2019-06-21

Balda Jubilette


Und hier ist noch eine frühe Faltbalgenkamera für den 135er Kleinbildfilm: Eine Balda Jubilette von 1938. Die Kamera ist ein Sondermodell des Modells Baldina zum 30-jährigen Firmenjubiläum der "Balda-Werke Max Baldeweg" in Dresden. Balda, wie die Firma in Kurzform hieß, wurde 1908 als Fotozulieferer gegründet und stellte seit 1925 selbst Amateurkameras her. Die Baldina war Baldewegs erste Kamera für dem immer populärer werdenden Kleinbildfilm. Die Baldina kam fast zeitgleich mit der Welti im Jahr 1935 auf den Markt, beide folgten der Kodak Retina, die 1934 auf den Markt kam und die 135er Patrone als Konfektionierung des 35mm-Kinofilms einführte, und damit dem erfolgreichsten Filmformat einen entscheidenden "Push" gab. 

Die Baldina gab es wie die Konkurrentinnen auch mit einer Auswahl an Objektiven vom einfachen Dreilinser mit Frontlinsen-Fokus bis hin zum lichtstarken 6-linsigen Xenon. Das Ganze auch noch jeweils entweder mit dem Compur (bis 1/300 s) oder dem Compur-Rapid (bis 1/500 s) Verschluss. Die Preisspanne war dadurch mit 72-132 RM enorm, wie mein Photo-Porst Katalog von 1937 zeigt. Allerdings war in der Basisversion die Baldina die günstigste der 3 Konkurrentinnen.
Die Jubilette von 1938 war nichts anderes als diese Basisversion und es gab sie schon ab 50 RM, aber auch hier war per Aufpreis vom 10 RM der Compur-Rapid oder von 2 RM der Parallaxenausgleich zu ordern.
Durch den Status als Jubiläumskamera kann man die Jubilette eindeutig ins Jahr 1938 datieren. Eine andere Möglichkeit gibt es leider nicht: Wie bei Welta ist auch bei Balda keine Gehäuse-Seriennummer zu finden. In meinem Fall kommt erschwerend hinzu, dass das Corygon Objektiv zwar eine Nummer trägt (227283), diese aber von dem recht seltenen Optik-Produzenten C. Friedrich in München stammt, von dem weiter nicht viel bekannt ist. Der Compur Verschluss trägt die Nummer 0036383. Auch das ist seltsam, Compur Verschlüsse aus den Jahren 1937 und 1938 fangen normalerweise mit einer 4 an. Ggf. ist es doch eine interne Balda-Nummer und der Verschluss wurde unter Lizenz hergestellt? Dafür spräche, dass diese fünfstellige Zahl zumindest die Größenordnung wiedergibt, die ich für die Baldina-Produktion damals schätzen würde (siehe zum Vergleich die bekannten Zahlen der Retina bzw. eine ähnliche Vermutung hier). 
Wie bei Welta und anderen Kameraherstellern im Großraum Dresden wird auch bei Balda die Kameraproduktion kriegsbedingt zurückgefahren, dann eingestellt. Nach Demontage durch die Siegermächte folgt der Wiederaufbau und die Wiederaufnahme der Produktion am Ende der 1940er Jahre. Max Baldeweg (1877-1955), damals schon Ende 60 verließ bei der Enteignung 1946 Dresden zusammen mit seinem Geschäftsführer und gründete seine Firma im Westen (Bünde/Westfahlen) neu. Das Werk in Dresden firmierte ab 1951 unter dem Namen Belca und wurde letztendlich vom VEB Pentacon absorbiert. Die Baldina wurde zwischen 1947 und 1951 weiter produziert. Alle anderen bekannten Nachkriegskameras unter der Marke Balda kamen dann aus Westdeutschland. Sogar der Name Baldina wurde weiter benutzt, allerdings für ein komplett neues zeitgemäßes Design. Ich habe diese Kamera schon in meiner Sammlung, allerdings deren OEM-version für Photo Porst unter dem Namen Hapo 24



Datenblatt Faltbalgen-Sucherkamera für KB-Film (135)
Objektiv Friedrich Corygon-Anastigmat 5cm f/2.9 (3 Linsen). Auch mit entsprechenden Objektiven von Schneider und Meyer erhältlich, alle mit Frontlinsen-Fokussierung.
Verschluss Compur Zentralverschluss, T-B-1-2-5-10-25-50-100-300. 
Belichtungsmessung keine
Fokussierung Manuell am Objektiv (ab 0.4 m), keine Scharfstellhilfe.
Suchereinfacher, Fernrohrsucher, mit Parallaxenkorrektur-Drehrad. (Bei einigen Jubilette Exemplaren fehlt das)
Blitz kein Anschluss.
Filmtransport Mit Drehknopf auf der Unterseite, Bildzählwerk (vorwärtszählend), Rückspulknopf.
sonst. Ausstattung Gehäuseauslöser,  Tiefenschärfe-Tabelle auf der Rückseite,  Anschluss für ISO-Drahtauslöser, Stativgewinde 3/8", Trageschlaufe,  Bereitschaftstasche als Zubehör.
Maße, Gewicht ca. 123x83x38 mm,  424 g 
Batterie keine
Baujahr(e) 1938, als (einfaches) Jubiläumsmodell der Baldina.
Kaufpreis, Wert heute 75 RM (1938), heute ca. 30 €.
externe Quellen und Links Camera-Wiki, Instruction manual (english), Digipainters Blog, Kurt Tauber, Dresdener Kameras, Jubilee BucketWikipedia, John's old Cameras
bei KniPPsen weiterlesenKodak Retina (118), Kodak Retina (010), Kodak Retina (126), Welta Welti, Zeiss Ikon Tenax IWichtigste KB-Kameras 1937 (Porst Katalog), VEB BelcaHapo 24

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