Das hier ist die erfolgreichste deutsche Nachkriegs-Spiegelreflex,
jedenfalls was die verkaufte Stückzahl angeht. Allerdings darf man es mit
der Modellbezeichnung nicht ganz genau nehmen, denn die Kamera wurde von
1969 bis 1989 unter mindestens 15 Bezeichnungen, mit stetigen minimalen
technischen Änderungen (Verbesserungen sowie später Verschlechterungen)
über 3,6 Millionen gebaut. Ich spreche hier "nur" über die
LTL/DTL/MTL-Serie, technische Spezifikation siehe Tabelle unten. Nimmt man
die anderen gleich aussehenden, besser oder schlechter ausgestatteten
Schwestermodelle der L-Serie mit dazu waren es sogar über 4,8 Millonen.
Keine andere deutsche Spiegelreflex hat jemals solche Stückzahlen erreicht.
Aber dazu mehr in einem zukünftigen Post.
This is the most successful German post-war SLR, at least according to its production numbers. However, one need to take liberties with the model's type indentifier: The camera has been built from 1969 to 1989 under at least 15 names, with steady minimal technical changes (improvements
and deteriorations later), and more than 3.6 million times. I'm only talking about the LTL / DTL / MTL types, for technical specifications see table below.
Taking the other similar looking, better or worse equipped sister models of
the L-series into account, there were together even more than 4.8 million bodies. No
other German SLR has ever achieved such numbers. But more about that in a
future post.
Typenbezeichnungen und Produktionszahlen der Praktica L-Serie. Die verschiedenen Generationen unterscheiden sich manchmal nur in äußeren Details wie Belederung, Auslöseknopf, Rückspulkurbel. Details siehe hier. |
Type identifiers and production numbers of Praktica's L
series. The generations sometimes only differ in external features like leatherette, shutter release button or rewind crank. Details see here. |
Als die Kamera als LTL 1969 das Licht der Kamerawelt erblickte war sie
technisch auf Augenhöhe mit dem Wettbewerb. Aufbauend auf den Praktica-Kameras der 50er und 60er Jahre, die das
M42-Schraubgewinde sogar in Japan populär gemacht haben, orientierte man
sich am erfolgreichsten SLR-Design der 60er: Pentax Spotmatic SP, deren Feature-Set ist nahezu identisch. Und die gleichzeitig
auf dem Markt erschienene Schwester LLC war gar die allererste Kamera mit
elektrischer Blendenwertübertragung zwischen Wechselobjektiv und Gehäuse
und ermöglichte damit die Offenblend-TTL-Messung.
When the camera (as the LTL) was launched in 1969 it was
technically on par with its competition. Building on the Praktica cameras of the 50s and 60s, which made the M42
screw mount popular even in Japan, Pentacon geared the camera to the most successful SLR
design of the 60s: Pentax Spotmatic whose feature set is almost identical. At the same time they launched their top-model LLC being the very
first camera with electric aperture value transmission between lens and body, thus even allowing full aperture TTL
metering.
Bis Mitte der 70er Jahre konnte man technisch noch einigermaßen mit der
japanischen Konkurrenz mithalten, der Zeitautomat EE2/EE3 beweist es. Die
westdeutsche Kameraindustrie lag da schon am Boden. Doch auch beim VEB
Pentacon bröckelt es. Technisch passiert ab 1978 bei der L-Serie nichts
mehr und in den 80ern konzentrieren sich die technischen Änderungen auf
Vereinfachungen und man baute eigentlich nur noch dieses Modell und das
auch immer schlechter. Mit der moderneren B-Serie versucht man immerhin noch bis Anfang der
Neunziger am Markt mitzuhalten.
Until the mid-70s Pentacon technically kept up reasonably well with the
Japanese competition, the aperture priority models EE2 / EE3 prove this. The West German
camera industry was already in a sorry state at this time. But even with the VEB Pentacon it
started to crumble. From 1978 on and throughout the 1980s, technically the L-series did not improve at all. Technical changes focused on simplification and they actually
built only this one model and it even got worse over time. In the beginning of the 90ies they at least tried to keep up on the market with the more modern B-series.
Die Kamera kostete in der DDR ca. 780 Mark, ein Monatslohn eines
Facharbeiters, die spätere B-Serie gar 2300 M. Pentacon exportierte aber
auch viele ins kapitalistische Ausland, oft unter anderen Handelsnahmen wie
Revueflex (Foto Quelle) oder Hanimex (USA), mehr dazu hier. In der alten Bundesrepublik war die
Firma Beroflex exklusiver Vertriebspartner. Die Kameras kann man an einem
Aufkleber im Patronenraum identifizieren, der nebem dem jeweiligen
Beroflexbüro (20 = Hamburg) auch das Jahr verrät (670 = 1976, siehe Link).
Mein Modell hier bekam ich von einer Freundin geschenkt. Weihnachten 1976 tauschte sie das Weihnachtsgeld ihrer Großeltern in einem Fotogeschäft in Hamm gegen diese Kamera und hat bis Mitte der 80er viel und gern damit fotografiert. Ich muss zugeben, dass ich Praktica bisher nie ganz ernst genommen hatte. Ihr Image in Westdeutschland war nie besonders gut, hier wurden in den 70ern und 80ern hauptsächlich Japaner gekauft, auch von mir. Praktica kam auf einen Marktanteil bei den Spiegelreflexen von ca. 5%. Erstaunt war ich, bei meinen Recherchen jetzt zu lesen, dass Pentacon insbesondere in England und Holland sehr erfolgreich war. Praktica's Marktanteile erreichten dort zeitweise 30%. Meine Sammlung hat jedenfalls jetzt eine wichtige Kamera mehr, die im Regal neben ihrer Dresdner "Großmutter" Kine Exakta steht.
Mein Modell hier bekam ich von einer Freundin geschenkt. Weihnachten 1976 tauschte sie das Weihnachtsgeld ihrer Großeltern in einem Fotogeschäft in Hamm gegen diese Kamera und hat bis Mitte der 80er viel und gern damit fotografiert. Ich muss zugeben, dass ich Praktica bisher nie ganz ernst genommen hatte. Ihr Image in Westdeutschland war nie besonders gut, hier wurden in den 70ern und 80ern hauptsächlich Japaner gekauft, auch von mir. Praktica kam auf einen Marktanteil bei den Spiegelreflexen von ca. 5%. Erstaunt war ich, bei meinen Recherchen jetzt zu lesen, dass Pentacon insbesondere in England und Holland sehr erfolgreich war. Praktica's Marktanteile erreichten dort zeitweise 30%. Meine Sammlung hat jedenfalls jetzt eine wichtige Kamera mehr, die im Regal neben ihrer Dresdner "Großmutter" Kine Exakta steht.
In East Germany (GDR) the camera cost 780 Mark, about a monthly wage of a skilled
worker, the later B-series even 2300 M. Pentacon also exported quite a bit to western
capitalistic countries, mostly using different trade names such Revueflex
(Photo Quelle) or Hanimex (USA), more details here. In former West Germany, Beroflex was Pentacon's exclusive distributor. The cameras can be identified by a sticker in the
cartridge space. Beside the respective Beroflex office (20
= Hamburg) it tells the year of production (670 = 1976, see link).
My model here I got from a friend. She received it as a Christmas gift from her grandparents in 1976, used it until the mid-80s and liked it a lot. I must admit that I had never taken Praktica seriously. Their image in West Germany was never particularly well, the West Germans mainly bought Japanese cameras and so did I. Praktica held a SLR market share of approximately 5%. I was surprised to read during my research that Pentacon was quite successful in other western markets, especially in England and The Netherlands. Praktica's market share reached 30% there temporarily. My collection certainly got a major addition, it sits in the shelf beside her "grandmother" Kine Exakta.
My model here I got from a friend. She received it as a Christmas gift from her grandparents in 1976, used it until the mid-80s and liked it a lot. I must admit that I had never taken Praktica seriously. Their image in West Germany was never particularly well, the West Germans mainly bought Japanese cameras and so did I. Praktica held a SLR market share of approximately 5%. I was surprised to read during my research that Pentacon was quite successful in other western markets, especially in England and The Netherlands. Praktica's market share reached 30% there temporarily. My collection certainly got a major addition, it sits in the shelf beside her "grandmother" Kine Exakta.
Datenblatt | Mechanische KB-Spiegelreflexkamera mit Nachführbelichtungsmessung |
Objektiv | M42x1 Gewinde für Wechselobjektive. Standardobjektiv: Pentacon auto 1.8/50 |
Verschluss | Vertikaler Metall-Lamellenverschluss, 1s - 1/1000 s und B. Blitzsynchronisation 1/125s. |
Belichtungsmessung | CdS-Zelle, TTL-Messung (nur) bei Arbeitsblende nach Aktivierung durch Abblendhebel. Nachführmessung mit Nadelanzeige im Sucher. Empfindlichkeitseinstellung 12-1600 ASA. |
Fokussierung | SLR, Fresnellinse und Mikroprismenraster, nicht auswechelbar. |
Sucher | Spiegelreflex, s.o. |
Blitz | Mittenkontakt im Zubehörschuh (X), keine Synchronbuchse. 1/125s Synchronzeit. |
Filmtransport | Schnellspannhebel, Bildzählwerk, Rückspulkurbel, automatisches (Pentacon SL) Filmladesystem. |
sonst. Ausstattung | ISO-Gewinde für Drahtauslöser, Selbstauslöser, Abblendtaste (aktiviert Belichtungsmessung), Stativgewinde. |
Maße, Gewicht | ca. 147/97/53 mm, 590 g |
Batterie | 1.35V PX-625 (nur Belichtungsmesser). |
Baujahr(e) | 1975-1978 als LTL3 1969-1989 in mind. 15 technisch sehr ähnlichen Varianten, manche ohne Selbstauslöser, am Ende z.T. nur 1/500 s. Zusammen 3.6 Mio Exemplare |
Kaufpreis, Wert heute | £120.64(UK), $189(US), ca. 750 DDR-Mark, ca. 350 DM (1976 mit 50mm f/1.8), heutiger Wert ca. 15 € |
Links | Reparaturanleitung, Mike's Praktica Collection, Bedienungsanleitung, Wikipedia, Dresdner Kameras, Praktica Museum |
Ich war in den frühen 70ern zweimal als Schüler in England (mit meiner Canon FTb :) ) und wurde vielfach darauf angesprochen, warum ich keine deutsche Kamera wie die Praktika habe. Obwohl meine Gasteltern und ihre Freunde der gebildeten Mittelschicht angehörten, wussten sie nicht, dass Praktika/Pentacon aus der DDR stammten - gleichzeitig "baten" sie mich aber, nichts in den "Consum"/"Coop"-Supermarkets einzukaufen, denn die seien "kommunistisch"... :)
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