Nach meinen beiden anderen Beiträgen über die 5 großen und 8 kleineren deutschen Filmhersteller dachte ich, dass ich im dritten Teil einfach den Rest der Welt abhandele. Ich habe mich also an die Japaner gemacht und schnell festgestellt, dass diese alleine einen ganzen Post füllen werden. Natürlich ist die Quellenlage eine andere und mir fällt auch die Einordnung der Fakten in den historischen Kontext deutlich schwerer als bei den Deutschen. Trotzdem fand ich es extrem spannend, die eigene Aufarbeitung der Fujifilm- Geschichte zu lesen und mit ein paar anderen Quellen abzugleichen. Neben den folgenden zwei kleinen (hier unbekannten) und den beiden großen Filmherstellern gab es in Japan vermutlich noch die eine oder andere frühe Manufaktur. Wer weitere Infos dazu hat, bitte melden.
Oriental Anzeige in einem britischen Fotomagazin 1937 |
Asahi - ASK
Asahi Shashin Kōgyō K.K. (übersetzt Asahi Foto Industrie Aktiengesellschaft) war ein kleiner Fotopapier- und Filmhersteller in den 1930ern, der seinen Film und Fotoprodukte u.a. unter der Marke ASK vertrieb. Im November 1943 wurde wegen des schlimmer werdenden Krieges und seiner wirtschaftlichen Folgen Konkurs angemeldet. Angeblich blieben danach nur die folgenden drei Hersteller auf dem Markt...
Oriental
Oriental Shashin Kōgyō K.K. (Oriental Foto Industrie Aktiengesellschaft) wurde 1919 gegründet und war angeblich der erste Hersteller von Rollfilmen in Japan, vorher wurde von Konica lediglich Planfilm hergestellt. Die Anzeige rechts beweist, dass sie auch mal auf Exportmärkte abgesehen hatten, allerdings anscheinend ohne großen Erfolg. Zu Oriental gehörte wohl auch der Kamerahersteller Tōyō Kōki. Als ich nachschauen wollte, bis wann Oriental Film produziert hat, musste ich mit Erstaunen feststellen, dass es sie wohl noch gibt und lesen, dass vermutlich alle Fujifilm Schwarzweißfilme inzwischen von Oriental hergestellt werden.
Konica - Sakura
Konica in Japan kann man entfernt mit Voigtländer in Deutschland vergleichen: Die älteste Fotofirma am Platz, man produziert Objektive, Kameras und auch fast alle Verbrauchsmaterialien, inklusive Film und Fotopapier. Die Firma geht zurück auf eine Apotheke bzw. Drogerie, die 1873 beginnt Fotomaterialien zu produzieren und zu verkaufen. Die Details der frühen Jahren kann man woanders nachlesen, jedenfalls war Konishiroku (wie die Firma in Abwandlungen die meiste Zeit über hieß) in vielen Fällen die erste in Japan: Die erste Kamera (Cherry, 1902), die einen Namen trägt und entsprechend vermarktet wird, Trockenplatten und Planfilme aus eigener Herstellung, die erste in Serienproduktion hergestellte Kamera (Pearlette, 1925). Ab 1929 dann der eigene Rollfilm, der unter der Marke Sakura vertrieben wird. Hier war Konishiroku nach Oriental nur auf Platz 2. 1940 dann hatte man mit Sakura Color den ersten japanischen Farbfilm am Markt (nach dem Kodachrome Verfahren).
1947 bringt man dann die erste Konica genannte Kamera (von Konishiroku Camera), nach der die komplette Firma schließlich 1987 umbenannt wird. Gleichzeitig wird auch der bisherige Film-Markenname Sakura durch Konica ersetzt. Konica spielte nach der Konsolidierungswelle der 1960er und 1970er Jahre eine solide Nummer 4 auf dem Parkett der globalen Filmherstelller (nach Kodak, Fujifilm und Agfa-Gevaert). Bekannterweise fusioniert Konica 2003 mit Minolta zu Konica-Minolta, die 2006 komplett aus dem Fotogeschäft aussteigen. Die Kameras gehen an Sony, das Filmgeschäft an Dai Nippon Printing (DNP). 2007 werden von DNP nochmal neue Centuria Filme auf den Markt gebracht, das Geschäft wohl mangels Erfolg schon 2 Jahre später wieder eingestellt.
Fujifilm
Fuji Photo Film Co., Ltd. (heute Fujifilm Holding) wird Anfang 1934 von der Dainippon Celluloid Co., Ltd. (heute Daicel Corp.) als Tochterfirma abgespalten und beginnt im selben Jahr mit der Produktion im neu errichteten Filmwerk in Ashigara (Kanagawa Präfektur), 35 km Luftlinie vom Gipfel des Mount Fuji. Die Dainippon Celluloid war 1919 als Zusammenschluss von 8 kleineren Zelluloid-Fabriken entstanden und sind das Unterfangen "Wir erschaffen einen japanischen Filmhersteller" generalstabsmäßig angegangen. Angeblich hatten sowohl Kodak als auch Agfa 1921 in Japan Agenturen gegründet, um ihre jeweiligen Filme zu vermarkten. 1924 bietet man Kodak eine Partnerschaft an, die aber ablehnen. Daraufhin entscheidet man es auf (fast) eigene Faust zu versuchen.
Man sucht auf dem Land eine geeignete Stelle für die neue Filmfabrik, findet sie im ländlichen Ashigara (saubere Luft, frisches Wasser, etc.), schickt Leute nach Europa, um Maschinen zu kaufen und Know-How abzugreifen und investiert ab 1926 in den Trockenplattenhersteller Toyo Kanpan, der auf ein Fotoforschungsinstitut von Shinjiro Takahashi zurückgeht. Takahashi hatte sich schon in den 1890er Jahren mit Fotografie beschäftigt und dann 1910 sein Institut gegründet. In Europa spricht man auch intensiver mit der belgischen Gevaert, kann sich aber auch nicht auf die Bedingungen einer engeren Zusammenarbeit einigen. Dafür gewinnt man den deutschen Ingenieur Dr. Emil Mauerhoff (s. unten) und seinen amerikanischen Assistenten Francis Gilroy, die insbesondere bei den Qualitätsproblemen beim Hochfahren der Produktion 1934 helfen. Nach der Gründung der Fuji Photo Film wird die Toyo Kanpan komplett integriert und man hat somit das ganze Programm von Film über Trockenplatten und Fotopapier.
Blick auf den Fuji, aufgenommen aus dem Shinkansen von mir selbst 2007 auf dem Weg von Tokio zu Fujifilm in Ashigara. Dieser Blick hat wohl vor 90 Jahren die Namenswahl inspiriert. |
Die ersten Jahre werden als sehr schwierig beschrieben, insbesondere weil Kodak und Agfa die Preise drastisch senken, um den neuen Wettbewerber unter Druck zu setzen. Außerdem sind wegen der anfänglich nicht ausgereiften Qualität des Films die Vorbehalte der Filmstudios groß, eigenen japanischen Film zu verwenden. Schon 1934 kauft man sich also kurzerhand ein eigenes Filmstudio als Testinstitut und um der Branche zu beweisen, dass japanischer Film anstelle von Importfilm verwendet werden kann. Man eröffnet bis 1938 weitere Standorte (z.B. Odawara) als Rückwärtsintegration in die eigenen Rohstoffe (auch Gelantine) und baute sein Produktportfolio recht eindrucksvoll aus. Im April 1937 wurden erstmals schwarze Zahlen geschrieben und die Firma zahlte ihrer Muttergesellschaft und anderen stillen Teilhabern eine erste Dividende von 6%.
Der 2. Weltkrieg betraf Fuji Photo Film etwas anders als die deutsche Konkurrenz. Man wurde zwar auch in die Kriegswirtschaft eingebunden und musste andere Güter produzieren, profitierte aber auch durch erzwungene Zusammenarbeit mit anderen Firmen, die z.T. nach 1945 Teil von Fujifilm blieben, und konnte bis 1944 weiter forschen. Zwar wurde Tokio von amerikanischen Bombenangriffen weitgehend zerstört, die Fuji Fabriken bekamen aber vergleichsweise wenige Schäden ab. Ein interessantes Kapitel ist die versuchte Evakuierung (April 1945) des Hauptstandortes Ashigara in die damals japanisch besetzte Mandschurei (Nord-China) inkl. Maschinen und 62 Schlüsselmitarbeitern und deren Familien. Die Evakuierung scheitert, weil amerikanische Bomber die drei Transportschiffe daran hindern ihr Ziel zu erreichen.
Fuji Color Rollfilm (1948) |
Die internationale Expansion geht zunächst über die Gründung von Vertriebsorganisationen (Brasilien, USA, Düsseldorf 1966 für Europa, etc.) und man ärgert die großen der Branche (Kodak, Agfa) durch preiswertere Filme bei hoher Qualität. Fuji steckt viel Geld in Marketing und Werbung und ihr großer Durchbruch ist die Nominierung zum offiziellen Film der olympischen Spiele 1984 in Los Angeles. Schon 1982 hat man in Holland einen Produktionsstandort in Europa eröffnet, 1988 folgt ein großes Film- und Fotopapierwerk in South Carolina, USA mit dem man Kodak weltweit endgültig die Marktführerschaft streitig macht.
Fuji-Logo von 1980 bis 2006 |
Bei meinen Ausführungen hier habe ich mich auf den fotografischen Film und wenige direkt angrenzende Bereiche konzentriert. Fujifilm hat aber auch einige andere Geschäfte gemacht und für sich entwickelt. Zu nennen sind insbesondere ihre Kooperation mit Rank Xerox (Kopierer), der ganze Gesundheitsbereich (aufbauend auf Röntgenfilm, später auch Endoskopie und andere Diagnostik), sowie Computer und Halbleitertechnik. Genau diese Diversifizierung und ihre Fähigkeit sich den Marktbedingungen und -Veränderungen anzupassen, hat Fujifilm als einzigen der großen Fotokonzerne bis heute gerettet. Lange Zeit machte der Umsatz mit Film mehr als 50% aus, heute ist dieser unter 3%. Der Konzern steht heute auf den drei Säulen Health Care, Advanced Materials und Document Solutions.
Dr. Emil Mauerhoff, "Entwicklungshelfer" bei Fuji Photo Film |