnigkeit angeht. Praktisch waren die einfach zu öffnen und wiederverschließbaren Plastik-Patronen. Ich habe sie gerne für Meterware genutzt.
ORWO steht für "ORiginal WOlfen" und ist die 1964 neu eingeführte Marke für Filme aus der ehemals größten Filmfabrik Europas, wo bis zu diesem Zeitpunkt Filme unter der Marke Agfa produziert wurden. Die weltweiten Markenrechte (bis auf den Ostblock) an Agfa hatte sich nämlich die westdeutsche Neugründung der Agfa in Leverkusen gesichert. Der VEB Filmfabrik Agfa Wolfen war an kapitalistischen Werten wie Markennamen nicht sonderlich interessiert und hat diese Entwicklung einfach verschlafen. Die Geschichte der Fotofabrik in Wolfen kann in einem Buch von Rainer Karlsch nachgelesen werden.
Von der ehemals riesigen Filmfabrik ist heute nur noch ein ödes Gelände übrig. Die meisten Gebäude sind abgerissen, einige wurden unter Denkmalschutz gestellt. In einem der ältesten noch erhaltenen Gebäude ist heute das Industrie- und Filmmuseum Wolfen, welches ich schon zweimal besucht habe und hier wärmstens für jeden Foto-Interessierten empfehlen möchte. Man kann in einer sehr interessanten Führung die alten Maschinen besichten, auf denen ab 1936 der erste Mehrschichtenfarbfilm der Welt, der Agfacolor-Neu gegossen wurde. Neben den Maschinen gibt es noch eine recht umfangreiche Kamera-Sammlung und vieles andere Interessante zum Thema Fotografie und Industriegeschichte. Der Museums-Shop verkauft für wenig Geld u.a. alte ORWO-Broschüren. Aus einer von diesen stammt das oben abgebildete Schema zur Filmherstellung.
In diesem Jahr feiert die ehemalige Filmfabrik übrigends 100-jähriges Jubiläum und gerade am heutigen Tag wird das Industrie- und Filmmuseum von der Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh) als "Historische Stätte der Chemie" ausgezeichnet.
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