2020-04-22

Nikkorex 35 Zoom und die Geschichte der Zoomkameras

1963-1965, die erste Zoomkamera der Welt.
Ich habe es bei meinem Beitrag über die Nikkorex 35 Zoom schon erwähnt: Sie ist als allererste Kamera mit fest eingebautem Zoom-Objektiv ein Meilenstein. Allerdings ein seltsamer Meilenstein, weil sie selbst ab 1963 nur ca. 2 Jahre am Markt war und erst mal ohne Nachahmer wieder verschwand und es dann fast 25 Jahre dauerte bis das Prinzip Zoomkamera (fest eingebautes Zoomobjektiv) sich langsam durchsetzte und danach zum Standard wurde.

Das ist natürlich eng verbunden mit der technischen Entwicklung des Zooms und die steckte seit dem ersten Voigtländer Zoomar (1959) 1963 noch in den Anfängen. Die allermeisten Hertsteller brachten zunächst Telezooms (so auch Nikon), weil diese wohl einfacher zu realisieren waren, außerdem spielte bei diesen die zusätzlich benötigte Größe im Vergleich zur Festbrennweite keine so große Rolle. Auch die Nikon-Ingenieure  mussten erst die Erfahrung machen, dass ein Standard-Zoom bei der Konzentration auf die optischen Qualitäten schnell größen-, gewichts- und kostenmäßig aus dem Ruder laufen kann. So geschehen beim geplanten und später nicht realisierten 35-85 f/2.8-3.5. Man musste also weitere Kompromisse machen und die Branche lernte dies im darauf folgenden Jahrzehnt. Auch das 43-86 war ein solcher Kompromiss, aber ein fauler. Der Brennweitenbereich und die optischen Leistungen waren nicht da, wo sie eigentlich sein sollten, trotzdem war das Ding immer noch groß und teuer. Das war der Grund, warum die Nikkorex und mit ihr das Konzept Zoomkamera 1965 erstmal wieder in der Versenkung verschwanden.

1977: Das erste Zoom, was als Standardobjektiv
mit einer SLR zusammen verkauft wird. 
Erst ca. 10 Jahre später kam wieder Fahrt in die Sache und ab ca. 1973 kamen die ersten wirklich brauchbaren Standard-Zooms auf den Markt. Als erstes optisch fast ebenbürtiges Standardzoom gilt das Canon FD 35-70 f/2.8-3.5, aber auch das war noch groß und teuer. Fast alle wichtigen Objektivhersteller brachten innerhalb der folgenden Jahre akzeptable und immer kompakter werdende Modelle. Unterstützt wurde das von der Tatsache, dass die Kameras inzwischen TTL-Messung beherrschten und die Zooms daher auch in ihrer Anfangsöffnung variieren konnten. Ein entscheidender Freiheitsgrad mehr für die Ingenieure. Es war dann Fuji, die sich als erste trauten, ein Zoom (Fujinon-Z 43-75 f/3.5-4.5) als Standardobjektiv mit einer SLR zu verkaufen. Von hier aus -sollte man meinen- wäre der Weg zu einer zweiten Zoomkamera nicht mehr weit gewesen. Aber beim allseits beliebten 35mm Film tat sich auch die nächsten 10 Jahre nichts.

1976-1979: Die zweite Zoomkamera ist
eine SLRfür die Pocketkassette 110
In der Zwischenzeit (1976) betrat allerdings die zweite Zoomkamera der Welt die Bühne. Sie war ebenfalls eine SLR, allerdings für die 110er Kassette: Die Minolta 110 Zoom wurde sogar sehr konsequent als Zoom-SLR für den Massenmarkt vermarktet und fiel durch ihr sehr ungewöhnliches Äußeres auf. Das schreckte aber wohl die potentiellen Käufer eher ab, sodass sie von Minolta ab 1979 durch eine zweite eher konventionell als SLR gestylete Version ersetzt wurde. Ihr Zoom ist angeblich eines der besten überhaupt für den Pocketfilm 110 erhältlichen Objektive. Man muss aber erwähnen, dass bei beiden Kameras der Zoombereich erst bei KB-äquivalenten 50mm startete, sie streng genommen also keine echten Standardzooms, sondern leichte Telezooms waren. Aber auch diese beiden Versuche von Minolta waren nicht lange am Markt und verschwanden schnell wieder und es kamen einige Jahre, in denen man keine Zoomkamera kaufen konnte.
Pentax Zoom 70 (IQ Zoom) war ab 1987 die
erste kompakte Zoomkamera (35-70 f/3.5-6.7) 
So gab es Anfang der 1980er wieder keine Kamera mit fest eingebautem Zoom am Markt. Es war die Zeit der Automatisierung. Fast alle Kameras hatten inzwischen irgendeine Art von Belichtungsautomatik an Bord, viele einen Elektronenblitz eingebaut, fast überall Elektronik und natürlich eine Batterie an Bord. Autofokus gab es bei den Kompakten seit der Konica 35 AF (1977) und bei den Kleinbild-SLR's seit 1981 (Pentax ME-F). Das einzige dazu verfügbare AF-Objektiv war (natürlich) ein Standardzoom, aber eben nicht fest eingebaut. Den umfassendsten Automatisierungsgrad erreichte dann 1985 die SLR-Königin Minolta 7000 AF. Gerade an ihr erkennt man einen anderen Trend in der Kameraproduktion: der Einzug von Kunststoff und Plastik als Hauptmaterial der Kameras (sogar bei SLR's). Kunststoff, die Verwendung von Elektronik und weitere Fortschritte beim (Zoom-) Objektivdesign ermöglichten dann den dritten und letztendlich nachhaltigen Versuch der Einführung von Zoomkameras. Angekündigt schon 1986 erschien dann ein Jahr später die Pentax Zoom 70 (in anderen Märkten auch Pentax IQZoom). Allerdings muss man der Fairness halber erwähnen, dass es schon einige meist "TW" (Tele/Wide, TWin-Focal) genannte Kameras in dieser Klasse gab (z.B. Fuji TW-300, Nikon TW2, Vivitar TW35 u.a.) , allerdings eben keine echte Zooms. Aber der Pentax Zoom folgten bald fast alle anderen Kamerahersteller und diese Kamerklasse war spätestens ab Mitte der 1990er Jahre in den meisten Haushalten zu finden.  Auch ich habe irgendwann eine solche sehr preiswert bei Aldi erworben.     
Yashica Samurai X3.0: der dritte Versuch eine
Zoom-SLR Kameraklasse am Markt zu etablieren

Und was ist mit SLR? Auch hier kam 1987 eine recht außergewöhliche Kamera auf den Markt: Yashica Samurai X3.0, eine vollautomatische SLR mit eingebautem Dreifachzoom 25-75 mm f/3.5-4.3 für das Halbformat 18x24 mm auf Kleinbildfilm 135. Zusammen mit den 1988 erschienenen Ricoh Mirai und Chinon Genesis (beide für 24x36 mm) begründete sie die neue Klasse der sogenannten Bridge-Kameras, Olympus bezeichnete seine entsprechenden Kameras als ZLR (Zoom Lens Reflex). Diese Klasse hat sich am Ende sogar irgendwie ins digitale Zeitalter gerettet: Heute bezeichnet man als "Bridge" solche Kameras mit relativ großen Sensoren, aber simpler und vollautomatischer Bedienung. Und natürlich mit fest-eingebautem Zoomobjektiv, das vom Weitwinkel in den Telebereich reicht. Danke Nikon, für die frühe Studie dazu von vor 57 Jahren! 

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