Heinz Kilfitt konstruierte schon Anfang der 1930er Jahre eine neue Kleinbildkamera für das von ihm favorisierte quadratische Filmformat 24x24 mm. Das innovativste Merkmal der Kamera war der später von Gauthier produzierte Rotationsverschluss. Kilfitt fand in Hans-Heinrich Berning einen Partner, der die Idee mit dem Federmotor beisteuerte. Bernings Vater Otto und sein Onkel Herrmann, beides wohlhabende Industrielle investierten in die neue Firma und in eine bis dahin im Fotobereich in ihrem Umfang unbekannte Werbekampagne. Ab 1934 gab es die "Robot"-Kamera, die 1939 vom Robot II abgelöst wurde. Diese Kamera ist die Basis aller 24x24 mm Kameras, die bis in die 70er Jahre hinein von Berning & Co. produziert wurden. Auch diese Robot Junior hat dieselben Ausmaße und alle wesentlichen Merkmale. Sie wurde neben anderen besser ausgestatteten Modellen ab 1954 als Einsteiger-Robot angeboten.
Robot-Kameras wurde mit unterschiedlich starken Federmotoren angeboten. Das etwas unhandlich wirkende stärkste Modell hier ragt immerhin 3.5 cm aus der Kameraoberseite heraus, schafft aber einen kompletten KB-Film (36er, ergibt bis zu 52 Aufnahmen bei 24x24) mit einem Aufzug durchzuziehen. Wenn der Auslösefinger gut geübt ist, soll es angeblich mit bis zu 5 Bildern pro Sekunde gehen, das war damals Weltrekord für automatisierten Filmtransport. Mein Modell hakt allerdings etwas und mehr als 1 Bild pro Sekunde sind geschätzt nicht mehr drin. Nimmt man die Kamera in die Hand, fällt besonders eins auf: Sie ist verdammt schwer. Trotz ihrer sehr kompakten Ausmaße wiegt sie 650g, fast soviel wie eine KB-SLR aus der Zeit. Die ähnlich kompakten Olympus PEN EES-2 (Halbformat 18x24) oder die Rollei 35 (24x36!) wiegen nur die Hälfte. Erklärung: alle Robot-Kameras wurden aus V2A-Stahl hergestellt und sind damit äußerst robust.
Mehr über Robot-Kameras und auch ihre heutige Rolle kann man auf den verlinkten Seiten im Netz nachlesen (siehe auch unten). Meine Geschichte zur Robot beginnt mit meinem Vater, der mir von diesen Motorkameras ab und zu vorgeschwärmt hat als ich noch Kind war. Allerdings hat er nie eine eigene besessen. Erst später habe ich den Zusammenhang begriffen: Er hat als 15-Jähriger eine Lehre als Maschinenschlosser bei Otto Berning & Co in Schwelm gemacht als deren Kamerawerk in Düsseldorf in vollster Blüte stand. Heinz Kilfitt hat Robot schon 1938 wieder verlassen und sein eigenes Kamerunternehmen gegründet und sich auch sonst einen Namen als innovativer Kameradesigner gemacht.
Diese(n ?) Robot Junior habe ich schon im März 2011 auf meiner ersten Second Sunday Camera Show gekauft. Sie ist leicht defekt - der Federmotor kann nur per Zange aufgezogen werden und der Verschlusssperrhebel fehlt, außerdem müsste die Belderung erneuert werden. Ich dachte, das ist ein perfektes Renovierungsprojekt und ich warte mit diesem Beitrag bis sie wieder wie neu ist. Tja, irgendwie komme ich nicht dazu und so habe ich mich jetzt doch entschlossen, sie hier zu präsentieren.
Datenblatt | Kleinbildkamera für das Format 24x24mm mit motorisiertem Verschlussaufzug und Filmtransport |
Objektiv | Wechselobjektive mit Schraubgewinde M26x1mm, Auflagemaß 31mm. Über 100 verschiedene Objektive verfügbar. Standardobjektiv für die Junior war das Schneider-Kreuznach Radionar 3.5/38mm, ein Triplet. |
Verschluss | Mechanischer Rotationsverschluss hinter dem Objektiv mit 1/2 bis 1/500 s in acht Stufen (2-5-10-25-50-100-250-500) und B. Blitzsynchronisation mit allen Zeiten möglich. |
Belichtungsmessung | keine. |
Fokussierung | Manuell am Objektiv, keine Scharfstellhilfe. |
Sucher | Einfacher Durchsichtsucher, keine Parallaxenmarkierung. |
Blitz | Separate Buchsen für Elektronenblitz (X) und Blitzbirnchen (M) an der Kameravorderseite. |
Filmtransport | Automatischer Filmtransport mittels Federwerk. Doppeltes (hohes) Federwerk erlaubt bis zu 50 Aufnahmen bei 3-4 B/s. |
sonst. Ausstattung | Bildzählwerk, Auslösesperre, Zubehörschuh, ISO-Gewinde für Drahtauslöser, keine (!) Rückspuleinrichtung, spezielle Filmkassette |
Maße, Gewicht | ca. 110/95/40(58)mm, 501(650)g ohne (mit) Objektiv |
Batterie | keine. |
Baujahr(e) | 1954-1960(?) |
Kaufpreis, Wert heute | 198 DM (1954), US$100 bis US$200 |
Links | Bedienungsanleitung, Peter Lausch's Artikel, Robot-Camera.de (umfassende Robot Seite), Scotts Photographica (english) |
Seiten aus dem Photo Porst "Photohelfer" Katalog von 1956 |
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