Verschlussablauf der Nikon S, spaltenweise von links oben bis rechts unten. |
Ich habe an dieser Stelle schon zwei verschiedene Verfahren zum Testen von Verschlusszeiten vorgestellt: 1) per Photodiode und Soundeingang am Computer, 2) per Grauabgleich mit einer Digitalkamera (und hier der Vergleich der beiden Methoden).
Hier nun Methode Nr. 3: Man nehme eine Videokamera, die fähig ist deutlich mehr als 30 Bilder pro Sekunde aufzunehmen, also Zeitlupen (Slow-Motion) produzieren kann und filme eine Zeitlupe vom Verschlussablauf. Ich habe selbst keine Ahnung welche verschiedenen Kameras das alles können, für mich ist nur wichtig dass ich seit kurzem selbst eine besitze: mein iPhone 6. Das kann 240 fps (frames per second), also alle 4.167 ms ein Bild. Und iOS 8 enthält auch iMovie, mit dem man den erzeugten Slo-mo-clip bearbeiten und analysieren kann. Bei meinen Versuchen, erwies es sich als wichtig, dass die Videos bei genügend Licht aufgenommen werden, da sonst die Einzelbilder arg "verwischen" und nicht mehr scharf ausgewertet werden können.
Bei iMovie oder einem anderen Video-Editor (z.B. die Freeware VirtualDub) heißt es nun die Frames (Einzelbilder) zählen, bei denen der Verschluss offen ist. Im obigen Fall (Nikon S, siehe Bild ganz oben) brauchte der erste Verschlussvorhang 7 frames, d.h. 29 ms für die Strecke von 34 mm (sic!). Damit ergibt sich eine Verschlussgeschwindigkeit von ca. 1.17 m/s, nicht besonders schnell. Der zweite Vorhang startet aber schon bevor der erste sein Ziel erreicht hat. Den Abstand vom ersten Vorhang habe ich an einem der Frames zu 25 mm bestimmt, d.h. 73.5% (25/34) des Bildes waren zu jederzeit frei, oder anders ausgedrückt: die Belichtungszeit betrug 73.5% x 29 ms = 21.3 ms = 1/47 s. Eingestellt war 1/60 s, das ist eine leichte Überbelichtung um 27%.
So einfach die Methode auch scheint, ist sie doch mit einem recht ordentlichen Fehler behaftet, der einzig an der verfügbaren Framerate der Videokamera hängt. 240 fps sind schon ganz nett, aber der Vorhang der Nikon S hier braucht ca. 7 Frames, genau könnten es aber auch 6.5 oder 7.5 sein, so genau kann man nicht ablesen. Setzt man das in die obige Rechnung ein, erhält man eine Verschlusszeit von 1/50 bis 1/44 sec. Bei einem modernen, vertikalen Verschluss wird die Sache aber schlechter. Durch die kürzere Strecke und gleichzeitig schnelleren Vorhängen ergibt sich auch ein größerer relativer Fehler.
So einfach die Methode auch scheint, ist sie doch mit einem recht ordentlichen Fehler behaftet, der einzig an der verfügbaren Framerate der Videokamera hängt. 240 fps sind schon ganz nett, aber der Vorhang der Nikon S hier braucht ca. 7 Frames, genau könnten es aber auch 6.5 oder 7.5 sein, so genau kann man nicht ablesen. Setzt man das in die obige Rechnung ein, erhält man eine Verschlusszeit von 1/50 bis 1/44 sec. Bei einem modernen, vertikalen Verschluss wird die Sache aber schlechter. Durch die kürzere Strecke und gleichzeitig schnelleren Vorhängen ergibt sich auch ein größerer relativer Fehler.
Um die Methode im Vergleich zu den beiden anderen zu testen habe ich meine Nikon F nochmal durchgemessen. Ich muss allerdings zugeben, dass ich für die grüne Kurve oben jede Verschlusszeit jeweils nur einmal "gefilmt" habe. Daher fehlt den Daten die Statistik. Allerdings habe ich versucht, die jeweiligen Fehler abzuschätzen (siehe Fehlerbalken). Bei den langen Zeiten ist der Messfehler minimal, da man einfach nur die Frames zählen muss, bei denen der Verschluss komplett offen ist. Dazu kommen jeweils zur Hälfte die Zeit die der erste Vorhang braucht, um den Verschluss zu öffnen, bzw, der zweite Vorhang, um ihn wieder zu schließen. Bei der Nikon F läuft der Verschluss mit ca. 4 frames ab (bei 240 fps). Eine 1/4 s sollte also z.B. 60 Frames liefern, gemessen habe ich 63, also 5% Überbelichtung.
Die kurzen Zeiten ab 1/125 s müssen komplett anders ausgewertet werden. Hier habe ich die Methode im Vergleich zur Quick'n'Dirty Abschätzung oben nochmal verfeinert. Es kommt es darauf an, die Verschlussgeschwindigkeit möglichst genau zu bestimmen: Anhand der Vorhangpositionen kann man die Verschlussgeschwindigkeit über die Differenz der Einzelbilder bestimmen (die Zeitdifferenz beträgt ja genau 1/240 s). Hier ist das Ergebnis für die Nikon F, die mittlere Vorhanggeschwindigkeit beträgt 2.32 m/s (entspr. 3.7 frames auf 36 mm):
Gleichzeitig erhält man an den entsprechenden Positionen auch die Schlitzweite aus den Bildern. Jetzt muss man nur Geschwindigkeit (in mm/s) durch Schlizbreite (in mm) teilen und erhält die Verschlusszeit (in 1/s). Es mach übrigens nichts, dass die Verschlussvorhänge wie man im Diagramm sieht während des Ablaufs noch beschleunigen. Da sie es beide gleich tun (hoffentlich!) kompensiert sich der Effekt mit der sich ebenfalls entsprechend vergrößernden Schlitzbreite.
Die Ergebnisse im Vergleich können sich sehen lassen. Bei den langen Zeiten ist die Übereinstimmung mit der ebenfalls dort sehr genauen Oszilloskopmethode sehr gut, bei den kurzen Zeiten ist es bei der Videomethode viel einfacher, sichere Werte abzulesen. Nur die 1/1000 s macht mir noch Sorgen. Hier bräuchte man doch noch eine schnellere Kamera. Es gibt tatsächlich Consumer Digitalkameras, die 1000 fps liefern (z.B. die Exilim Serie von Casio). Das allerdings nur bei einer Bildauflösung von 224x64 Pixeln. In dem Sinne, ist schon erstaunlich, dass das iPhone 6 die 240 fps bei der vollen HD (1280x720) Auflösung schafft. Hut ab, Apple!