Die beiden Menüs (Play oben, Camera unten) mit allen wichtigen Funktionen |
Hier kommt nun endlich der neulich schon angekündigte Beitrag über meinen Test mit der Mavica FD-7. Mein Exemplar war zum Glück in voll funktionsfähigem Zustand, was man leider heute nicht mehr oft über alte Elektronik sagen kann. Während viele der bis zu 100 Jahre alten analogen Kameras in meiner Sammlung noch funktionieren und es vermutlich in 20 Jahren auch noch tun werden, sind solche Funktionstests an nur 10 oder (wie diese hier) 20 Jahre alten Digitalkameras wirklich Glückssache. Meist sind es die Akkus, die versagen, auch meiner wurde vom Vorbesitzer irgendwann ausgetauscht. Irgendwann gibt es aber dafür keinen Ersatz mehr und auch die Peripherie muss passen: Kabel, Stecker, Speicherkarten. Im Falle der Mavica ist der Austausch der Bilddateien auf die 3.5'' Diskette beschränkt! Ich besitze glücklicherweise noch ein externes USB-Diskettenlaufwerk und alte Disketten. Wer weiß wie lange es sowas noch geben wird.
Das Diskettenlaufwerk bestimmt tatsächlich einiges an der Kamera. Nicht nur die Größe und das quaderförmige Grunddesign sind damit vorgegeben, auch das Handling folgt oft den Beschränkungen des Laufwerkes. Man hört stets das charakteristische Schreib- und Lesegeräusch und ahnt damit zumindest, warum und worauf man viele Sekunden lang warten muss (und zwar bei jedem Bild, das man aufnimmt oder betrachten will!). Auch muss man nicht nur während der Aufnahme still halten (s.u.), sondern am Besten noch 5-7 Sekunden danach. Denn allzu heftige Beschleunigung ist schädlich für den filigranen Schreib/Lesekopf und könnte die gerade geschriebenen Daten unbrauchbar machen. Die ewigen sekundenlangen Wartezeiten sind tatsächlich für mich das eindrücklichste, was mir von meinem Test in Erinnerung bleiben wird.
Ansonsten ist die Bedienung (zumindest mit unser heutigen Digitalerfahrung) sehr intuitiv und gut umgesetzt. Die Kamera liegt trotz ihres Quaderdesigns dank einer Griffleiste gut in der Hand, der rechte Zeigefinger ist automatisch am Auslöser und der Daumen bedient die Zoom-Wippe. Ein optischer Sucher fehlt komplett. Man muss sich also komplett auf das ansonsten sehr ordentliche 2.5'' Display fokussieren. Dies ist allerdings sehr dunkel und taugt nicht für helle Aussenumgebung. Ein Highlight der Kamera ist das 10-fach Zoomobjektiv, das von (KB-äquivalenten) 40 bis 400 mm Brennweite reicht und bei der kleinsten Brennweite bis zu einer kürzesten Entfernung von 1 cm (!) fokussieren kann. Damit gelingen dann auch Aufnahmen von kleinen Gegenständen.
Größtes Lowlight ist ironischerweise der eingebaute Blitz, den hätte Sony besser weggelassen und stattdessen eine Blitzbuchse oder einen hot-shoe spendiert. Der Blitz ist nämlich komplett ungeregelt, feuert also immer seine komplette aber ansonsten bescheidene Blitzleistung und taugt so nur für Motive in ca. 3 m Entfernung. Näheres ist stets über-, weiter entferntes stets unterbelichtet. Außerdem schaltet der Blitz automatisch auf den Field-Modus um (s.u.) und reduziert damit die vertikale Auflösung des Sensors um die Hälfte.
Die vier möglichen Qualitätsstufen. 180x180 Pixel crop in Originalgröße. Aufnahme: 2 m Entfernung, Stativ. iPhone aus der Hand, runter gerechnet auf gleiche Auflösung. Klicken für 4x Vergrößerung. |
Kommen wir damit also zum Herzstück, dem Sensor, der aus heutiger Sicht eine sehr bescheidene Auflösung und auch Bildqualität liefert. 1997 allerdings ist VGA (640x480 Pixel) eine immer noch sehr gängige Monitorgröße und bei Bild- bzw. Dateigröße fast an dem Limit dessen, was noch praktikabel verarbeitet werden konnte. Viele Computer waren nur über niedrige Datenraten mit dem Internet verbunden, das Übertragen von einzelnen Bilddateien dauerte da selbst in komprimierter Form oft mehrere Sekunden. Wenn Web-sites überhaupt Bilder hatten, dann lag deren Größe und Auflösung z.T. weit unter VGA. In dem Sinne war die Mavica ein höchst praktikable Kamera, deren recht stark komprimierte JPG-Bildchen genau den Bedürfnissen der Web-Designer und Poweruser entsprach.
Der CCD-Sensor ist eigentlich für die Verwendung in Video-Camcordern gedacht und so ausgelegt, dass das analoge Signal direkt nach den üblichen Fernseh-Normen auf einem Monitor wieder ausgegeben werden kann. Dazu wird das Bild in zwei Halbbilder ("Field") geteilt, wobei zunächst die ungeraden Zeilennummern zu einem Field zusammengefasst werden und danach die geraden. Zusammen ergeben sie einen "Frame".
Der Sensor der Mavica hat nominell 659x494 Pixel, die dann auf die VGA Auflösung 640x480 herunter gerechnet werden. Die volle Auflösung gibt es allerdings nur, wenn der Frame-Modus ausgewählt ist. Die Kamera fotografiert aber standardmäßig im Field-Modus, was bedeutet, dass nur das erste Halbbild verwendet (und zeilenweise verdoppelt wird), d.h. die vertikale Auflösung beträgt nur 240 Pixel. Leider ist Field tatsächlich die praktischere Einstellung. Denn, die beiden Halbbilder werden nacheinander im Abstand von 1/30s aufgenommen und bewegte Objekte erscheinen daher doppelt (siehe Auto-Fotos unten), bzw. bei 1/30s hat man schnell auch die Kamera verwackelt. Außerdem wird bei Blitzaufnahmen automatisch in den Field Modus zurückgeschaltet. Klar, denn der Blitz ist beim zweiten Field schon längst wieder aus.
Interessant ist, dass weder an der Kamera noch in der Anleitung irgendetwas über die sonst üblichen Fotografie-Parameter Verschlusszeit, Blende oder Empfindlichkeit zu erfahren ist. Lediglich die Qualitätsparameter Frame/Field (s.o.) und der Kompressionsgrad der JPGs können gewählt werden. Stattdessen hat man die Wahl von 5 Sonderprogrammen für bestimmte Fotografiersituationen, bei denen allerdings auch nicht ganz klar wird, was sie genau bewirken oder ob die standardmäßige Überallautomatik nicht auch so ein ordentliches Bild liefert (vermutlich). Dann gibt es noch 4 Spezialbildeffekte (Pastel, Negativ, Sepia und Schwarz-Weiß), die im Prinzip auch im Nachhinein mit jeder Bildbearbeitung möglich wären.
Fazit für mich: Eine interessante frühe Digitalkamera, die vom Konzept her konsequent auf die Bedürfnisse der frühen Internet-Pioniere zugeschnitten war, die Bilder für's WWW brauchten. Die Verwendung der Floppy-Disk zum Datentransfer ist gleichzeitig für die damalige Zeit sehr gelungen, technologisch aber langfristig eine Sackgasse. Am Bemerkenswertesten für mich: 7 Sekunden braucht eine Aufnahme vom Druck auf den Auslöser bis alles auf der Scheibe ist.