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2019-12-21

Korelle 3x4


Und noch eine historische Halbformat (3x4) Kamera für den 127er Rollfilm. Im Gegensatz zur Foth Derby - mit ihrem Tuchschlitzverschluss eher die Spezialität in ihrer Klasse - war Kochmann's Korelle für dieses Format quasi der Archetyp. Solche Kameras hatten einen ausklappbarem Balgen, (jeweils wählbar) Zentralverschluss sowie Standardobjektiv, und auch sonst eine sehr ähnliche Ausstattung und Größe. Am Ende dieses Beitrags stelle ich die 1932 bei Photo Porst erhältlichen anderen Kameras dieser Klasse kurz vor, es gab im Laufe der Zeit noch ein paar mehr davon.  

Beworben wurde die Kamera insbesondere über ihre schnelle "Schussbereitschaft", erreicht durch den Druck auf den einzigen Knopf auf der Kameraoberseite, der sowohl das Objektiv ausfahren lässt als auch gleichzeitig den Sucher aufklappt. Schussbereit ist man natürlich nur, wenn man vorher den Verschluss gespannt hatte, und Verschlusszeit, Blende und Entfernung richtig geschätzt und eingestellt hatte. Der Filmtransport per Drehrad auf der Unterseite war gänzlich entkoppelt vom Verschluss, weder gab es eine Doppelbelichtungssperre, noch die Erinnerung daran, dass man schon transportiert hatte.

Mein Exemplar ist für sein Alter recht gut erhalten und hat lediglich die üblichen Gebrauchspuren. Dem Federmechanismus im Aufklappsucher fehlt die Spannkraft, die Blenden- und Entfernungs-Skalen sind nur noch schwer abzulesen. Der Verschluss läuft, allerdings wohl nicht mehr präzise, manchmal bleibt er einfach offen stehen. Fotografieren kann man also nicht mehr verlässlich damit. Trotzdem ein schönes Stück für die Vitrine. Eine Altersbestimmung per Seriennummern lässt einen etwas ratlos zurück: Die Kamera selbst trägt keine eigene Seriennummer, allerdings jeweils der Compur-Verschluss (2306954) und das Schneider Obkjektiv (398798). Obwohl die jeweiligen Quellen als einigermaßen gesichert gelten, erhält man für das Objektiv das Baujahr 1931, der Verschluss stammt aber von 1933. Die meisten Quellen über die Kamera sprechen von ca. 1931 als Baujahr der Kamera, wobei sie im Photo Porst Katalog von 1932 zum Verkauf angeboten wird.


Wie diese Werbeanzeige aus dem Jahr 1934 zeigt, war die 3x4 Korelle zu dem Zeitpunkt nicht mehr im Programm. Ich kann mir vorstellen, dass sie zugunsten der innovativeren Korelle K (18x24 mm auf Kinofilm) eingestellt wurde. Diese wurde 1932 vorgestellt. Ich bleibe dran und freuen mich über weitere Hinweise (z.B. unten per Kommentar..)

Datenblattfrühe Halbformat (3x4 cm) Kamera für den 127er Rollfilm
Objektiv Schneider Xenar 5 cm f/3.5. Auch mit Trioplan 5/4.5, Rodenstock Trinar 5/2.9, Schneider Xenar 5/2.9, Zeiss Tessar 5/3.5 und anderen Objektiven erhältlich. Objektivplatte per Balgen versenkbar. 
Verschluss Compur Zentralverschluss, T-B-1-2-5-10-25-50-100-300. Verschluss wird unabhängig vom Filmaufzug gespannt. Auch mit Vario, Pronto-S und anderen Zentralverschlüssen erhältlich. Keine Doppelbelichtungssperre. Compur Seriennummer: 2306954
Belichtungsmessung keine
Fokussierung Manuell am Objektiv (ab ca. 75 cm) durch Verschieben des gesamten Objektivs.
Sucherausklappbarer optischer Sucher. Einfachere Kameraversionen auch ohne Linsen.
BlitzKein Anschluss vorgesehen.
Filmtransport Mit Drehknopf auf Kameraunterseite, doppeltes rotes Bildnummern-Fenster für Halbformat.
sonst. Ausstattung Ausklappbarer Standfuß, Stativgewinde 3/8", Anschluss für Drahtauslöser, Bereitschaftstasche als Zubehör.
Maße, Gewicht ca. 115 x 70 x 37/63 mm (geschlossen, offen), 364 g 
Batterie keine
Baujahr(e) 1931 bis vermutlich 1932 oder 1933.
Kaufpreis, Wert heute 87.30 RM (Photo Porst, 1932), andere Objektiv/Verschluss-Varianten von 36RM bis 115 RM. Heutiger Wert je nach Zustand ca. 50-150 €.
externe Quellen und Links KochmannWikipediaCamera-WikiOneTwoSeven.org127er Rollfilm, Collectiblend, Johannstadtarchiv
bei KniPPsen weiterlesenFoth DerbyFerrania Tanit, Gevaert 127er Film, Rollfilm 127, Ising Puck, Reflex-Korelle

Ich besitze einen Photo Porst "Photohelfer" von 1932. Ab Seite 161 und bis Seite 193 geht es darin über Kleinbild-Kameras. Damals waren damit nicht nur die (sehr wenigen) Kameras für den 35mm Kinofilm (Leica, Contax und Co.) gemeint, sondern insbesondere die 3x4-Kameras für den 127er (Vest Pocket, "VP") Rollfilm. Diese verwendeten dieselben Standardobjektive mit 50 mm Brennweite und auch dieselben Zentralverschlüsse. Mit einklappbarem Objektiv waren die Kameras insgesamt sehr kompakt und passten bequem in die Jacken-, Hosen- oder die Damenhandtasche. Was sonst noch zu den Kameras im Katalog stand, kann durch einfachen Klick auf die Bilder hier angeschaut werden. Viel Spaß bei der Lektüre!
Nagel Vollenda 3x4
Plaubel Makinette 3x4
Voigtländer Perkeo 3x4
Zeiss Ikon ("Baby") Ikonta 3x4

2019-11-17

Foth Derby (Typ 2a)


Zwei Dinge haben mich auf diese Kamera aufmerksam werden lassen. Zum einen natürlich mein Zufallsfang Ising Puck, die eigentümlicher Weise nicht aus den 30ern, sondern aus der Zeit nach dem 2. Weltkrieg stammt. Zum anderen ein (weiterer) Photo Porst "Photohelfer", diesmal aus dem Jahr 1932, den ich vor ein paar Wochen auf einem lokalen Flohmarkt entdeckt (und erworben) habe. Darin gibt es ein ganzes Kapitel über Kleinbild-Kameras. Damit waren Anfang der 1930er keineswegs nur Leica, Contax und Co. gemeint, die ihre 24x36 mm großen Aufnahmen auf dem perforierten 35 mm Kinofilm machten, sondern auch alle anderen mehr oder weniger kompakten Kameras für Negativformate kleiner als 6x6 cm. Eben solche, wo man nicht mehr mit Kontaktabzügen auskam, sondern Vergrößerungen im Labor machte oder machen ließ. 1932 gab es viel mehr Kameras für das 127er (V.P., Vest Pocket) Halbformat 3x4 cm als für 24x36 mm! Im Photohelfer von 1932 steht es 8 zu 3. Das ändert sich relativ rasch bis 1937. In meinen 37er Photohelfer werden 17 "Kleinkameras" für den perforierten Kinofilm angeboten und keine einzige mehr für 3x4.   
Die interessanteste der frühen 3x4 Kameras ist sicherlich die Derby, die in Berlin von C.F. Foth & Co. hergestellt wurde. Die Firma selbst ist wegen ihrer nur ca. 15-jährigen Existenz heute relativ unbekannt, war mit ihren Produkten, Kameras, Ferngläser und optisches Zubehör aber "weltweit" am Markt aktiv und auch in den 1930er Jahren recht erfolgreich. Im Gegensatz zu den meisten anderen Herstellern, die Objektiv und (Zentral-)Verschluss von wenigen namenhaften Spezialisten zukauften (und sogar den Kunden die verschiedenen Optionen boten), machte man bei Foth alles selbst. Als Objektiv gab es entweder 3- oder 4-linsige Anastigmaten, also sehr ordentlich korrigierte Optiken in Triplet oder Tessar-Bauweise. Und, einzigartig bei den 3x4-Kameras: Es gab einen Tuchschlitzverschluss bis 1/500 s. Damit stand man der Leica in nicht viel nach, war aber mit nur 65 RM viel billiger als die 240 RM, die für die Leica aufgerufen wurde. OK, die Leica hatte einen Entfernungsmesser und Wechselobjektive, dafür war die Derby etwas kompakter und auch leichter und belichtete bei gleicher Brennweite ca. 39% mehr Negativfläche.

Interessanterweise, hatte das allererste Derby Modell aus dem Jahr 1930 auch 24x36 mm Bildfläche, etwas, was schnell geändert wurde. Die Kamera ist auch heute noch relativ häufig auf den gängigen Auktionsportalen zu finden. Exemplare mit starken Gebrauchspuren, so wie meines hier, sind relativ günstig zu bekommen. Hier gibt es keine "Mondpreise" wie bei den gern gesammelten Leicas. Auf Camera-Wiki.org gibt es einen recht umfassenden Artikel über alle Varianten. Mein Exemplar gehört zum Typ 2a, hat also schon einen Selbstauslöser und den quadratischen Fernrohrsucher, aber keine Seriennummer am Objektiv und auch keine Prägung "Germany". Allerdings hat es geprägtes Leder auf der Frontplatte. Ewtas, was eigentlich erst den späteren Modellen vorbehalten war...? Wie auch immer, ich bin froh über diese neue Erwerbung für meine Sammlung. Ich werde am Thema 30er-Jahre Kleinbildkameras weiter dranbleiben...


Datenblattfrühe Halbformat (3x4) Kamera für den 127er Rollfilm
Objektiv Foth Anastigmat 50 mm f/3.5 (Triplet). Alternativ auch mit Foth Anastigmat 50 mm f/2.5 (4-Linser, Tessar Typ). Objektiv per Balgen versenkbar.
Verschluss Tuchschlitzverschluss für 3x4 cm Bildfeld, B-25-50-75-100-200-500. Verschluss wird unabhängig vom Filmaufzug gespannt. Keine Doppelbelichtungssperre.
Belichtungsmessung keine
Fokussierung Manuell am Objektiv (ab ca. 80 cm) durch Verschieben des gesamten Objektivs.
Suchereinfacher, sehr kleiner, quadratischer Fernrohrsucher zum hochklappen.
BlitzKein Anschluss vorgesehen.
Filmtransport Mit Drehknopf, doppeltes rotes Bildnummern-Fenster für Halbformat.
sonst. Ausstattung Selbstauslöser, Stativgewinde 1/4", Anschluss für Drahtauslöser, Bereitschaftstasche als Zubehör.
Maße, Gewicht ca. 120 x 71 x 37/63 mm (geschlossen, offen), 444 g 
Batterie keine
Baujahr(e) 1931-1935 (Typ 2), diese hier ca. 1932. Andere Modelle insgesamt von 1930 bis ca. 1940. Insgesamt wohl mehr als 80,000 Exemplare.
Kaufpreis, Wert heute 65 RM (1932), heute ca. 50 €.
externe Quellen und Links Mike EckmanWikipediaCamera-WikiClassic Camera CollectionUS BrochureManual127er Rollfilm, Collectiblend
bei KniPPsen weiterlesenFerrania Tanit, Gevaert 127er Film, Rollfilm 127, Ising Puck

Seite 179 aus dem Photo Porst Phtohelfer von 1932

2019-11-10

Kameraleder erneuern - Ising Puck

Vor Kurzem habe ich über diese kleine und interessante Kamera berichtet. Mein Exemplar hatte noch das ursprüngliche Leder, aber leider nicht mehr überall. An einigen Stellen wurde es mit einem nicht originalen Kleber wieder angeklebt, an anderen fehlte es ganz oder wurde einfach durch schwarze Farbe ersetzt. Für mich der perfekte Kandidat für ein Belederungsprojekt. 

Ein paar Anbauteile abschrauben und
komplett nackig machen...
Mit dem Gedanken, eine Kamera neu zu beledern, trage ich mich schon länger. Man kann ja im Netz schon fertig zugeschnittene Belederungs-Sätze kaufen, auch in poppigen Farben oder in Krokodil-Leder-Optik (z.B. hier, oder hier).  Aber das ist nichts für mich. Zum einen halte ich es mehr mit möglichst originalgetreuer Restaurierung, zum anderen gibt es die fertig geschnittenen Sätze nur für recht gängige Kameras. Die alten oder seltenen Schätzchen, an die ich denke, sind garantiert nicht dabei.  

Dann stolperte ich vor einiger Zeit über einen kurzen Beitrag über das Thema in einem Forum. Die Idee mit dem Schneidplotter hat mich sehr schnell überzeugt. Ein solcher stand auch schon länger auf der "Will-Haben"-Liste meiner Frau und so konnte ich ihr eine große Freude damit machen, einen solchen mir zum Geburtstag von ihr zu wünschen. 

Es wurde am Ende sogar der Silhouette Portrait, der im Artikel oben verwendet und empfohlen wurde. Dieser kommt mit einer recht simplen aber für den Zweck ausreichenden CAD-Software, mit der man sich seine Schnittmuster selbst erstellen kann. Hier nun also eine kurze Beschreibung, wie ich bei meinem kleinen Projekt vorgegangen bin.

Schnittmusterbogen, erstellt mit Silhouette Studio 4.2
Als erstes heißt es natürlich, das alte Leder von der Kamera zu entfernen. Bei vielen Kameras muss man dafür noch ein paar Anbauteile abschrauben, so auch bei der Ising Puck. Wie ich schon geschrieben habe, fehlte schon einiges an Leder und auch das andere war schnell abgezogen. Ich habe schon viel fester verklebtes Leder an anderen Kameras erlebt. Früher wurde oft Schellack als Klebstoff verwendet, zu erkennen an der rot-braunen Farbe. Wenn man auf solche Verklebungen stößt, hilft oft Einweichen mit Brennspiritus (Ethanol), darin ist Schellack nämlich löslich. Zum Glück war das bei mir nicht nötig. 

Plotter mit dickerem Papier testen und anprobieren...
Im nächsten Schritt habe ich den Schnittmusterbogen erstellt, eigentlich die Anweisungsdatei für den Plotter, wie er zu schneiden hat. Dazu habe ich die originalen Lederteile glatt gepresst, mit Tesafilm auf ein Stück Papier geklebt und eingescannt. Die Software Silhouette Studio 4.2 kann nämlich Bild-Dateien lesen und auch kontrastreiche Kanten selbstständig erkennen und in Schnitt-Linien übersetzen.  

Allerdings muss man trotzdem noch selbst Hand anlegen, um die von der Software gefundenen Schnittlinien zu glätten, bzw. Kreise wirklich rund und Linien wirklich gerade zu machen. Das nimmt seine Zeit in Anspruch, man findet sich in der Software mit der Zeit aber immer besser zurecht. Vorteil der Methode mit dem Scannen ist allerdings, dass man nicht alle Maße mit Lineal oder Maßband an der Kamera selbst abnehmen braucht. 

Fertig geschnittenes Leder mit Kleberücken
einfach anbringen und festdrücken.
Wenn man mit dem Schnittmuster fertig ist, empfehle ich Testplot(s) auf dickeres Papier (o.ä.) zu machen, um das neue Lederkleid vorab an der Kamera anzuprobieren. Ich selbst habe noch drei Runden gebraucht, bis es letztendlich alles passte.  Dann erst habe ich den Bogen Leder eingespannt und beim Plotter die Schneideparameter auf das neue Material eingestellt. Hier muss man wohl je nach Leder etwas rumprobieren. Bei mir ging das ganz schnell: Ich habe bei der Materialauswahl "Leatherette" (Kunstleder) gewählt, einen kleinen Schneidtest durchgeführt, und die Einstellungen so gelassen. Dann Schnittmuster an den Plotter senden und nach ca. 3 Minuten war bei mir alles fein säuberlich ausgeschnitten.

Das Leder habe ich bei Aki-Asahi in Japan bestellt (black uncut crinkled emboss, 220x320 mm). Auch wenn sich das erstmal verrückt anhört, kann ich das nur empfehlen. Der Service dieses Ladens ist klasse, Bezahlung per Paypal, sofortige email Bestellbestätigung, weltweiter Versand für nur 4 US$ und das innerhalb von ca. 10 Tagen. Das Leder kommt in exzellenter Qualität mit selbstklebender Rückseite, man muss also nicht mit Kleber hantieren. 

Schneidplotter bei der Arbeit
Das eigentliche Beledern selbst geht recht flott von der Hand. Natürlich muss man auch hier präzise arbeiten und genau ansetzen, aber man kann auch noch vorsichtig die eine oder andere einfache Korrektur anbringen. 

Mein Ergebnis kann sich sehen lassen und ich bin sehr zufrieden. Unbedarfte Kamera-Laien würden nicht merken, dass es sich um ein Do-It-Yourself Projekt handelt. Alle Schnitte sind super präzise, so was schafft man per Hand nicht. Allerdings ist das Leder von seinem Stil her eher "70er oder 80er Jahre Japan" als "30er oder 50er Jahre Deutschland". Es ist einen Ticken dicker als das originale Leder und natürlich auch anders gemustert. Die beiden Bilder auf dieser Seite zeigen das fertige Stück, das jetzt in der Vitrine steht. Bei mir wartet bereits die nächste Kamera auf ihr neues Lederkleid. Allerdings will ich hier auch noch mehr Restaurationsarbeit leisten und mir fehlt derzeit die Zeit dazu. Wer selbst noch Fragen oder Anregungen zum Thema hat, bitte unten in die Kommentare posten oder e-mail an knippsen(at)icloud.com.


2019-10-26

Praktica BX-20S


Die Praktica BX20S ist die letzte 35mm SLR "made in Germany", hat aber bis auf ein etwas moderneres Plastikdesign und ein paar Kleinigkeiten dieselben technischen Fähigkeiten wie ihre Vorgängerin BX20, welches wiederum das letze kommerziell erhältliche SLR-Modell des VEB Pentacon aus der DDR war. Ich habe schon einige Praktica Kameras in meiner Sammlung, bisher alle mit M42-Objektivgewinde. Eine Praktica mit dem ab 1979 erhältlichen B-Bajonett fehlte noch und mir war schon lange klar, dass wenn überhaupt eine B-Kamera, dann diese BX20S. Eben weil sie die letzte ihrer Art war und die ganze Geschichte mit der Wende dranhängt
Ich habe mich also schon seid einiger Zeit umgesehen und feststellen müssen, dass für das Ding ganz schöne Preise aufgerufen werden. Zum einen gibt es sogar noch unbenutzte und originalverpackte Einheiten, zum anderen gab es am Ende der Produktion kleinere Sonderserien (insbesondere die letzten 100, sowie 280 grüne und 155 grün-schwarze), die wegen der limitierten Zahl die Sammler auf den Plan rufen. Deren hohe Preise von ein paar 100 Euros scheinen auch auf die ganz normalen gebrauchten Exemplare abzufärben. Ich habe jetzt endlich recht günstig ein sehr gut erhaltenes Exemplar, sogar mit frischer Batterie und etwas Zubehör ergattert. 

Mein persönlicher Eindruck von der Kamera war dann in mehrerer Hinsicht ambivalent. Auf der einen Seite das äußere konsequent durchgängige Plastikgehäuse, durchaus wohlgeformt und angenehm in der Hand liegend. Gleichzeitig merkt man am Gewicht der Kamera, dass drinnen durchaus noch einiges an Metall und Glas verbaut wurde. Der Druck auf den Auslöser startet einen satten und warmen Spiegel- und Verschlussablauf, während das anschließende Spannen mit dem wackligen Schnellschalthebel einem die Nackenhaare aufstellen lässt: Am Ende des Aufziehens gibt es stets ein lautes Knacken und man glaubt etwas kaputt zu machen. Mit dem hellen und übersichtlichen Sucher und seinem innovativen Tripelmesskeil in der Mitte macht das Scharfstellen Spaß, während an der Seite kleine rote LED's nervös flackern.
Ansonsten bietet die Kamera einen technischen Standard, den man unbedarft in die frühen 80er verorten würde. Allerdings gab es nach Einführung der Autofokusgeneration ab Mitte der 80er und bis spät in die 90er weiter einen Markt für solche pre-AF SLR Kameras, man denke z.B. an die Nikon FE10 und ähnliche Cosina-made Gehäuse. Hier war die BX20S durchaus eine unabhängige Alternative für die es preiswerte, aber durchaus leistungsfähige Objektive gab. Ob allerdings das "Made in Germany" irgendwen hier überzeugen konnte, möchte ich bezweifeln. Das war sicher für die Leica R7 der Fall, die andere in den 90ern noch in Deutschland hergestellte SLR. Die spielte aber technisch und preislich in einer anderen Liga.  

DatenblattLetzte KB-Spiegelreflexkamera made in Germany 
Objektiv Wechselobjektive mit Praktica-B Bajonett. Hier mit PRAKTICAR MC 28-50 mm f/2.8-3.5 (made by Sigma, Japan). Elektrische Übertragung der eingestellten Blende an die Kamera.
Verschluss Elektronisch gesteuerter, vertikaler Metalllamellenverschluss . Stufenlos 40s - 1/1000 s bei Zeitautomatik, 1s - 1/1000 s und B bei Nachführmessung. Blitzsynchronisation bei 1/100s.
Belichtungsmessung TTL, mittenbetont integral, Si-Photodioden, 12-3200 ASA (DX). Automatische Belichtungssteuerung (Zeitautomatik) oder Nachführmessung mit wählbaren Zeiten. Belichtungskorrektur +/-2 in ganzen Stufen. Messwertspeicherfunktion (AEL).
Fokussierung Manuell am Objektiv, Einstellscheibe mit Tripelmesskeil (Schnittbild) und Mikroprismenring.
Sucher Fest eingebauter Pentaprismensucher (95%), eingespiegelte Blende, LED-Anzeige(n) für Belichtungsmessung (Zeiten), Blitzbereitschaft, Batteriekontrolle und AEL. 
Blitz Zubehörschuh mit Mittenkontakt, Extra-Kontakte für TTL-Blitzsteuerung nach SCA-321 Standard, kompatibel zu Olympus
Filmtransport Schnellschalthelbel, Rückspulkurbel, Bildzählwerk (vorwärts zählend), Anschluss für Motoraufzug.
sonst. Ausstattung mechanischer Selbstauslöser (10s), gleichzeitig Abblendtaste, ISO-Gewinde für Drahtauslöser, Stativgewinde, Hauptschalter, Filmdosenfenster in der Rückwand.
Maße, Gewicht ca. 141/88/49 mm, 510g (ohne Batterie und Objektiv)
BatteriePX28 (6V, 4 x LR44 oder SR44 möglich)
Baujahr(e) 1992-2001, ca. 33.000 Exemplare, dieses #5138412 von 03-1995, eigentliche Serienfertigung endete 1999, eine limitierte Serie von 100 Kameras wurde 06-2001 das offizielle Ende der deutschen SLR Produktion)
Kaufpreis, Wert heute ca. 300 DM (?, 1995), heute ca. 100€
Links Bedienungsanleitung (dreisprachig)Dresdner Kameras, BX20 Teardown video, Praktica B-Kameras
Bei KniPPsen weiterlesenPraktiflex, Contax F, Praktica F.X2Praktica LLC, Praktica PL electronic, Praktica LTL3, 65 Jahre deutsche SLR, Deutsche SLR Statistik

2019-10-18

Von Kine Exakta bis Praktica BX20S - 65 Jahre deutsche Spiegelreflex

Die erste und die letzte SLR aus deutscher Produktion. Zwischen den beiden liegen sechs wechselvolle Jahrzehnte und ungefähr 12 Millionen Spiegelreflex-Kameras aus West- und hauptsächlich Ost-Deutschland,
zwischen den beiden Produktionsstätten in Dresden aber nur ca. 2 km.
Die letzte 35mm Spiegelreflexkamera, die in Deutschland gebaut wurde und die sogar stolz das Label "Made in Germany" tragen durfte heißt Praktica BX20S und seit dieser Woche nenne ich eine davon mein Eigen. Die Kine-Exakta war sechs Jahrzehnte vorher die erste Spiegelreflex für den 35 mm Film, ich habe ein Exemplar davon schon länger in meiner Sammlung. Die Statistik der 12.3 Millionen deutschen SLR habe ich ebenfalls hier ausgerollt. Hier nun in aller Kürze die Geschichte dazwischen. Über die "neue" Kamera berichte ich in einem Extra Beitrag

Die Geschichte der deutschen Spiegelreflex ist so interessant wie traurig, und wurde entscheidend geprägt durch die deutsche Teilung. Rückblickend kann man von einem Glücksfall sprechen, dass das technologische Zentrum der deutschen Kameraindustrie in und um Dresden lag, und damit die Kameraproduktion sich im Schutze der sozialistischen Planwirtschaft noch ein paar Jahrzehnte halten und sogar zumindest in der ersten Zeit nach dem Krieg sehr wacker schlagen konnte. Wäre es in Westdeutschland gewesen, dann wage ich hier mal die Behauptung, dass auch für Ihaage, Praktica und Co. das Aus Anfang der 1970er gekommen wäre.

Die letzte ihrer Art- SLR made in Germany
In Dresden und Umgebung jedenfalls konsolidierte sich die Kameraindustrie nach dem Krieg und man konnte gemeinsam unter dem Kombinatsdach des VEB Pentacon die Kräfte bündeln. In den 50er Jahren knüpfte man an alte Tugenden und auch Designs wieder an. Die ganze Geschichte und ihre Details kann man an vielen Stellen nachlesen (siehe auch die Links unten). In den späten 1960er Jahren probierte man sich sogar weltweit auf Augenhöhe an Elektronik, wie der erste elektronisch gesteuerte Schlitzverschluss beweist und brachte mit der Praktica L die erfolgreichste deutsche SLR-Serie auf den Markt. 

Ostdeutscher Verkaufsschlager der 70er :
Praktica L Serie mit M42
Während am Anfang der 1970er die westdeutschen Produzenten (bis auf Leitz) einer nach dem anderen die Segel strichen und der inzwischen technologisch als auch preislich davonziehenden japanischen Konkurrenz das Feld überließen, konnte der VEB Pentacon wegen des geschützten Wirtschaftsraums zumindest preislich noch etwas mithalten. Technisch ging auch den Dresdnern langsam der Atem aus und man hinkte den Japanern schließlich um Jahre hinterher. Als man (endlich) 1979 die moderne B-Serie mit einem Bajonett brachte, konnte die Kamera ungefähr das, was die führenden Japaner ca. 5 Jahre zuvor am Markt eingeführt hatten. Aber immerhin, man muss bedenken, dass die Pentacon Ingenieure wg. der wirtschaftlichen Isolation, alles alleine (nochmal) entwickeln mussten. Man konnte bzw. durfte nicht auf Komponenten von Zulieferern zurückgreifen. Die B-Serie wurde im Laufe der 1980er weiter gepflegt, als letzte Innovation kam mit der BX20 im Jahr 1987 TTL-Blitzautomatik und ein moderneres Kunststoff-Gehäuse.


Titel der Bedienungsanleitung mit großer
"Schneider Dresden Schleife"
Und dann kam 1989 die Wende und nichts war mehr wie vorher. Der VEB Pentacon hatte zu dem Zeitpunkt ca. 5000 Mitarbeiter, davon ca. 250 in Forschung und Produktentwicklung. Man hatte hochfliegende Pläne für eine BY-Serie mit Programmautomatik und sogar Autofokus und 37 Prototypen der BX20S in der Schublade.
Aber, es kam wie es kommen musste: man war nicht konkurrenzfähig im Kapitalismus. Die Treuhand wickelte ab, Teile des Kombinats wurden an frühere Eigentümer zurückgegeben, so z.B. die Kamerawerkstätten "KW" Niedersedlitz (Wiege der Praktica) an die Familie Noble, sowie die Görlitzer Meyer-Optik. Den Kern der aktuellen Kameraproduktion in Dresden erwarb der Fotounternehmer Heinrich Mandermann, der seit 1969 mit seiner Beroflex Vertriebsgesellschaft die Pentacon- und Orwo-Produkte im "Westen" erfolgreich vermarktete. Mandermann hatte zuvor schon den Objektivhersteller Schneider in Kreuznach (Westdeutschland!) aus der Insolvenz erlöst und gliederte nun den Dresdener Betrieb unter dem Namen "Jos. Schneider Feinwerktechnik GmbH & Co. KG" in seine Unternehmensgruppe ein. Die Produktion der BX20 geht mit deutlich reduzierter Belegschaft weiter, ab 1991 bis 1999 werden dann noch über 33.000 Exemplare der BX20S gebaut. Ab 1998 firmiert die Dresdener Tochter dann wieder unter Pentacon GmbH und 2001 wird nochmal eine letzte Serie von 100 Kameras aufgelegt. Das wars! Mehr Details über die Kamera selbst hier...

2019-09-22

Konica Autoreflex TC



Ein Zufallsfund auf einem kleinen Flohmarkt vor 3 Wochen war diese Konica Autoreflex TC. Es ist schon meine dritte Konica SLR und eigentlich nichts Aufregendes. Gebaut von 1976 bis 1982 war sie Konica's Einstiegsmodell und erfuhr im Laufe ihrer (wohl sehr zahlreichen) Produktion kleinere kosmetische Änderungen und Optimierungen. So wurde z.B. die Bodenplatte am Ende aus Plastik gefertigt, erste Schritte hin zum Vollplastik-Gehäuse ihrer Nachfolgerin Konica TC-X. Alles weitere zu den recht simplen Spezifikationen der Kamera unten in der Tabelle. Meine Kamera ist ein spätes Stück mit der Seriennummer 814082 (vermutlich von 1981, dem SLR-Boomjahr überhaupt).

Im Inneren der Kamera (und auch auf der Rückseite der Anleitung) fand ich allerdings jeweils einen interessanten Aufkleber. Service und Garantie für Konica Kameras wurde damals vom Carl Braun Camera-Werk in Nürnberg geleistet. Der Aufkleber auf der Anleitung spricht sogar vom Alleinvertrieb in der Bundesrepublik Deutschland. Carl Braun, bekannt durch seine 50er-Jahre Kameras (z.B. die Paxette oder Colorette), hatte schon in den 1960er Jahren die eigene Kameraproduktion eingestellt und sich danach auf Diaprojektoren und anderes Zubehör verlegt. Dass sie auch Vertrieb und Service für einen (oder mehrere?) japanische Kamerahersteller übernommen haben, war mir neu. Ich habe versucht, im Netz dazu noch mehr zu finden, bisher aber ohne Erfolg. Carl Braun lebt zwar bis heute in der Braun Phototechnik GmbH fort, in der zugehörigen Firmengeschichte wird über den Ausstieg aus der Kameraproduktion und die 70er und 80er Jahre kein Wort verloren. Wer dazu noch andere Infos oder Quellen hat, bitte hier kommentieren.


DatenblattEinsteiger KB-Spiegelreflexkamera 
Objektiv Wechselobjektive mit Konica AR-Bajonett. Hier Super-Danubia Auto-Zoom 80-200 mm f/4.5.
Verschluss Mechanisch gesteuerter, vertikaler Metalllamellenverschluss (Copal Square). 1/8s - 1/1000 s und B. Blitzsynchronisation bei 1/125s.
Belichtungsmessung TTL, mittenbetont integral, CdS, 50-1600 ASA. Automatische Belichtungssteuerung (Blendenautomatik) mit entspr. Objektiven.
Fokussierung Manuell am Objektiv, Einstellscheibe mit mit Schnittbildindikator und Mikroprismenring.
Sucher Fest eingebauter Pentaprismensucher, (90%), Vergrößerung 0.91x bei 50 mm. Nadel-Anzeige für Belichtungsmessung (Blende). 
Blitz Zubehörschuh mit Mittenkontakt, X-Buchse.
Filmtransport Schnellschalthelbel, Rückspulknopf, Bildzählwerk (vorwärts zählend)
sonst. Ausstattung mechanischer Selbstauslöser (10s), ISO-Gewinde für Drahtauslöser, Stativgewinde, Hauptschalter (klappt Schnellschalthebel ein)
Maße, Gewicht ca. 136/90/47 mm, 487g (ohne Batterie und Objektiv)
Batterie2 x PX625 (1.35V Quecksilber)
Baujahr(e) 1976-1982, dieses #814082 von 1981 (?)
Kaufpreis, Wert heute  299 US$ (1976), heute ca. 20€
Links Manual (english), Camera-Wiki, Konica-CollectorCollectiblend
Bei KniPPsen weiterlesen Konica TC-X, Konica FS-1, Konica C35V, Konica C35AF, Carl Braun Kameras

2019-09-08

Ising Puck



Über diese recht seltene Kamera bin ich neulich gestolpert, sie war bei e-bay gelistet und nur laienhaft beschrieben. Ich habe nach ein wenig Recherchieren das Mindestgebot von 15€ abgegeben und den Zuschlag bekommen. Ich selbst hätte die Kamera nach ihrer Spezifikation (3x4 cm Halbformat auf 127er Rollfilm) eher in die 1930er Jahre eingeordnet, sie stammt allerdings aus den ersten Jahren nach dem 2. Weltkrieg, als es wieder möglich wurde Kameras zu produzieren (ab 1948).  Gebaut wurde sie vom relativ unbekannten Kamera- und Fotozubehörproduzenten Ising (Eugen Ising Metallwarenfabrik in Bergneustadt, Rheinland, heute NRW). Dieser hatte insgesamt nur 3 Kameramodelle (in wenigen Varianten) auf den Markt gebracht, die erfolgreichste davon war die Pucky, eine 6x6 Pseudo-TLR Boxkamera. 
Die (oder der?) Ising Puck war im Sinne der 1930er Jahre eine KLEINBILDKAMERA, denn so wurden eigentlich alle Kameras genannt, deren Negative zum endgültigen Betrachten vergrößert werden mussten, also alles bis ca. 6x6 cm. Ab 6x9 cm konnte man mit Kontaktabzügen schon leben. Erst ab den späten 30er Jahren, als die 135er Patrone ihren Siegeszug begann, wurde der Begriff Kleinbild immer mehr zum Synonym für das 24x36 mm Format auf perforiertem Cinefilm. 
Davor war der 127er Rollfilm (bei Agfa A8 genannt) mit seinen nur 46 mm Breite prädestiniert für kompakte Kameras. Seine Standardformate waren  4 x 6,5 cm (8 Aufnahmen pro Film), oder 4 x 4 cm (12 Aufnahmen, z.B. Baby-Rollei oder Yashica 44). Entsprechende Bildnummern waren auf der Rückseite des Trägerpapiers aufgedruckt und konnten durch die roten Fensterchen beim Filmtransport abgelesen werden.
Aber es gab (wie auch beim 135er) ein Halbformat, was meist hochkannt realisiert wurde, und zwar 3 x 4 cm. Exakt waren es eigentlich  1 5/8 x 1 1/4 Zoll, also 41,3 x 31,7 mm. Frühe Kameras für dieses Halbformat waren z.B. die Foth Derby und die Nagel Pupille, ich habe inzwischen die Geschichte dieser Kameraklasse aufgearbeitet und auch eine erkleckliche Anzahl von denen in meiner Sammlung.
Die Puck war Ising's anspruchsvollste Kamera und steht ganz in der Tradition dieser Vorkriegsmodelle. Der Vorteil vom Rollfilm ist, dass der Transport einfach ist und nur in eine Richtung passiert, außerdem ist das Bildzählwerk per Rückseitenaufdruck schon dabei. Alle Halbformatkameras behelfen sich dabei mit zwei Fensterchen auf der Rückseite, wobei man die Zahl (z.B. 1) für's Vollformat zuerst im rechten und dann nochmal im linken Fensterchen sieht (ergibt Halbformat-Bilder 1 und 2), usw.
Das Komplizierte an der Kamera, Verschluss und Objektiv wird von Spezialisten dazugekauft. Hier hat Ising (wie damals üblich) verschiedene Varianten angeboten. Man griff dabei auf eigentlich für 24x36 mm gerechnete Objektive zurück (Meine Puck hat 45 mm Brennweite!), daher wurde die Bildmaske auf 28 x 37 gestutzt und damit fast 20% Filmfläche verschenkt.  
Mein Exemplar ist in einem recht gebrauchten Zustand, aber es funktioniert. An einigen Stellen fehlt das Leder, was mit schwarzer Farbe kaschiert wurde. Der Selbstauslöser hakt und die Rückwand klemmt ein wenig. Vielleicht komme ich zu einer sanften Renovierung, aber auch so ist sie ein nettes Stück für die Vitrine. 

Datenblatt kompakte Halbformat (3x4) Kamera für den 127er Rollfilm
Objektiv Rodenstock-Trinar 4,5 cm f/3.5. Auch mit Steinheil Cassar 5cm f/2.9, oder Staeble Kata 50mm f/2.8. Objektiv mit Tubus versenkbar.
Verschluss Prontor II Zentralverschluss, B-1-2-5-10-25-50-100-250. Auch mit Compur-Rapid (bis 1/500 s) oder Vario (B-25-75-200).
Belichtungsmessung keine
Fokussierung Manuell am Objektiv (ab 1 m) durch Verstellen der Frontlinse, keine Scharfstellhilfe.
Suchereinfacher, sehr kleiner Fernrohrsucher.
Blitz Buchse am Verschluss.
Filmtransport Mit Drehknopf, doppeltes rotes Bildnummern-Fenster für Halbformat (s.o.), verschließbar.
sonst. Ausstattung Selbstauslöser, Tiefenschärfe-Drehknopf auf der Oberseite, (Zubehörschuh an späten Versionen), Stativgewinde 1/4", Standfuß ausklappbar, Bereitschaftstasche als Zubehör.
Maße, Gewicht ca. 100x70x47 mm,  360 g 
Batterie keine
Baujahr(e) 1948-1950 (?), diese hier (#5585) eher früh, insgesamt wohl weniger als 10,000 Exemplare.
Kaufpreis, Wert heute ?, heute ca. 50 €.
externe Quellen und Links Classic Camera Collection, Cameras Sin Fronteras, 127er Rollfilm, Collectiblend
bei KniPPsen weiterlesenDiese Kamera neu beledert127er Halbformatkameras in meiner SammlungGevaert 127er Film, Rollfilm 127, das plötzliche Verschwinden der 3x4-Kameraklasse

2019-08-11

Rollei B35 Reparatur


Letzte Woche erhielt ich diese ansonsten sehr gut erhaltene schwarze Rollei B35 zur Reparatur. Sie wurde im Januar 1976 in Singapur gebaut, wie ein handschriftlicher Vermerk im Inneren der Deckelkappe verrät. Ich besitze selbst zwei weitere B35 in Chrom, eine noch made in Germany (1970), die andere auch made in Singapore (November 1971). Über letztere habe ich schon 2011 hier im Blog berichtet, und sie spielt bei der Reparatur der schwarzen eine Rolle.

Die B35 ist, wie allgemein bekannt ist, nicht ganz so robust gebaut wie die anderen Rollei 35 Kameras, im Netz findet man immer wieder Hinweise auf defekte Kameras (z.B. hier), bei denen sich ein Schräubchen gelöst hatte und in die sonstige Mechanik geraten ist. So ähnlich war es wohl auch mit dieser hier. Jedenfalls ist deren Besitzerin zu einem Repaircafe gegangen, die Kamera wurde geöffnet und eigentlich mehr Schaden angerichtet als Nutzen: man bekam das Ding gar nicht mehr zusammen, geschweige denn repariert.

Ich erhielt also eine e-mail mit der Frage nach einer möglichen Reparaturanleitung und habe schließlich meine Hilfe angeboten. Ich bin zwar kein professioneller Kameramechaniker, habe aber inzwischen schon die eine oder andere Kamera auseinandergenommen und heil wieder zusammengesetzt, kleinere Wehwehchen behoben, gereinigt und geölt. Die Tatsache, dass ich eine B35 schonmal halb auf hatte und ggf. dort nachschauen konnte, machte mich etwas selbstsicherer, die Sache zu versuchen.   

Die Kamera kam also letzte Woche auf dem Postweg zu mir, ich habe nicht lange gezögert und sowohl sie als auch meine andere B35 (Singapur) geöffnet. Einiges war irgendwie nicht richtig zusammen, Federchen ausgehakt, etc. Es fehlten auch ein paar Kleinteile. Insbesondere die beiden massiven weißen Plastikteile innerhalb des Transportmechanismus (Nr. 14, siehe Fotos links und rechts). Nach etwas Ausprobieren war klar, eines davon reicht auch und so wurde meine alte B35 zur Ersatzteilspenderin. Beide Kameras laufen jetzt mit einem davon und die schwarze ist wieder zurück auf dem Weg zu ihrer glücklichen Besitzerin. Ich bin einigermaßen stolz, das Ding wieder in Ordung gebracht zu haben, habe viel gelernt und Spaß dabei gehabt. Es gibt natürlich eine Reparaturanleitung (für Profis gedacht, siehe Bild oben), ich muss aber sagen, dass diese alleine mir nicht viel weiter geholfen hätte. Eine funktionierende Kamera zu haben und die Funktionen der Einzelteile am Beispiel zu sehen, war viel wichtiger.

Drei mal Rollei B35: links made in Germany (1970), mitte von 1976, recht von 1971 (beide made in Singapore).