Irgendwie habe ich sie bisher übersehen und jetzt während der Beschäftigung mit frühen Belichtungsautomatiken für mich entdeckt. Die Yashica Electro 35 ist ein Meilenstein im Kamerabau und die erste (und super erfolgreiche) Kleinbildkamera für 24x36, die 1966 die damals sehr moderne Transistor-Elektronik für einen elektronisch gesteuerten Verschluss kombiniert mit einer Zeitautomatik genutzt hat. Yashica hatte allerdings schon ein Jahr zuvor (1965) diesen Verschluss in ihrer sehr seltenen Halbformatkamera Electro Half vorgestellt. Mal sehen, ob ich eine solche mal irgendwann ergattern kann. Kein Wunder, dass Yashica auch bei den SLR zu den ersten gehörten, die echte Elektonik einbauten. Ihre TL-Electro X kam im selben Jahr auf den Markt wie die Praktica PL electronic (1968), die vermutlich ein paar Monate früher dran war. Während die Technik beim VEB Pentacon schnell wieder in der Schublade verschwand, legte Yashica erst richtig los und baute Millionen von Elektro(nik)-Kameras. Nun aber zur Technik:
Copal ELEC - mit gut sichtbarem Elektromagneten, der den Verschluss solange aufläßt, wie ein Kondensator lädt, was wiederum am vorhandenen Licht hängt... |
Die Filmempfindlichkeit wird interessanterweise nicht über einen entsprechenden variablen elektrischen Widerstand eingestellt (wie bei späteren Kameras üblich). Stattdessen haben sich die Yashica Ingenieure für eine mechanische Blende vor der CdS-Zelle entschieden.
Wichtig zu erwähnen ist, dass der Verschluss nur automatisch gesteuert wird, eine manuelle Zeitenwahl gibt es bis auf B und X(1/30s) nicht. Auch diese beiden Zeiten werden elektronisch gesteuert und stehen ohne Batterie nicht zur Verfügung. In einem solchen Fall läuft der Verschluss immer mit 1/500s ab. Natürlich gibt es mindestens zwei Bastler, die erfolgreich der Kamera auch ein Zeitenwahlrad verpasst haben (siehe hier und hier).
Die Schaltung selbst kann noch mehr als den Verschluss während der Belichtung steuern: Und zwar über drei Lämpchen Warnungen und Hinweise auch schon vor dem Verschlussablauf geben. Zunächst ist da eine grüne Batterie-Kontrollleuchte, ganz wichtig ab dieser Kamerageneration, die ohne Stromquelle nicht mehr fotografieren kann. Dann existieren eine rote Warnleuchte für Überbelichtungen, sowie eine gelbe, die anzeigt, wenn die vermutliche Verschlusszeit länger als eine 1/30 s ist. Beide werden sowohl oben auf der Kamera angezeigt als auch in den Sucher eingeblendet.
Ich bin super glücklich ein sehr frühes Exemplar von Juli 1966 ergattert zu haben, die Kamera selbst ist 11 Jahre lang in über 5 Millionen Einheiten gebaut worden (dazu demnächst mal mehr). Es gab über die Zeit eine eher moderate Modellpflege, die späteren Varianten hatten die Namenszusätze G, GS, GT, GSN und GTN. Die genauen Unterschiede kann man auf verschiedenen Seiten im Netz nachlesen, im Prinzip handelt es sich aber um ein und dieselbe Kamera.
Die Elektronik ist in einem Block hinter der CdS-Zelle untergebracht. Kabel führen von dort zu den Schaltern im Auslösergestänge darunter und natürlich im Objektiv. |
Genau das war bei meinem alten Schätzchen auch der Fall, das ich natürlich aufgeschraubt habe. Zum Glück gibt es im Netz einige Anleitungen, wie man dies reparieren kann (siehe Links unten). Wenn man länger sucht findet man sogar Leute, die sowas professional für einen erledigen. Ich hab's natürlich selbst versucht und zwar die minimal-invasive Variante durch den kleinen Schlitz, den man oben auf dem Foto sieht. Danach leuchteten zumindest wieder die Warnlämpchen, wie man am Bildchen oben sehen kann, trotzdem habe ich immer noch kein echtes Vertrauen in die volle Funktionsfähigkeit der Kamera. Ich habe aber keinen Nerv, sie komplett zu zerlegen um noch weitere Kleinigkeiten zu richten.
Das zweite Problem der Kamera ist die Batterie, die es in der ursprünglich vorgesehenen Quecksilbervariante schon lange nicht mehr gibt. Zum Glück gibt es auch hier eine Lösung, entweder per käuflich zu erwerbendem Adapter, oder wieder durch Basteln. Die Kamera verträgt glücklicherweise statt 5.6V auch 6V, so dass man mit 4 LR44 Knopfzellen, einer abgesägten Filzstifthülle und einer Schraube sich selbst was basteln kann. So hab ich's gemacht, ansosnten siehe Links unten.
Bis auf die beiden Problemchen wird die Kamera als sehr zuverlässig beschrieben und hat jede Menge Fans, die geradezu euphorisch über die Qualität ihrer Bilder berichten. Die Fähigkeit für Nachtaufnahmen mittels automatischer Langzeitbelichtungen wird immer wieder genannt, dafür gab es sogar ein schickes Taschenstativ als spezielles Zubehör. Mit ihrer Zuverlässigkeit und Belichtungspräzision hat sie sicher auch dazu beigetragen, dass die Abhängigkeit vom Batteriestrom mehr und mehr Akzeptanz unter den Fotografen fand. Ich denke kaum einer hat eine manuelle Verschlusszeitenwahl wirklich vermisst. In den 1970ern ging der Trend immer mehr zu automatisierten SLRs, aber es gab auch einen durchaus interessanten Markt für hochwertige Messsucherkameras wie diese. Ihre größten Konkurrenten waren die Olympus-35 SP, Canonet G3 QL17, Minolta Hi-matic E und natürlich die Konica Auto S3. Die hatten alle ähnlich leistungsfähige Objektive und eine Belichtungsautomatik eingebaut, allerdings war die Electro 35 die einzige mit einer Zeitautomatik. Davon gibt es wohl sonst auch nich so viele, mir fallen aus meiner Sammlung nur die Olympus XA und die Contessa S310 ein. Auch möchte ich an dieser Stelle nochmal auf zwei andere interessante Yashica's hinweisen, die ich eher zufällig in meiner Sammlung habe, aber ebenfalls die Innovations- und Design-Qualitäten der Firma zeigen: Yashica Lynx-5000 und EZ-matic 4.
Datenblatt | Erste Kleinbildkamera mit elektronisch gesteuertem Verschluss und Zeitautomatik |
Objektiv | Yashinon-DX 45 mm f/1.7 (Gauß-Typ 6 Linsen, 4 Gruppen) |
Verschluss | Copal-ELEC, stufenlos elektronisch gesteuert 30s bis 1/500s, B |
Belichtungsmessung | eingebauter CdS-Photowiderstand mit Vorschaltblende für die Simulation der Filmempfindlichkeit (12-400 ASA). Direkte Steuerung der Belichtungszeit abhängig von der eingestellten Kamerablende, auch noch während der Aufnahme. |
Fokussierung | Manuell am Objektiv, Naheinstellgrenze 80 cm. |
Sucher | Messsucher mit Leuchtrahmen und automatischem Parallaxenausgleich. Anzeige der Warnlämpchen bzgl. Überbelichtung (rot) und Verwacklungsgefahr (gelb) |
Blitz | X-Synchronisation bei allen Verschlusszeiten, Wählbar: 1/30s, Anschluss mit Kabel über PC-Buchse. |
Filmtransport | Schnellschalthebel, Bildzählwerk (vorwärts), Rückspulkurbel. |
sonst. Ausstattung | Zubehörschuh (ohne Blitzkontakt), Auslöser-Lock, Filtergewinde 55mm, Stativgewinde ¼ '', Selbstauslöser |
Maße, Gewicht | ca. 140x90x75 mm, 750g (ohne Batterie und Film) |
Batterie | PX32, 5.6V oder Alternativen mit Adapter. |
Baujahr(e) | 1966-1968, ca. 250.000 Exemplare. Dieses Exemplar # 6070854 von Juli 1966. Die ganze Serie G, GS, GT, GSN, GSN (gleiche Funktionen und Gehäuse) bis 1977, angeblich mehr als 5 Millionen Exemplare. |
Kaufpreis, Wert heute | 21,400 Yen (1966, ca. 60 US$ oder 240 DM), heute je nach Zustand 30-100 €. Nachfolger GTN kostete in Deutschland 1975 ca. 398 DM |
Links | Camera-Wiki, Instruction Manual, Wikipedia, Yashica Guy, Mike Eckman, Karen Nakamura, Eric Fiss, Repair Manual, Matt's classic Cameras, Ken Rockwell, Flickr Group, Pad of death Reparatur, Batterie Adapter für PX32, 5 Million GTN, Yashica Electro Half (1965), Asahi.net |
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